Elektromobilität

Elektrofahrzeuge sind auf Deutschlands Straßen immer noch selten. Nichtsdestotrotz hat der Absatz im vergangenen Jahr deutlich zugelegt. Doch von Europas Spitzenreiter ist Deutschland noch meilenweit entfernt.

Absatzsprung für Elektrofahrzeuge in Deutschland


Der Skandal um manipulierte Dieselmotoren hat seine Spuren hinterlassen. 2017 wurden in Deutschland deutlich mehr Elektrofahrzeuge verkauft als im Vorjahr. Wie aus einer Auswertung des Center of Automotive Management (CAM) hervorgeht, hat sich der Marktanteil von Elektrofahrzeugen von 0,8 auf 1,6 Prozent verdoppelt. Ebenfalls viel besser verkauften sich Fahrzeuge mit Benzin- oder Gasantrieb. Nur der Absatz für Dieselfahrzeuge ist stark gesunken.

Im Detail ermittelte das Team um Studienleiter Stefan Bratzel für die Bundesrepublik folgende Zahlen:

  • Insgesamt wurden 54.492 Elektrofahrzeuge verkauft. Das entspricht einem Plus von 117 Prozent.
  • Davon waren 29.436 Plug-In-Hybride (plus 114 Prozent) und 25.056 reine E-Fahrzeuge (plus 120 Prozent).
  • Von Januar bis zum 31. Dezember 2017 wurden 46.897 Anträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gestellt. 19.664 Anträge entfielen auf Plug-In-Hybride und 27.217 auf batteriebetriebene Fahrzeuge. Die Hersteller mit den meisten gestellten Anträgen sind BMW, VW und Renault.
  • Der Marktanteil für Benziner an den Neuzulassungen stieg von 52,1 Prozent im Jahr 2016 auf 57,7 Prozent im vergangenen Jahr. Der Anteil von Flüssiggas-Antrieben legte um 47,2 Prozent und von Erdgas-Antrieben um 14,9 Prozent gegenüber 2016 zu.
  • Parallel ging der Marktanteil dieselbetriebener Fahrzeuge von 45,9 Prozent 2016 auf 38,8 Prozent 2017 zurück.

Im europäischen Vergleich steht Deutschland mit seinem Marktanteil für Elektrofahrzeuge gar nicht so schlecht da. In Frankreich liegt der Marktanteil von Elektrofahrzeugen nur 0,1 Prozent höher, bei 1,7 Prozent. 2017 wurden dort 36.778 Einheiten abgesetzt – ein Plus von 26 Prozent. Auch Großbritannien konnte laut CAM seine E-Fahrzeugverkäufe im vergangenen Jahr steigern. Insgesamt wurden mit 47.200 Einheiten 27 Prozent mehr Fahrzeuge als im Vorjahr verkauft. Der Marktanteil liegt damit bei 1,9 Prozent.

Unangefochtener Spitzenreiter in Europa ist aber nach wie vor Norwegen. Im vergangenen Jahr wurden dort mehr als 62.300 Elektrofahrzeuge abgesetzt (plus 39 Prozent). Damit ist der Marktanteil von E-Fahrzeugen an den Neuzulassungen von 29,1 Prozent in 2016 auf jetzt 39,3 Prozent gestiegen. Als Gründe nennen die CAM-Experten finanzielle Vorteile wie den Wegfall der Mehrwertsteuer, Importsteuer und Kfz-Steuer, die Elektrofahrzeuge oftmals günstiger mache als das Pendant mit Verbrennungsmotor.


moegliche-gruende-fuer-die-schwache-nachfrage-nach-elektroautos-in-deutschland-2017


China bleibt Leitmarkt

Was den rein mengenmäßigen Absatz von Elektrofahrzeugen weltweit angeht, hinken die zentralen Autoländer in Europa allerdings deutlich hinterher. Die globale Elektromobilität wird unverändert durch China bestimmt. Wie aus der CAM-Auswertung hervorgeht, wurden dort im vergangenen Jahr 777.000 E-Autos abgesetzt – ein Zuwachs von 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Marktanteil von E-Fahrzeugen an den Neuzulassungen kletterte von 1,8 auf 2,7 Prozent.

