„Zukunftsaktien“

Der Landkreis München will als erster Kreis in Deutschland klimaneutral werden. Neben der Verwaltung und Liegenschaften sollen auch Unternehmen und Bürger dabei helfen. Sie können künftig sogenannte Zukunftsaktien erwerben.

Auf dem Weg zum ersten klimaneutralen Landkreis


Der Landkreis München hat ein ehrgeiziges Ziel: Er will der erste Landkreis in Deutschland sein, der vollständig klimaneutral ist. Den entsprechenden Plänen des Ausschusses für Energiewende, Landwirtschafts- und Umweltfragen hat der Kreistag vor wenigen Wochen zugestimmt, sagt eine Sprecherin des größten Landkreises in Bayern.

„Es gibt zwar einzelne Städte, die so etwas auch angedacht haben, aber wir dürften der erste Landkreis in Deutschland sein“, betont sie. Auch Landrat Christoph Göbl ist sich sicher: „Damit nehmen wir eine absolute Vorreiterrolle in Deutschland ein. Die Gesellschaft erwartet von Politik und Verwaltung, dass wir das Dilemma auflösen, dass wir zwar viele tolle Ideen und Ansätze haben, die aber im Jetzt und Hier nur wenig konkrete Abhilfe bringen.“

Pro Aktie wird eine Tonne CO2 der Atmosphäre entzogen

Die Klimaneutralität in dem Landkreis mit rund 350.000 Einwohnern soll laut Sprecherin in drei Schritten erreicht werden. „In diesem Jahr noch werden wir die Emissionen unserer gesamten Verwaltung und unsere Liegenschaften wie Schulen ausgleichen. Im kommenden Jahr sprechen wir die einzelnen Kommunen an, damit die in ihren eigenen Liegenschaften ebenfalls eine neutrale Klimabilanz erreichen.“ In einem dritten Schritt dann werden die Bürger und Unternehmen miteinbezogen.

Neben der Vermeidung und der Reduzierung soll der CO2-Abdruck durch sogenannte Zukunftsaktien ausgeglichen werden: Mit dem Kauf einer solchen Aktie wird laut Landratsamt garantiert, dass pro Aktie eine Tonne CO2 langfristig und nachweislich der Atmosphäre entzogen wird.

Ausgeglichen wird das CO2 dabei auf vielfältige Art und Weise durch lokale Projekte. Das Landratsamt zählt dazu die Renaturierungen von Mooren, den Humusaufbau, oder die Förderung von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien. Über die Auswahl der Projekte soll ein Lenkungsbeirat aus Vertretern der Bürgerschaft, der Kommunen, der Wissenschaft sowie aus Nichtregierungsorganisationen entscheiden. Auch die lokale Projektakquise für die Zukunftsaktie sowie die finanzielle Abwicklung der Zukunftsaktie sollen ausgelagert werden.

Neben den regionalen Bemühungen sollen aber auch globale Projekte zur CO2-Vermeidung, beispielsweise in Entwicklungs- und Schwellenländern, unterstützt werden. Hierfür werden aber keine Zukunftsaktien verkauft.

Zwischen 8,50 und 10 Euro pro Aktie

Wie das Landratsamt weiter betont, ist es den Käufern freigestellt, wie viele Aktien sie kaufen. Durch den Erwerb der Aktien müssen die CO2-Emissionen nicht vollständig ausgeglichen werden, bei Bedarf können aber auch überkompensiert werden. Der Preis einer Aktie steht noch nicht endgültig fest – erste Berechnungen ergaben einen Preis zwischen 8,50 und 10 Euro pro Stück. Nach Angaben des Statistikanbieters Statista lag der Pro-Kopf CO2-Verbrauch in Deutschland 2016 bei 8,88 Tonnen.

„Analog zu Aktien am Kapitalmarkt kann jede Verwaltung, jedes Unternehmen, jede Bürgerin und jeder Bürger über den Kauf der Zukunftsaktie einen Anteil an der Gestaltung einer klimagerechten Zukunft erwerben. Ebenso profitieren Sie direkt von einer „Dividendenausschüttung“ in Form einer enkeltauglichen und lebenswerten Zukunft‘, so Christian Wolf, Leiter des Sachgebiets Energie und Klimaschutz im Landratsamt.

Nachbarlandkreis zieht nach

Die Idee des Münchner Kreises hat mittlerweile Nachahmer gefunden. So hat im Nachbarlandkreis Starnberg kürzlich die CSU mit Unterstützung der Grünen einen Antrag gestellt, ebenfalls eine Klimaaktie einzuführen. Laut Medienberichten gilt eine Mehrheit für den Vorschlag als sicher.

Nach dem Vorbild des Münchner Landkreises soll in Starnberg die Klimaneutralität ebenfalls mit Klimaaktien erreicht werden. Das Geld soll ebenso in lokale Projekte gesteckt werden. Die genaue Ausgestaltung soll die Wirtschaftsfördergesellschaft gwt übernehmen.

 

© 320°/ek | 22.08.2019

Mehr zum Thema
Wasserstoff-Offensive: Wie viele Elektrolyseure werden tatsächlich realisiert?