Getrennte Bioabfallerfassung

Bislang erfassen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nur ein Drittel aller anfallenden Bioabfälle. Knapp ein Viertel landet im Restmüll. Mit der Pflicht zur Getrenntsammlung soll sich das ändern. Doch das Steigerungspotenzial ist begrenzt, wie aktuelle Berechnungen zeigen.

Studie schätzt Erfassungspotenzial für Bioabfälle


In Deutschland erfassen öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bislang 7,3 Millionen Tonnen Bioabfälle aus privaten Haushalten. Das entspricht einem Anteil von 35 Prozent am Gesamtaufkommen. Rund 4,8 Millionen Tonnen oder 24 Prozent werden zusammen mit dem Restabfall entsorgt. Die verbleibenden 42 Prozent des Bioabfallpotenzials sind der Eigenkompostierung, der illegalen Entsorgung und sonstigen Entsorgungswegen (z.B. mit dem Abwasser) zuzuordnen.

Die Zahlen sind die Ergebnisse des aktuellen Forschungsvorhabens „Verpflichtende Umsetzung der Getrenntsammlung von Bioabfällen“, das das Berliner Büro Oetjen-Dehne & Partner durchgeführt und im Infodienst Humuswirtschaft & Kompost veröffentlicht hat. Wie daraus hervorgeht, können selbst bei einem flächendeckenden Biotonnenangebot nicht 100 Prozent des Bioabfallpotenzials abgeschöpft werden. Der Vergleich von Sortieranalysen von Entsorgungsgebieten mit und ohne Biotonne zeige, dass bei intensiver Nutzung der Biotonne 15 bis 20 Kilogramm pro Einwohner und Jahr Organik im Restabfall verbleiben.

In der Summe werde somit der Ausbau der getrennten Erfassung von Biogut das Restabfallaufkommen um 1,1 bis 1,9 Millionen Tonnen Bioabfall reduzieren, heißt es. Bei einem durchschnittlichen Wasseranteil des dem Restabfall entzogenen Bioabfalls (ca. 70 Prozent) würden dann zwischen 0,8 und 1,3 Millionen Tonnen Wasser nicht mehr der Restabfallbehandlung, insbesondere nicht mehr den Müllverbrennungsanlagen zugeführt.

Anschlussgrad von 65 Prozent

Den Berechnungen zufolge beträgt das bundesweit maximal erfassbare Potenzial je nach Anschlussgrad an die Biotonne (70 bis 100 Prozent) künftig 6,2 bis 9,1 Millionen Tonnen Biogut. Ein Teil der Gesamtmenge stammt aus einer Stoffstromverschiebung von Bioabfällen, die bisher bei den Haushalten verblieben (Eigenkompostierung, illegale Entsorgung).

Kompostierung vs. Vergärung 2007-2010 (in 1.000 Tonnen) Im Jahr 2010 wurden bundesweit 51 Kilogramm Biogut pro Einwohner und Jahr sowie 56 Kilogramm Grüngut pro Einwohner und Jahr erfasst. Während für Grüngut in nahezu allen Regionen Entsorgungsangebote zur Verfügung stehen, hatten 76 Landkreise kein Erfassungssystem für Bioabfall eingeführt (Stand 2010). In weiteren 39 Landkreisen sei das Angebot einer Biotonne zudem nur punktuell verfügbar. Insgesamt hatten somit 11,2 Millionen Einwohner im Jahr 2010 keine getrennte Entsorgungsmöglichkeit für organische Küchenabfälle.

Aber auch in den 287 Landkreisen, die ein flächendeckendes Sammelsystem für Biogut eingeführt haben, verfügt nicht jeder Haushalt über eine Biotonne. Entweder sei die Biotonne auf freiwilliger Basis eingeführt worden oder es werden in Gebieten mit Anschluss- und Benutzungszwang Befreiungsmöglichkeiten für Eigenverwerter genutzt, heißt es in dem Bericht. Nach den vorliegenden Ergebnissen könne in Gebieten mit flächendeckendem Entsorgungsangebot im Durchschnitt ein Anschlussgrad von rund 65 Prozent unterstellt werden.

Wenig Erfolgschancen für Einwände gegen Biotonne

Nach heutigem Stand wollen zwischen 57 und 69 entsorgungspflichtige Körperschaften auch ab kommendem Jahr keine getrennte Erfassung anbieten. Viele Vorbehalte, wie etwa eine weitgehende Eigenverwertung, eine geringe Einwohnerdichte, geringe ökologische Vorteile oder eine mangelnde wirtschaftliche Zumutbarkeit halten einer Prüfung allerdings nicht Stand, betont das Büro Oetjen-Dehne & Partner.

So sei beispielsweise die Eigenverwertung nicht glaubhaft belegbar, weil Restabfallanalyse belegen, dass selbst in ländlichen Gebieten erheblichen Mengen an Bioabfällen im Restabfall verbleiben. Als nicht haltbar sieht das Büro auch das Argument an, eine Biotonne sei aufgrund der geringen Einwohnerdichte den Bürgern kostenseitig nicht zumutbar. Denn selbst in Gebieten mit geringer Einwohnerdichte könnten die mittels Biotonne erfassten Biogutmengen über 100 Kilogramm pro Einwohner und Jahr betragen.

Wenig erfolgreich sei letztlich auch das Argument der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit. Das würde nur dann greifen, „wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären“.

Gutachten und Stellungnahmen, die die Systemkosten für die getrennte Erfassung von Biogut beispielsweise auf die der Verwertung zugeführte Phosphatmenge, die ‚Restabfallmengenminderungskosten‘ oder andere Beurteilungsmaßstäbe beziehen, würden sich außerhalb des in Paragraf 7 Abs. 4 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gesteckten Beurteilungsrahmens bewegen. Den kontrollierenden Landesbehörden sei dringend zu empfehlen, solche Darstellungen einzelner örE mit der gebotenen Sorgfalt auf Plausibilität und Stichhaltigkeit der Argumente zu prüfen, appelliert das Büro.

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