Privat versus kommunal

Die Vertreter von privater und kommunaler Entsorgungswirtschaft schenken sich nichts, wenn es um die Zuständigkeiten im geplanten Wertstoffgesetz geht. Die Argumente der kommunalen Seite sind jedoch nicht überzeugend, meint BellandVision. Warum, begründet der Systembetreiber mit einem Faktencheck.

BellandVision präsentiert Faktencheck zum Wertstoffgesetz


Das Fazit nimmt BellandVision schon vorweg: „Mit dem dualen System hat sich Deutschland in den letzten 25 Jahren zu einem Musterland in der Recyclingwirtschaft entwickelt, das international Vorbildfunktion hat“, betont der Systembetreiber. Die Erweiterung des bisherigen Verpackungsrecyclings im Zuge des geplanten Wertstoffgesetzes auf die stoffgleichen Nichtverpackungen sei ein logischer Schritt hin zu mehr Ressourcenschutz und zu mehr privatwirtschaftlicher Produktverantwortung.

Trotzdem gebe es immer wieder Interessensgruppen, die mit Behauptungen die Leistungen beziehungsweise Erfolge der dualen Systeme in Frage stellen und überzeugt sind, die dualen Systeme ersetzen zu können. Bei genauerer Betrachtung ließen sich deren Aussagen und Behauptungen aber nicht bestätigen, meint BellandVision. Der Systembetreiber hat die gängigsten Behauptungen einem Faktencheck unterzogen. Wir stellen die Ergebnisse dieser Bewertung im Wortlaut vor:

Behauptung: „Die dualen Systeme sind ineffizient.“

Fakt ist laut BellandVision: „Durch die Marktöffnung und den daraus resultierenden Wettbewerb haben die dualen Systeme die Entsorgungskosten drastisch gesenkt. Dieses Ergebnis bestätigt auch die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes aus dem Jahr 2012. Die Kosten für die haushaltsnahe Verpackungserfassung und -verwertung haben sich von über 2 Milliarden Euro auf unter 1 Milliarden Euro um mehr als 50 Prozent reduziert. Im vergleichbaren Zeitraum haben laut Statistischem Bundesamt die Kommunen ihre durchschnittlichen Entsorgungsgebühren signifikant erhöht.

Das Bundeskartellamt stellt darüber hinaus fest, dass das Wirken der dualen Systeme zu einem deutlichen Innovationsschub bei der Sortiertechnik für das Sammelgemisch der Gelben Tonne geführt hat.

Behauptung: „Duale Systeme erzielen nur geringe Recyclingerfolge.“

Fakt ist: Die jährlich erhobenen Daten der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung belegen, dass die erzielten Recyclingquoten für Verkaufsverpackungen insgesamt seit Bestehen der dualen Systeme von circa 37 Prozent auf circa 79 Prozent deutlich gestiegen sind. Die Quotenvorgaben der Verpackungsverordnung werden regelmäßig deutlich übertroffen. Auch im internationalen Vergleich sind die erzielten Quoten die höchsten und machen Deutschland zum Recyclingweltmeister.

Um noch besser zu werden, sprechen sich die dualen Systeme und die private Recyclingwirtschaft in Deutschland für sinnvolle und ambitionierte Recyclingquoten aus, die das Bundesumweltministerium auch im aktuellen Wertstoffgesetz implementieren möchte.

Behauptung: „Duale Systeme sind nicht transparent.“

Fakt ist: Die Verpackungsverordnung verpflichtet die dualen Systeme, die ordnungsgemäße Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verkaufsverpackungen umfassend zu dokumentieren und nachzuweisen. Zusätzlich werden alle Dokumentationen und der verordnete Mengenstromnachweis durch unabhängige Sachverständige geprüft und den zuständigen obersten Landesbehörden jährlich zur Prüfung vorgelegt. Die korrekte Umsetzung der Verpackungsverordnung durch die dualen Systeme wird dadurch in jedem Detail, insbesondere für die Prüfbehörden, transparent.

Fakt ist: Jede Vergabe von Sammel- und Sortieraufträgen wird öffentlich ausgeschrieben und erfolgt im Wettbewerb. Eine Beteiligung steht jedem offen – egal ob Privatunternehmen oder öffentlich-rechtlicher Entsorger. Konkrete Informationen zum Ausschreibungsverfahren und den Teilnahmebedingungen werden im Vorfeld frühzeitig, öffentlich und transparent kommuniziert.

Fakt ist: Jede Marktanteilsermittlung für die Sammelkosten– und Mengenzuordnung muss umfassend von Wirtschaftsprüfern geprüft und bestätigt werden. Diese werden alle drei Monate veröffentlicht. Dadurch wird mehr Sicherheit und Transparenz gewährleistet, wie es in keiner anderen Branche der Fall ist.

