Private versus Kommunen

Der Entwurf für das geplante Wertstoffgesetz sollte eigentlich schon vorliegen. Inzwischen hat das BMUB den Termin erneut verschoben – dieses Mal auf Ende des Jahres. Doch was in dem Entwurf stehen soll, hat das BMUB bereits in einem Papier skizziert. Ein Überblick über die geplanten Regelungen.

BMUB skizziert Inhalte des Wertstoffgesetzes


Wenn heute der Umweltausschuss des Bundestages tagt, steht auf der Agenda unter anderem das geplante Wertstoffgesetz. Für die tiefere Diskussion können die Parlamentarier auf einen Bericht des Bundesumweltministeriums (BMUB) zurückgreifen, in dem die wesentlichen Inhalte des neuen Gesetzes beschrieben werden. Daraus geht hervor, wie das BMUB die bestehende Erfassung von Verpackungsabfällen zu einer haushaltsnahen gemeinsamen Erfassung von Wertstoffen weiterentwickeln will.

Das grundsätzliche Ziel ist es, „zusätzliche Wertstoffe für ein hochwertiges Recycling zu gewinnen und die Akzeptanz der Getrennterfassung weiter zu erhöhen“, heißt es in dem Papier. Weitere Eckpunkte seien Produktverantwortung, Wettbewerb, Kosteneffizienz, Verbraucherfreundlichkeit und anspruchsvolle Recyclingquoten. Im Einzelnen hat das BMUB bislang folgende Überlegungen und Pläne angestellt:

Wie wird aus der „Gelben Tonne“ die „Wertstofftonne“?

Die Wertstofftonne erfasst im Unterschied zur Gelben Tonne nicht nur Verkaufsverpackungen, sondern auch so genannte stoffgleiche Nichtverpackungen. Das BMUB verspricht sich davon eine Steigerung der Sammelmenge um rund 7 kg pro Einwohner und Jahr. Das entspricht einer Jahresmenge von rund 570.000 Tonnen beziehungsweise einer Zunahme um rund 25 Prozent im Vergleich zur bisherigen Verpackungssammlung. Die bisher in einigen Regionen praktizierte Lösung der Wertstoffsammlung über Wertstoffhöfe will das Ministerium in dem neuen Gesetz berücksichtigen. Vorgeschrieben wird demnach nicht eine Wertstofftonne, sondern nur eine einheitliche Wertstofferfassung. Diese muss aber ebenso effizient sein, weshalb das BMUB ein quantifiziertes Sammelziel vorschlägt.

Was genau gehört in die Wertstofftonne?

Hier bleibt das BMUB vage. In einem Wertstoffgesetz müsse klar definiert sein, was eine Verpackung ist und welche stoffgleichen Nichtverpackungen in einer Wertstofftonne erfasst werden können, heißt es in dem Papier. Konkreter wird das Ministerium nicht. Das Ministerium ist aber davon überzeugt, dass ein einheitlicher Zuweisungskatalog erforderlich ist. Dies müsse aber nicht zwingend über abschließende Listen im Gesetz erfolgen. Für die Bürger werde die zukünftige Abgrenzung in jedem Fall leichter nachvollziehbar sein als die jetzige Trennlinie, die ausschließlich die Erfassung von Verpackungsabfällen in den gelben Tonnen und Säcken vorsieht.

Werden höhere Recyclingquoten festgelegt?

Ja. Das BMUB betont, dass Einigkeit darin bestehe, dass ein neues Wertstoffgesetz ambitionierte Verwertungsanforderungen enthalten muss. „Insbesondere die bisherigen Recyclingquoten müssen deutlich angehoben werden, um den bestehenden technischen Möglichkeiten Rechnung zu tragen“, heißt es im Bericht. Im Auftrag des Umweltbundesamts wurde im Jahr 2012 in einer wissenschaftlichen Studie ein Vorschlag zur Erhöhung der Verwertungsquoten erarbeitet. Das Ergebnis der Studie sowie weitere Erkenntnisse aus der Umsetzung der Verpackungsverordnung seien die Grundlage hierzu. Konkrete Quoten nennt das Ministerium nicht.

Bleiben die dualen Systeme erhalten?

