Urteil OVG Koblenz

Ein Abfallgemisch aus Krankenhausabfällen und Siedlungsabfällen kann verwertet werden, auch wenn kleine Mengen biologisch abbaubare Abfälle enthalten sind. Das hat das Oberverwaltungsgericht Koblenz entschieden. Das Urteil dürfte auch für Gewerbebetriebe richtungsweisend sein.

Abfallgemisch aus Krankenhaus ist nicht per se überlassungspflichtig


Bei dem zugrunde liegenden Fall ging es darum, dass ein Krankenhaus das auf Krankenstationen gesammelte Gemisch aus Krankenhausabfällen und Siedlungsabfällen über einen privaten Entsorger thermisch verwerten lässt. Strittig war die Frage, ob dieses Gemisch überlassungspflichtig ist, weil gegen das Getrennthaltungsverbot verstoßen wird und darüber hinaus in dem Gemisch auch biologisch abbaubare Abfälle enthalten sind.

Das Oberverwaltungsgericht Koblenz urteilte, dass ein Verstoß gegen Getrennthaltungsgebote nicht ohne Weiteres zu einer Überlassungspflicht des entstandenen Abfallgemischs führt. Dabei hat es das OVG als unerheblich angesehen, dass in diesem Gemisch in geringem Umfang auch biologisch abbaubare Abfälle enthalten sind. Nach Ansicht des Gerichts muss dem Erzeuger oder Besitzer eines Abfallgemischs stets die Möglichkeit zugestanden werden nachzuweisen, dass das Gemisch einer zulässigen Verwertung und keiner Beseitigung zugeführt wird, erklärt die Anwaltskanzlei avocado, die den Krankenhausträger vor Gericht vertreten hat. Gelinge dieser Nachweis, so bestehe keine Überlassungspflicht zu Gunsten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.

Diesen Nachweis sah das Gericht im zugrunde liegenden Fall als erbracht an. Der Krankenhausbetreiber führe das Abfallgemisch einer energetischen Verwertung zu. In solchen Fällen, so das OVG, sei es unerheblich, wenn in dem Gemisch in geringem Umfang biologisch abbaubare Abfälle – hier: aus den Patientenzimmern und Teeküchen der Stationen – enthalten seien. Hierdurch werde die energetische Verwertung des Abfallgemisches nicht insgesamt rechtswidrig.

Das OVG berief sich dabei auf den 6 Satz 1 Nr. 4 der Gewerbeabfallverordnung, erläutert die Kanzlei avocado. Der Wortlaut des Paragrafen zeige, dass nicht jedweder Anteil biologischer Abfälle in einem Abfallgemisch die energetische Verwertung dieses Gemischs unzulässig mache. Die energetische Verwertung habe nur dann zu unterbleiben, wenn in dem fraglichen Gemisch „Küchen- und Kantinen, Markt-, Park oder Gartenabfälle“ enthalten seien, also biologisch abbaubare Abfälle in üblicherweise derart großen Mengen, dass das Ziel einer hochwertigen energetischen Verwertung gefährdet sei. Das Vorhandensein lediglich kleinteiliger biologischer Abfälle stelle die Möglichkeit einer Verwertung nach Paragraf 7 Gewerbeabfallverordnung demgegenüber nicht in Frage.

Urteil ist auch für Gewerbebetrieb relevant

Nach Auffassung der Kanzlei stellt das OVG mit seiner Entscheidung als erstes Obergericht unmissverständlich klar, dass die in zahlreichen Krankenhäusern praktizierten Entsorgungskonzepte, nach denen keine getrennte Erfassung von Krankenhaus- und Siedlungsabfällen erfolgt, nicht ohne Weiteres dazu führen, dass das Gesamtgemisch einer Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unterliegt. Vielmehr könnten die Abfallerzeuger bzw. -besitzer das Gemisch grundsätzlich auch unter dem Abfallschlüssel 18 01 04 einem privaten Entsorger zur Verwertung überlassen.

Darüber hinaus dürfte das Urteil auch richtungsweisend für sämtliche Industrie- und Gewerbebetriebe sein, ist die Kanzlei überzeugt. Denn anders, als von vielen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern behauptet, führe nach der klaren Aussage des OVG Koblenz gerade nicht jeder Verstoß gegen Getrennthaltungsgebote zu einer Überlassungspflicht des Abfallgemischs an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. „Eine Überlassungspflicht besteht vielmehr im Einklang mit den Vorgaben der Abfallhierarchie nur dann, wenn eine hochwertige (energetische) Verwertung des unter Verstoß gegen Getrennthaltungsgebote entstandenen Gemischs aufgrund der Vermischung nicht mehr gewährleistet ist. Dann – und zwar nur dann – handelt es sich um Abfälle zur Beseitigung“, betont avocado.

Seien in dem Gemisch dagegen lediglich in kleinerem Umfang Beimengungen eigentlich getrennt zu haltender Abfälle zu finden (wie beispielsweise Speisereste aus den Büros und Kaffeeküchen der Mitarbeiter oder Kehricht), so stehe einer energetischen Verwertung des Abfallgemischs durch einen privaten Entsorger rechtlich nichts im Wege.

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