Behauptung: „Die Administrationskosten der dualen Systeme werden auf 100-120 Millionen Euro geschätzt und belasten unnötig.“

Fakt ist: Jede Dienstleistung, ob privat oder kommunal, benötigt Administration und dafür fallen Kosten an. Die jahrelang optimierten Abläufe und ausgeklügelten EDV-Systeme der dualen Systeme werden schon aus Wettbewerbsgründen kontinuierlich verbessert. Die administrativen Kosten betragen aktuell nur etwa 60 Millionen Euro pro Jahr. Dies ist im Vergleich nur ein geringer Anteil zu den jährlich über 130 Millionen Euro, welche die dualen Systeme an die Kommunen für Bürgerinformationen und die Standorte der Glas- und Papiercontainer bezahlen müssen.

Behauptung: „Die Bürger fragen ihre Kommunen – deshalb sollen diese auch zuständig sein.“

Fakt ist: Die Kommunen erhalten für die Bürgerinformation und –aufklärung sowie die Reinigung und Instandhaltung der Container-Stellplätze über 130 Millionen Euro pro Jahr von den dualen Systemen, was knapp 3,5 Milliarden Euro seit Bestehen der dualen Systeme entspricht. Die Verwendung der dualen Gelder ist intransparent, da die Kommunen keinerlei Rechenschaft darüber ablegen müssen.

Fakt ist: Die Bürgerinformation und –aufklärung der Kommunen ist häufig unzulänglich und die Bürger machen deshalb aus Unkenntnis die Kommunen bei Problemen mit dem Gelben Sack verantwortlich.

Fakt ist: Die Defizite aus dem Informationsmanagement der Kommunen sind seit über einem Vierteljahrhundert evident. Es herrscht immer noch eine weitreichende Unsicherheit bei den Bürgern, was in welche Tonne gehört – inklusive der damit verbundenen Fehlwürfe. Die Aufklärungsarbeit der Kommunen zum Thema Verpackungsrecycling und Zuständigkeit führt trotz des beachtlichen Budgets häufig ins Leere. Die dualen Systeme plädieren daher schon lange dafür, direkt mit den Verbrauchern zu kommunizieren, um mehr Klarheit und Transparenz bei der haushaltsnahen Getrenntsammlung von Verkaufsverpackungen zu schaffen.

Behauptung: „Kommunen wissen, was ihre Bürger wollen, und sollen deshalb Behälter und Abholintervalle festlegen.“

Fakt ist: Die dualen Systeme sind für Systemkosten und für Sammelmengen verantwortlich, nicht die Kommunen. Die Behälterauswahl und die Abholintervalle sind Faktoren, die die Gesamtkosten maßgeblich beeinflussen. Ebenfalls werden durch Behälterauswahl und Abholintervalle die Sammelmengen beeinflusst, aus denen die dualen Systeme nach der Sortierung ihre Verwertungsquoten erfüllen müssen.

Durch kommunale Einflussnahme können die dualen Systeme nicht mehr sicherstellen, dass die Kosteneffizienz erhalten bleibt, beispielsweise bei teuren Behältertypen beziehungsweise kurzen Abholintervallen, und dass sie die Verwertungsquoten erfüllen können, wenn zu wenig Sammelmenge generiert wird. Außerdem werden bei Festlegung bestimmter Behältertypen die Auswahlmöglichkeiten von potenziellen Entsorgungsdienstleistern stark reduziert, was einer Wettbewerbsbeschränkung gleichkommt.

Fakt ist: Die kosten- und recyclingquotenverantwortlichen dualen Systeme brauchen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten und zur Steuerung des Systems die gesamte Kette ihrer Dienstleistungen in einer Hand. Von der Bürgerkommunikation über Behälterauswahl, Abholintervalle, Sortieranlagen bis hin zu Verwertungsanlagen und Materialveräußerung. Jeder Eingriff durch Dritte kann den ökologischen und ökonomischen Erfolg stören oder gar gefährden.

Behauptung: „Kommunen sollen aufgrund ihrer Kompetenz die Sammelverantwortung erhalten.“

Fakt ist: Die dualen Systeme schreiben periodisch die Sammlung der Wertstoffe für alle Sammelgebiete aus. Alle privaten und öffentlich-rechtlichen Entsorger (örE) können sich daran beteiligen und ihr Gebot abgeben. Das wirtschaftlich und qualitativ beste Gebot bekommt den Zuschlag. Es zeigt sich seit Jahren, dass sich die örE entweder nicht beteiligen oder bei Beteiligung häufig nicht wettbewerbsfähig sind.

Aktuell haben bei den Ausschreibungen der Sammlung von Leichtverpackungen (Gelber Sack/Tonne) die örE nur circa 13 Prozent der Aufträge gewonnen und bei der Sammlung von Glas nur circa 8 Prozent. Damit ist offensichtlich, dass die örE nur bedingt im Wettbewerb bestehen können. Infolge würde bei Übertragung der Sammelverantwortung und -organisation sowie bei einer möglichen Eigenbeauftragung von den örE eine deutliche Preiserhöhung zu erwarten sein.

