Materialzusammensetzung

Die Werkstoffe für Fahrzeuge werden immer komplexer. Künftig wird sich der Trend noch verstärken. Altautoverwerter fordern daher mehr Forschung in Aufbereitungsverfahren – finanziert durch eine zentrale Organisationsstelle. Die hätte auch noch andere Aufgaben.

Altautoverwertung: Weniger Stahl, mehr Kunststoffverbünde


Mehrere Millionen Kraftfahrzeuge werden jährlich in Deutschland außer Betrieb gesetzt. Aber nur eines von vier Fahrzeugen wird auch hier verwertet. Dadurch verliert die deutsche Industrie Jahr für Jahr Rohstoffe im Wert von etwa 2,4 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt das Beratungsunternehmen Prognos in einer aktuellen Studie.

Geht diese Entwicklung ungebremst weiter, werden im Jahr 2030 von den rund 5,2 Millionen Tonnen Rohstoffen, die in Pkw verbaut sind, nur 1,1 Millionen Tonnen in Deutschland aufbereitet. Das ist ein weiteres Ergebnis der Studie, die von den beiden Recyclingunternehmen Scholz und TSR bei Prognos in Auftrag gegeben wurde.

„Die Zahlen sind alarmierend und machen deutlich, dass Deutschland als rohstoffarmes Land bei der Verwertung seiner Altfahrzeuge eine Lösung mit Lenkungswirkung braucht“, kommentiert TSR-Geschäftsführer Bernd Fleschenberg die Ergebnisse der Studie. „Nur wenn eine solche Lösung von allen Beteiligten – also der Politik, der Automobilindustrie und der Recyclingbranche – getragen wird, werden wir in der Lage sein, die Quote von derzeit 20 Prozent der in Deutschland verwerteten Pkw erkennbar zu erhöhen und damit die enormen Rohstoffverluste zu minimieren“, ergänzt Scholz-CEO Klaus Hauschulte.

Verwertungsnachweis als Steuerungsinstrument.

Die Lösung, die den beiden Metallrecyclingunternehmen vor Augen schwebt, ist eine zentrale Organisationsstelle zur Altfahrzeugverwertung. Diese sollte aus der Industrie heraus gesteuert werden. Dadurch würden zum einen keine zusätzlichen staatlichen Bürokratien aufgebaut. Zum anderen würden die Mittel im Sinne der Industrie eingesetzt und gleichzeitig werde diese ihrer Produzentenverantwortung gerecht.

Gesteuert werden solle das Ganze über einen Verwertungsnachweis. Finanziert werden könne die zentrale Stelle über Beiträge, die bei jedem verkauften Neufahrzeug erhoben werden, wie die beiden Unternehmen vorschlagen. Denkbar wäre aber auch eine Art Pfandsystem.

„Die daraus resultierenden Mittel sollen für die umweltgerechte Verwertung als auch die Forschung verwendet werden“, betont Scholz-Geschäftsführer Fleschenberg mit Blick auf die immer komplexer werdenden Werkstoffe, die in den Fahrzeugen verbaut werden. So werde sich die Materialzusammensetzung im Automobilbau bis 2030 signifikant verändern, wie es in der Studie heißt.

Anteil von Kunststoffverbünden in Pkw verdoppelt sich bis 2030

In den Pkw, die um die Jahrtausendwende außer Betrieb gesetzt wurden, waren demnach noch mehr als 70 Prozent Stahl verbaut. Bei den im Jahr 2030 ausscheidenden Fahrzeugen sollen es nur noch rund 55 Prozent sein.

Stattdessen werde sich der Anteil von über 50 verschiedenen Kunststoffen und Kunststoffverbünden von rund 15 Prozent auf rund 30 Prozent nahezu verdoppeln. Das bereitet den Recyclern Sorgen. Scholz-CEO Hausschulte: „Diese komplexen Materialmixe lassen sich mit derzeitigen Recyclingverfahren kaum trennen und aufbereiten. Das wird die Einhaltung der gesetzlichen Verwertungsquoten zukünftig weiter erschweren.“

 

© 320° | 13.06.2018

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