Altpapiermarkt

Europäische Altpapier-Exporteure haben schon im zweiten Quartal auf das drohende Importverbot Chinas reagiert und nach alternativen Absatzmärkten Ausschau gehalten. Mit Erfolg, wie es scheint. Die Auftragsbücher sind größtenteils gut gefüllt.

Altpapier-Exporteure suchen neue Märkte


Die Ankündigung Chinas, Abfallimporte drastisch einzuschränken, hat ihren Schatten bereits auf das zweite Quartal geworfen. „Die möglichen Auswirkungen von Importverboten für gemischtes Altpapier hatten im Mai und Juni einen starken Effekt: Die Exporteure haben sehr offensiv nach neuen Märkten Ausschau gehalten“, berichtet Ranjit Baxi, Präsident des Weltrecyclingverbands BIR. Europäische Exporteure würden nun enger mit anderen asiatischen Staaten zusammenarbeiten.

Abseits aller schlechter Nachrichten aus China gab es im zweiten Quartal aber auch positive Neuigkeiten für die Altpapierbranche. Denn die Seefrachtraten sind im Vergleich zum ersten Quartal deutlich gesunken. „Mussten im ersten Quartal pro Containerladung noch bis zu 2.000 US-Dollar gezahlt werden, lagen die Preise im zweiten Quartal bei nur noch 1.200 US-Dollar“, schreibt Baxi im aktuellen BIR-World-Mirror für Altpapier.

Hinsichtlich der Papierqualität OCC herrschte im zweiten Quartal ein sehr volatiler Markt. Das führt Baxi auf die starke Nachfrage sowohl europäischer als auch asiatischer Papierfabriken zurück. So seien die Preise teilweise auf über 267 US-Dollar pro Tonne gestiegen. Zu Quartalsbeginn lagen die Preise noch bei rund 255 US-Dollar je Tonne. Die gestiegenen Preise hatten allerdings zur Folge, dass sich die asiatischen Papierfabriken aus dem Markt zurückgezogen haben. Daher seien die Exportpreise im weiteren Verlauf des Quartals wieder gesunken, und zwar auf rund 250 US-Dollar je Tonne.

Die Preise für gemischtes Altpapier sind stark ins zweite Quartal gestartet. „Pro Tonne mussten über 160 US-Dollar gezahlt werden“, berichtet Baxi. Allerdings habe dieses Niveau nicht gehalten werden können. Am Quartalsende lagen die Preise bei nur noch 135 US-Dollar.

Deutschland: Preisrückgang bei Kaufhaus-Altpapier

In Deutschland und Europa lag die Altpapiernachfrage im zweiten Quartal auf einem hohen Niveau. Allerdings ist im April deutlich weniger Kaufhaus-Altpapier ausgeführt worden. „Das lag zum einen an den damals noch sehr hohen Transportkosten. Zum anderen haben Käufer Druck auf die Preise ausgeübt“, erklärt Reinhold Schmidt von Recycling Karla Schmidt. „Als Folge waren die Exporte von Kaufhaus-Altpapier (1.04) nicht mehr profitabel.“

Europäische Papierfabriken hätten die gestiegene Verfügbarkeit zu ihren Gunsten ausgenutzt und Druck auf die Kaufhaus- und gemischten Papierqualitäten ausgeübt. Bei den gemischten Qualitäten seien die Preise um mehrere Euro gesunken, beim Kaufhaus-Altpapier habe der Preisrückgang im niedrigen zweistelligen Bereich gelegen.

Im Juni hätten außereuropäische Papierfabriken für gut gefüllte Auftragsbücher bei der Altpapierbranche gesorgt, berichtet Schmidt. Die Ordereingänge sind anscheinend so gut ausgefallen, dass europäische und auch deutsche Papierhersteller bei den minderen Qualitäten ihre Preise anpassen mussten. Bei den besseren Qualitäten hat sich laut Schmidt das Preisniveau gehalten.

Französische Hersteller setzen Preissteigerungen durch

Auch in Frankreich war die Nachfrage im zweiten Quartal sehr gut. „Die Orderbücher sind voll und Hersteller von Verpackungspapier haben erfolgreich Preissteigerungen durchgesetzt“, schreibt Jean-Luc Petithuguenin von Paprec im BIR-Bericht. Im Sommer könnten die Preise für Verpackungen sogar noch weiter anziehen. Unter anderem für Wellpappe-Rohpapiere auf Altpapierbasis könnte 2017 zu einem guten Jahr werden.

Auf dem Markt für die mittleren Qualitäten war es im zweiten Quartal laut Petithuguenin ruhiger. Es stehe aber zu erwarten, dass die Preise im weiteren Jahresverlauf steigen. Noch ruhiger sei es auf dem Markt für die höheren Qualitäten gewesen. Der BIR-Papierexperte spricht gar von einer „absoluten Windstille“. Diese herrsche bereits seit Jahresbeginn. Nur bei einigen Sorten sei eine leichte Preisveränderung zu sehen gewesen. Allerdings scheint sich der Markt allmählich zu beleben. „Im Juni hat die Nachfrage angezogen, und im Juli könnten die Preise steigen.“

Volatiler Markt in Großbritannien

Die britische Papierbranche hatte es im zweiten Quartal mit einem sehr volatilen Markt zu tun. „Die Nachfrage und die Preise haben von Woche zu Woche stark geschwankt“, erklärt Keith Trower von Viridor Resource Management. Im Verlauf des Quartals hätten die Preise für Zeitungs- und Deinkingware angezogen. Einheimische Papierfabriken haben demnach die Preise um 10 Pfund pro Tonne angehoben. Für die Sommermonate erwartet Trower weitere Preissteigerungen.

Die Preise für die mittleren Sorten seien dagegen abgerutscht. Wie Trower darlegt, hat sich Multigrade-Papier um etwa 15 Pfund je Tonne verbilligt. Die Preise für SOW/Office Pack seien zwischen 5 und 10 Pfund gefallen.

Italien steigert Produktion von Papier und Pappe

In Italien hat die Produktion von Papier und Karton im Vergleich zum Vorjahresquartal deutlich angezogen. Nach Angaben von Giampiero Magnaghi belief sich der Zuwachs auf rund 30.000 Tonnen. Der Import ist demzufolge um 3 Prozent auf 1,343 Millionen Tonnen gestiegen. Dabei habe es sich hauptsächlich um Verpackungspapier gehandelt. Auch die Exporte seien gestiegen, und zwar um 7 Prozent auf über 1,045 Millionen Tonnen.

„Die Inlands- und Auslandsnachfrage nach Altpapier hat auch die Sammlung angekurbelt – vor allem im Süden Italiens“, schreibt Magnaghi. Insgesamt sei die Sammelmenge um 9 Prozent auf 1,785 Millionen Tonnen gestiegen. Der Import von Altpapier habe um 3 Prozent auf 86.800 Tonnen abgenommen. Demgegenüber hat der Exporte einen Sprung um 29 Prozent nach oben geschafft. Die Exportmenge beziffert Magnaghi auf 625.000 Tonnen.

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