Behauptung: „Duale Systeme sind entbehrlich und können durch Kommunen ersetzt werden.“

Fakt ist: Die Kommunen verfügen über keinerlei Administration, duale Kompetenz und Personal, um über 60.000 Hersteller und Vertreiber, die ihrer Produktverantwortung nachkommen müssen, zu akquirieren, zu betreuen und periodisch abzurechnen. Ebenso fehlt die Voraussetzung, um für mehrere Tausend Entsorgungspartner und Sortieranlagen Ausschreibungen zu erstellen, Verträge zu verhandeln und zu schließen sowie diese periodisch abzurechnen und um mehrere Millionen Tonnen Recyclingmaterial optimal zu verwerten bzw. weltweit erlösoptimiert zu veräußern. Die Kommunen verfügen weder über die notwendige spezifische EDV noch über das nötige Knowhow, um die Geldflüsse zu steuern und die Mengenströme von den in Verkehr gebrachten Mengen bis hin zu den Verwertungsmengen über alle beteiligen Parteien und Wege nachweislich, prüfbar und umfassend zu dokumentieren.

Fakt ist: Die dualen Systeme haben aus ihrer privatwirtschaftlichen Struktur und im Wettbewerb stehend im Gegensatz zu Kommunen immer ein Interesse daran, möglichst effizient zu arbeiten. Mit ihrem über Jahrzehnte immer weiter verbesserten Knowhow sind duale Systeme heute Management- und EDV-Spezialisten für bundesweite Entsorgung mit einem großen Kunden- und Dienstleisterbereich und umfassender Nachweisführung.

Behauptung: „Eine Beteiligung der dualen Systeme an der Fraktion Papier/Pappe/Kartonage ist nicht sinnvoll.“

Fakt ist: Etwa 30 Prozent des gesammelten Altpapiers kommen aus Verpackungen, der Rest setzt sich aus Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen grafischen Papieren zusammen. Aufgrund der sich im Wandel befindlichen Mediennutzung zeichnet sich der Trend ab, dass der Anteil an Zeitungen bzw. Zeitschriften drastisch abnimmt. Gleichzeitig prognostiziert die Papiermarktstudie „World Paper Markets up to 2030“ jährlich weltweit einen steigenden Bedarf an Verpackungsmaterial von bis zu 2,9 Prozent, was unter anderem auf die große Nachfrage im Online-Handel zurückzuführen ist.

Basierend auf der in der Verpackungsverordnung verankerten Herstellerverantwortung sind Industrie und Handel verpflichtet, ihre Verkaufsverpackungen an einem dualen System zu beteiligen. Eine Beteiligung der dualen Systeme am Recycling der Fraktion Papier, Pappe und Kartonage ist deshalb unerlässlich, um für Handel und Industrie die Pflicht zur ordnungsgemäßen Rücknahme und Verwertung sowie deren Nachweisführung erfüllen zu können. Insbesondere auch deshalb, weil das stark wachsende Segment Online-Handel schon aus Wettbewerbsgründen nicht außerhalb der Verpackungs-/Wertstoffverordnung stehen darf.

Behauptung: „Die dualen Systeme betreiben mit den Wertstoffen lukrative ‚Rosinenpickerei‘.“

Fakt ist: Wertstoffe sind nicht per se lukrative ‚Rosinen‘, sondern können ein hohes Risiko beinhalten. Recyclingmaterialien werden auf dem Weltmarkt gehandelt und die Höhe der Erlöse bzw. Zuzahlungen ist von der volatilen Konjunktur und von den Rohstoffpreisen abhängig. Nur durch umfassendes Knowhow, dem Bündeln von großen Mengen an Material und ausgezeichnete Marktkenntnisse ist es den dualen Systemen möglich, das unternehmerische Risiko zu übernehmen, dem sich eine Kommune durch Gebührenerhöhungen zu Lasten der Bürger jederzeit entziehen kann.

Unabhängig davon werden die Erfassungs- und Sortierkosten nahezu nie durch die Erlöse der Recyclingmaterialien gedeckt. Etwaige erzielte Wertstofferlöse fließen immer in die Gesamtkalkulation ein und kommen so Industrie und Handel und somit den Verbrauchern zugute.“

Das Fazit von BelandVision: Mit den dualen Systembetreibern habe sich in Deutschland ein bewährtes wettbewerbliches System für das Recycling von Verpackungen etabliert, das kostengünstig und effizient arbeitet und zudem Motor von Innovationen und für Investitionen in der Entsorgungs- und Recyclingbranche sei. Außerdem hätten die dualen Systeme ein umfangreiches und ganz spezielles Kunden- und Dienstleistungs-Knowhow sowie ein hochspezifisches EDV-System für die besonderen Anforderungen entwickelt und installiert. Das sei in der Welt einmalig und nicht ohne erhebliche Reibungsverluste substituierbar.

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