Von den insgesamt abgesetzten Einheiten entfielen 652.000 – ein Anteil von 84 Prozent – auf rein elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die restlichen 16 Prozent (125.000 Fahrzeuge) stellten Plug-In-Hybride. Allerdings fassen die Chinesen unter die 777.000 verkauften Autos sogenannte Passenger Cars (579.000 Fahrzeuge) und Commercial Vehicles (198.000 Fahrzeuge), also E-Busse und E-Nutzfahrzeuge.

„China setzt seine Rolle als globaler Taktgeber der E-Mobilität unbeirrt und mit zunehmender Dynamik fort“, erklärt CAM-Studienleiter Stefan Bratzel. „Maßgebend für diese Strategien ist dabei weniger die Luftreinhaltung. Vielmehr spielen industriepolitische Motive eine Hauptrolle wie die Unabhängigkeit von Ölimporten und die Herausbildung von global tätigen Automobilherstellern und Zulieferern mit Elektrokompetenz aus China.“ Zudem fänden bei den Pkw vor allem die kleinen, günstigen E-Fahrzeuge rasanten Absatz. Ferner steige die Nachfrage an E-Bussen und E-Nutzfahrzeugen nicht zuletzt durch staatlichen Druck auf die kommunalen Betriebe.


Absatz von Elektrofahrzeugen weltweit:

Absatz von Elektrofahrzeugen weltweit (2016/2017)


Markt zieht ab 2020 deutlich an

Für die nähere Zukunft der Elektromobilität prognostizieren die Experten vom Center of Automotive Management ein moderates Wachstum in den wichtigsten Automobilmärkten. Demnach werden die globalen Neuzulassungen bis zum Jahr 2020 zwischen 2,5 Prozent (konservativ) und 6 Prozent (optimistisch) zulegen. Danach rechnen sie allerdings mit einer deutlich steigenden Marktdynamik – befeuert durch eine breite Produktoffensive der globalen Hersteller, niedrigere Batteriepreise, eine verbesserte Ladeinfrastruktur und schärfere Umweltregularien.

Für das Jahr 2025 gehen die Autoren im optimistischen Szenario davon aus, dass pro Jahr rund 25 Prozent oder 25 Millionen E-Pkw neu zugelassen werden (konservatives Szenario: 12 Prozent). Diese könnten bis zum Jahr 2030 auf 40 Prozent beziehungsweise rund 40 Millionen elektrisch betriebene Fahrzeuge steigen (konservatives Szenario: 25 Prozent).

Auch für Deutschland und die EU rechnen die Autoren ab 2020 mit einem exponentiellen Anstieg des E-Autoabsatzes. Als Gründe werden aufgeführt, dass die Hersteller die CO2-Ziele erreichen müssen und Strafzahlungen verhindern wollen. Trotz derzeit vergleichsweise geringer Marktanteile stehe in den nächsten 10 bis 15 Jahren ein massiver Umbruch bei den Antriebstechnologien bevor, sind sich die Experten sicher.

 

© 320°/bs | 24.01.2018

Mehr zum Thema
Fragen und Antworten zum PET-Markt in Europa
Institute senken Konjunkturprognose – Nur noch Miniwachstum
Erster technischer Leitfaden zum EU-Batteriepass
Die neue Abfall­­­verbringungsverordnung kann kommen
Northvolt startet Bau der Batteriefabrik in Heide
„Noch wenig Hinweise auf konjunkturelle Belebung“
Forscher: Plastik ist viel großräumiger verteilt als vermutet
UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott
„Ein wichtiger Schritt für einen kreislauforientierten Gebäudebetrieb“