Enormes Potenzial

Die Erzeugung von Biomethan könnte verzehnfacht werden, wenn nur die richtigen Rahmenbedingungen vorhanden wären. Experten sind überzeugt: Biomethan kann einen signifikanten Beitrag zur Energiewende leisten, ohne mit der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln zu konkurrieren.

Biomethan steht zum Sprung bereit


Die Erzeugung von Biomethan in Deutschland kann bis im Jahr 2050 um gut das Zehnfache gesteigert werden, von heute 9 auf rund 100 Terawattstunden pro Jahr. Das ist das Ergebnis eines Strategiepapiers, das die Biogaspartnerschaft der Deutschen Energie-Agentur (dena) auf Basis von aktuellen Studien erarbeitet hat.

Voraussetzung für den Ausbau ist, dass die Rahmenbedingungen für die Nutzung von Biomethan in den Sektoren Verkehr, Wärme und Strom verbessert werden. Biomethan entsteht durch die Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität und lässt sich wie Erdgas gut speichern und vielseitig nutzen. Als Quelle dienen Rest- und Abfallstoffe, tierische Exkremente und Energiepflanzen.

„Alle Studien zeigen: Biomethan kann einen signifikanten Beitrag zur Energiewende leisten, ohne mit der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln zu konkurrieren“, sagt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung. „Vor allem dort, wo Strom-, Gas- und Wärmenetze gut zusammenspielen, kommen die Vorteile von Biomethan zur Geltung.“

Verschiedene Stellschrauben

Biomethan sei eine hervorragende Ergänzung zu den fluktuierenden erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie, betont Kuhlmann. „Um die Potenziale zu erschließen, müssen wir an verschiedenen Stellschrauben drehen. Mit unserem Strategiepapier zeigen wir, worauf die Politik dabei achten sollte. Vor allem brauchen wir ein klares politisches Bekenntnis, dass Investitionen in Anlagen und Infrastruktur für erneuerbare Gase als wertvoller Beitrag zur Energiewende anerkannt werden.“

Für das Strategiepapier wurden 16 Studien aus den Jahren 2012 bis 2017 ausgewertet, die Szenarien zum Erreichen der energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung beschreiben. Für die Sektoren Verkehr, Wärme und Strom empfiehlt die Biogaspartnerschaft konkrete Maßnahmen.

Verkehr: Unterquote für fortschrittliche Kraftstoffe und Anrechnung auf CO2-Flottenziele

Biomethan sei ein nahezu klimaneutraler Kraftstoff, bei dessen Verbrennung auch deutlich weniger Stickoxid und Feinstaub entstehen als beispielsweise die Euro 6-Norm für Benzin und Diesel zulässt. Der Umstieg auf Erdgasfahrzeuge, die mit Biomethan und anderen erneuerbaren Gasen betrieben werden, wäre schnell und kostengünstig realisierbar., meint dena. Daher sollte Biomethan verstärkt in Landwirtschaft, öffentlichem Nahverkehr und für Pkws genutzt werden. Langfristig sei Biomethan in Form von verflüssigtem Biogas (Bio-LNG) vor allem im Schwerlast- und Schiffsverkehr sinnvoll.

Um die Potenziale zu realisieren, sollte die energetische Unterquote für fortschrittliche Kraftstoffe in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie von derzeit 0,05 auf 0,2 Prozent im Jahr 2020 und ab dann jährlich um 0,1 Prozent erhöht werden. Zudem sollten Pkw-Hersteller den Einsatz nachhaltig erzeugter Kraftstoffe wie Biomethan auf ihre CO2-Flottenzielwerte anrechnen können. Schließlich brauche es eine Gasmobilitätsstrategie und den Aufbau eines LNG-Tankstellennetzes.

Wärme: mehr erneuerbare Prozesswärme und Förderung über Gebäudeenergiegesetz

Im Wärmesektor wird Bioenergie derzeit überwiegend in Form von Abwärme aus Blockheizkraftwerken direkt vor Ort genutzt. In Zukunft könnte Biomethan verstärkt für Prozesswärme und in Nah- und Fernwärmenetzen eingesetzt werden, so dena. Für industrielle Prozesswärme biete Biomethan eine erneuerbare Alternative, die auch bei hohen Temperaturen von über 500 Grad Celsius geeignet ist. Dafür wären Anreize für die Senkung der CO2-Intensität der industriellen Prozesswärme erforderlich.

Über Nah- und Fernwärmenetze kann Biomethan dazu dienen, den Anteil erneuerbarer Energien in der netzgebundenen Wärmeversorgung zu erhöhen. Dadurch ließen sich an einigen Stellen aufwändige Eingriffe in bestehende Heizsysteme ersparen. Um dies zu ermöglichen, wäre die Einführung von CO2-Grenzwerten für Fernwärme sinnvoll, betont dena. Alternativ könnte auch die effiziente Nutzung von Biomethan in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) gefördert werden, etwa im Rahmen des geplanten Gebäudeenergiegesetzes.

Strom: größere Wärmespeicher und Anbindung an Nah- und Fernwärmenetze

Im Stromsektor geht es weniger um den Ausbau als um die Optimierung der Biomethannutzung. Strom aus Biomasse sollte ausschließlich in effizienten KWK erzeugt werden, entweder als Nebenprodukt der Wärmeerzeugung oder wenn KWK-Anlagen zur Sicherung der Stabilität im Stromsystem beitragen, heißt es in der Studie. Durch die Bereitstellung von Regelenergie, Blindleistung und anderen Systemdienstleistungen könnten Biomethan-KWK wichtige Funktionen von konventionellen Kraftwerken übernehmen. Die Flexibilität biomethanbetriebener KWK-Anlagen könne durch größere und bessere Wärmespeicher sowie die Anbindung an Nah- und Fernwärmenetze erhöht werden.

Neben der konsequenten Erschließung von Biomassequellen für die Gewinnung von Biogas und schließlich Biomethan könnten auch viele der bestehenden 9.000 Biogasanlagen auf die Produktion von Biomethan umgerüstet werden – vor allem dann, wenn die Abwärme der Vor-Ort-Verstromung bisher nicht oder nur unzureichend genutzt wird. Schließlich sei die Nutzung von Biomethan auf eine gut funktionierende Gasinfrastruktur angewiesen. Im Jahr 2050 sollten dann weitestgehend CO2-neutral erzeugtes Biomethan und synthetisches Methan aus Power-to-Gas-Anlagen durch das Gasnetz fließen.

Das Strategiepapier „Rolle und Beitrag von Biomethan im Klimaschutz: heute und in 2050“ steht unter http://bit.ly/2B5hEJK zum Download bereit.

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