Bessere Infrastruktur

Das extreme Niedrigwasser hat die Engpässe im deutschen Wasserstraßen-Netz deutlich gemacht. Die Binnenschiffer wollen unabhängiger vom Wetter werden und fordern, dringend notwendige Projekte endlich anzupacken.

„Schifffahrt braucht mehr Wasser unter dem Kiel“


Die Unternehmen der Binnenschifffahrt dringen auf den Ausbau und die Modernisierung der Wasserstraßen. „Die Verbesserung der Infrastruktur darf nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden, die Schifffahrt braucht mehr Wasser unter dem Kiel“, sagte Fabian Spieß, Referent des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB), der Deutschen Presse-Agentur in Mannheim.

Dafür sei es nötig, die Fahrrinnen zu vertiefen, die Schleusen instand zu halten und Engpässe zu beseitigen. Schließlich sei die Schifffahrt der einzige Verkehrsträger, der noch über freie Kapazitäten verfüge.

Rhein-Schifffahrt ist anfälliger geworden

Nach Angaben der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt wurden im Rheingebiet inklusive Lahn, Main, Mosel, Neckar und Saar von Januar bis August rund 109 Millionen Tonnen an Gütern befördert. Das bedeutet ein Minus von etwa 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im Bereich Mannheim lag das Minus bei fast 15 Prozent, in Duisburg bei 6,5 Prozent.

Da das Niedrigwasser erst Ende Juni einsetzte, dürften die Einbußen bis zum Jahresende noch größer ausfallen. „Es ist von einem erheblichen Rückgang der transportierten Gütertonnen auf dem Rhein auszugehen“, schätzt Claudia Thoma, Sprecherin der Bundesbehörde.

Es fehlen 500 Ingenieure

Wie Thoma erklärte, sei die Rhein-Schifffahrt anfälliger gegenüber längeren Niedrigwasser-Phasen geworden. Grund seien der wachsende Verkehr, größere Schiffe und rückläufige Lagerkapazitäten bei den Verladern. „Um sich zukünftig darauf vorzubereiten, bedarf es neuer Überlegungen nicht nur bei der Infrastruktur, sondern bei allen Partnern in der Logistikkette“, sagte sie.

Zuletzt hatte sich auch der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) für Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur ausgesprochen. Er hatte die Rhein-Vertiefung zwischen Mainz und Sankt Goar gefordert. Laut Generaldirektion ist diese im Bundesverkehrswegeplan 2030 mit 60 Millionen Euro verankert und in der Planung. Der BDB nannte als weitere unverzichtbare Vorhaben die Vertiefung der Fahrrinne im Niederrhein und den Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen.

Als großes Hemmnis für den Abbau des Sanierungsstaus sieht der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt die fehlenden Stellen für den Unterhalt und Ausbau des rund 7.400 Kilometer langen Binnenwasserstraßen-Netzes. Im Schnitt würden 500 Ingenieurs-Stellen mehr benötigt, um die Bundesmittel verbauen zu können. Der Verband vertritt etwa 300 von über 800 Unternehmen der gewerblichen Binnenschifffahrt, darunter viele Reedereien.

Lage hat sich entspannt

Zur Frage, wie sich die Situation auf Erlöse und Gewinne der Branche mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro (2016) auswirke, machte der Verband keine Angaben. Existenzbedrohlich sei die Lage für die Unternehmen aber nicht. 2014 waren noch 19 Insolvenzverfahren registriert worden, erläuterte Spieß. Von da an sei die Zahl rückläufig – trotz des Niedrigwassers auch im Jahr 2015.

Inzwischen hat sich die Lage an einigen Rhein-Abschnitten wieder etwas entspannt. „Schon jetzt können viele Schiffe wieder mit voller Ladung fahren“, sagte ein Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamtes Duisburg in Nordrhein-Westfalen, das für den Teil des Flusses bis zur niederländischen Grenze zuständig ist. Wegen der niedrigen Pegelstände war die Versorgung vieler Tankstellen mit Diesel und Benzin in den vergangenen Wochen immer wieder ins Stocken geraten.

 

© 320°/dpa | 10.12.2018

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