Trend für Altpapiersortierung

Weniger grafische Papiere und zudem kompliziertere Verpackungen: Die Zusammensetzung des Altpapiers wird sich künftig ändern. Die trockene Sortierung muss daher modifiziert werden.

Altpapier benötigt intelligentere Sortierkonzepte


Die Menge und die Zusammensetzung von Altpapier werden sich in Zukunft deutlich ändern. Verantwortlich sind vor allem zwei Trends, glaubt Christina Dornack, Professorin für Abfall- und Kreislaufwirtschaft an der TU Dresden. Zum einen die Entwicklung zu weniger Papierverbrauch und zu anderem der Trend zu besonders ausgefallenen Materialzusammensetzungen und Formen für Verpackungspapiere.

Der Trend zu weniger Papierverbrauch wird gestützt von zahlreichen Studien. Demnach werde die Nachfrage nach Magazinen in den USA bis zum Jahr 2020 um 47 Prozent fallen, erklärte die Professorin bei der Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz. Bei Büchern soll der Rückgang sogar 52 Prozent betragen. Eine ähnliche Entwicklung könnte auch in Europa eintreten. Experten sagen voraus, dass die Zeitungsnachfrage in Europa zwischen 2008 bis 2020 um 56 Prozent und der Bedarf an Büropapieren um 45,4 Prozent schrumpfen werden. In Deutschland ging die Produktion von grafischen Papieren allein vom Jahr 2010 auf 2011 um 4 Prozent zurück.

Verbrauchsmenge von Altpapier der deutschen Papierindustrie 2006-2013Demgegenüber sollen die Verbrauchs- und Produktionsmengen bei den Verpackungspapieren überwiegend konstant bleiben. Allerdings werden die Anforderungen an Verpackungen immer höher, erklärte Dornack in Berlin. Das führt häufig dazu, dass Papier oder Karton mit anderen Materialien wie beispielsweise mineralischen Stoffen oder Kunststoffen kombiniert wird und Sortier- und Aufbereitungsanlagen vor neue Herausforderungen stellt.

Mengen- und Wertverlust

Für Altpapier bedeuten die beiden Trends, dass zum einen die Gesamtmenge wohl sinken wird und zum anderen der Anteil an grafischen Papieren zurückgeht. Weniger Magazine und Illustrierte wiederum bedeuten, dass die Kleberbelastung des Altpapiers abnimmt. Zugleich geht auch der Frischfasereintrag in den grafischen Papierkreislauf zurück, wodurch der Fasermix immer älter wird. Ein weiterer Nachteil entsteht nach Angaben der Wissenschaftlerin durch die Veredelung der Verpackungen und den Einsatz von Verbundmaterialien. Die papierfremden Materialien nehmen dadurch zu und manche Papierprodukte lassen sich schwer aufbereiten. Alles in allem rechnet die Professorin daher mit einem „Mengen- und Wertverlust des anfallenden Altpapiers“.

Um mit den kommenden Entwicklungen Schritt zu halten, muss die Altpapiersortierung folglich weiterentwickelt werden. Derzeit sind die meisten trockenen Sortieranalagen darauf ausgerichtet, Deinkingware herzustellen. 62 Prozent des Inputs kann als Deinkingware verwendet werden, die weiteren Fraktionen werden im Bereich der Verpackungspapier- und Kartonherstellung eingesetzt. Ändert sich also nichts bei der Sortierung, werden die variablen Kosten durch den sinkenden Bedarf an Deinkingware und dem erhöhten Anteil an Verpackungspapieren im Altpapier steigen und die Erlöse sinken.

Die Professorin rät deshalb zu intelligenten Sortierkonzepten mit angepasster Steuerung. Damit könne man trotz veränderter Rahmenbedingungen wirtschaftlich bleiben. Als Beispiel führt sie das Projekt SortOptAP an. Bei dem Verfahren wird das Eingangsmaterial online bewertet und so die Sortiergeschwindigkeit optimal angepasst. Zudem ermöglicht es eine angepasste Steuerung der mechanischen Sortieraggregate und eine flexible Beeinflussung der Output-Qualität.

Die Online-Bewertung erfolgt beispielsweise für die Zusammensetzung, Feuchte, Flächenmaße und Partikelgröße. Durch eine Einzelobjekterkennung kann ein heterogener Altpapierstrom charakterisiert werden, so dass Rückschlüsse auf die Gesamtzusammensetzung möglich sind, erläutert Dornack. „Damit ist es möglich, dass die Sortieranlage während des Dauerbetriebs durch adaptive Steuerung von beeinflussbaren Anlagenparametern an die aktuelle Zusammensetzung modifiziert werden kann.“ Die Modifikation könne beispielsweise hinsichtlich der Sortiergeschwindigkeit erfolgen.

Wie Dornack betont, liegt der Nutzen für den Anlagenbetreiber darin, dass die kontinuierliche Prüfung des Eingangsmaterials Empfehlungen für die adaptive Steuerung liefert. Die Effektivität der Anlage werde durch geringe Ausfallzeiten, eine Steigerung der Sortenqualität und eine Steigerung der Anlageneffizient erreicht.

© 320°/ek | 18.03.2015

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