Mögliche Handelsbeschränkungen

Die Gerüchteküche brodelt: Jüngste Meldungen warnen vor einem möglichen Einfuhrverbot für Altkunststoffe seitens der chinesischen Regierung. Auch wenn es nicht soweit kommen wird: Mit Handelsbeschränkungen rechnen Experten in jedem Fall.

Altkunststoffmarkt: Sorge um Chinas Importpolitik


Der globale Altkunststoffmarkt könnte vor umwälzenden Veränderungen stehen, befürchtet Steve Wong, Vorstandsmitglied im BIR-Ausschuss für Kunststoff. Der Grund für seine Sorge sind die bevorstehenden Einfuhrverbote für feste Abfälle in China. „Vorrangiges Ziel der bisher durchgeführten Kampagnen gegen illegale Aktivitäten ist der Kunststoffsektor, sind die Kunststoffabfälle“, schreibt Wong im aktuellen „World Mirror Plastics“ des Weltrecyclingverbands.

In der Gerüchteküche der Recyclingbranche brodelt es daher heftig: „Neuesten Gerüchten zufolge soll ab Ende 2018 ein vollständiges Importverbot für Altmetall und Altkunststoffe gelten“, berichtet Wong. Dass dieses Worst-Case-Szenario auch tatsächlich eintritt, erwartet der BIR-Kunststoffexperte aber nicht. „Schon allein wegen der politischen Zielsetzung der Circular Economy werden feste Abfälle und auch Altkunststoffe weiterhin in China eine Rolle spielen – wenngleich es ungewiss ist, um welche Importvolumina es sich drehen wird.“

Die Auswirkungen eines totalen Einfuhrverbots für Altkunststoffe wären immens. „Im Durchschnitt importiert China pro Jahr 8 Millionen Tonnen Altkunststoffe. Das sind 65 Prozent der weltweit für einen Export zur Verfügung stehenden Menge von 12,3 Millionen Tonnen“, listet Wong einige Fakten auf. „Gesetzt den Fall, China verbietet den Import jeglicher Altkunststoffe, müssten die übrigen importierenden Länder ihre Importmengen um 186 Prozent erhöhen, um den Ausfall Chinas aufzufangen.“

Chinas Recycler werden Nachfrage nicht decken können

China würde sich mit einem Totalimportverbot für Altkunststoffe allerdings ins eigene Fleisch schneiden. Denn die Inlandsnachfrage dürfte in den kommenden Jahren anziehen. Im vergangenen Jahr lag der Bedarf an Altkunststoffen laut Wong bei 18,53 Millionen Tonnen. In diesem Jahr werden es voraussichtlich etwas mehr als 20 Millionen Tonnen sein. Bis 2020 soll die Nachfrage auf 29,11 Millionen Tonnen steigen. Die einheimische Altkunststoffindustrie kann die Nachfrage aber nicht komplett decken, wie aus den Zahlen hervorgeht, die Wang in seiner Marktanalyse vorlegt.

Demnach wird die Jahresproduktion der chinesischen Plastikrecycler im Jahr 2020 bei 24,53 Millionen Tonnen liegen. Damit käme es zu einem Defizit von 4,58 Millionen Tonnen an Altkunststoffen. Im Jahr davor würde das Defizit mit 5,23 Millionen Tonnen sogar noch größer ausfallen. Stelle China wirklich jeglichen Import ein, könnte es bis zu acht Jahren dauern, bis dieses Defizit wieder ausgeglichen wäre, prognostiziert Wong.


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Die Pläne Chinas bezüglich der Abfallimporte würden natürlich auch den europäischen Markt nicht unberührt lassen. Marc-Antoine Belthé, Geschäftsführer von Veolia Propreté France Recycling, erwartet dadurch eine Restrukturierung des Altkunststoffmarkts in Europa. Abgesehen davon macht den französischen Recyclern im Post-Consumer-Bereich gerade etwas anderes das Leben schwer.

Recycling-PP wird wieder attraktiver

Und zwar die Qualität des französischen Altkunststoffes, die an Erweiterungen von Sortierregelungen gekoppelt ist, wie Belthé im „World Mirror“ berichtet. „Diesbezüglich kommen auch Beschwerden von Italienern und Spaniern, die auf dem französischen Markt kaufen.“ Abgesehen davon sei die Nachfrage bei farblosem PET nach wie vor gut. Aber es sei schwierig, farbiges PET auf dem europäischen Markt abzusetzen, wie Belthé weiter ausführt. Bei HDPE sei nach dem statischen ersten Quartal nun eine leichte Nachfragebelegung spürbar.

Recyceltes Polypropylen (PP) profitiert derzeit von den steigenden Pellet-Preisen für Propylen (C3). „Die Preise steigen seit Ende 2016 und liegen aktuell bei 880 Euro pro Tonne“, schreibt das Vorstandsmitglied des BIR-Kunststoff-Komitees. „Dadurch wird PP wieder attraktiv – auch für Automobilzulieferer. Ein anderes Bild zeigt sich auf dem HDPE-Markt. Anders als im Rest Europas sei der Preis für HDPE-Abfälle sehr niedrig, was auch den Preis für Pellets herunterziehe.

Beim Massenkunststoff PS drückt derzeit die schiere Menge an Abfällen und Recyclingmaterialien auf die Pellet-Preise. Diese sind laut Belthé stark gesunken. Viele neue Lieferanten wären gerade dabei, eine zweite Sortierstufe einzufügen. Damit solle die Qualität der PE- und PP-Ströme verbessert werden, wie der Kunststoffexperte weiter ausführt. Trotz der besseren Sortierung bleibe es aber schwierig, PS zu verkaufen.

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