Ja, aber das BMUB will den Vollzug stärken, um künftig Wettbewerbsverzerrungen zwischen den dualen Systemen zu vermeiden. Dazu ist die Errichtung einer „Zentralen Stelle“ vorgesehen. Die Zentrale Stelle soll Registerbehörde sein, Kontrollfunktionen wahrnehmen und die vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmenbedingungen durch geeignete „Spielregeln“ für Hersteller, Vertreiber und Entsorger sowie durch Einzelfallentscheidungen konkretisieren. Verstöße soll sie bei der zuständigen Behörde zur Anzeige bringen.

Laut Ministerium ist vorgesehen, eine hoheitlich beliehene Stelle einzurichten, die von den Produktverantwortlichen, also von Herstellern und Vertreibern, getragen wird. Über die genaue Rechtsform und konkrete Ausgestaltung ist noch nicht entschieden. Dazu werden derzeit Gespräche mit den beteiligten Kreisen geführt. Dabei legt das BMUB nach eigener Aussage großen Wert auf eine angemessene Berücksichtigung von Umwelt- und Verbraucherverbänden, vor allem aber auch von den Ländern und Kommunen.

Wer wird für die Erfassung der Wertstoffe verantwortlich sein: Die Privaten oder die Kommunen?

So wie es aussieht, beide. Das BMUB will, dass die Produktverantwortung für Verpackungen erhalten bleibt und die dualen Systeme hierfür weiter zuständig sind. Für die Entsorgung der stoffgleichen Nichtverpackungen hingegen sollen die Kommunen verantwortlich sein.

Die praktische Ausgestaltung soll dabei den Verantwortlichen vor Ort überlassen werden. Laut BMUB sind somit Modelle einer Gebietsaufteilung möglich, wie sie beispielsweise schon in Berlin und im Rhein-Sieg-Kreis praktiziert werden. Denkbar sind aber auch andere Modelle, zum Beispiel solche, dass die dualen Systeme die stoffgleichen Nichtverpackungen im Auftrag der Kommunen miterfassen. Ein solches „Kooperationsmodell“ fördere regional angepasste und bürgerfreundliche sowie ökologisch und ökonomisch sinnvolle Lösungen, meint das BMUB. Die Erfahrungen aus den Modellprojekten, die mittlerweile rund 12 Millionen Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu einer Wertstofftonne ermöglichen, würden dies bestätigen. Wenn die in der Vergangenheit in den Vordergrund getragenen Partikularinteressen im Sinne einer Kompromisslösung zurückgestellt werden, sollte dieses „Kooperationsmodell“ auch politisch realisierbar sein, glaubt das Ministerium.

Erfasst das Wertstoffgesetz auch ökologisch vorteilhafte Getränkeverpackungen?

Ja, zumindest ist es geplant. Das BMUB prüft hierzu, inwieweit Modifikationen der bisherigen Regelungen erforderlich sind. Das Ministerium gibt aber zu bedenken, dass die nach Auffassung des BMUB dringend erforderliche Regelung zur Verbesserung der Transparenz bei Einweg und Mehrweggetränkeverpackungen vom Bundesrat noch nicht gebilligt wurde. Die Einführung einer Abgabe oder Steuer sei in diesem Zusammenhang derzeit aber nicht vorgesehen.

Wann könnte das Wertstoffgesetz in Kraft treten?

Wenn man das wüsste. Die Erfahrung zeigt, dass grundsätzlich alle Gesetzesvorhaben später umgesetzt werden als sie angekündigt waren. Eigentlich hatte das BMUB den ersten Arbeitsentwurf für das Wertstoffgesetz für den Frühherbst angekündigt, inzwischen teilt das Ministerium mit, dass es den Entwurf bis Ende dieses Jahres vorstellen will.

Sollte es tatsächlich dazu kommen, könnte das Gesetzgebungsverfahren Anfang 2015 mit der Anhörung der beteiligten Kreise beginnen. Je nach Verlauf der Anhörung und nach Durchführung des Notifizierungsverfahrens bei der EU-Kommission könnte das Bundeskabinett den Gesetzentwurf dann im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2015 beschließen. Im Anschluss würde das parlamentarische Verfahren folgen. Somit könnte das Wertstoffgesetz frühestens Ende 2016 / Anfang 2017 in Kraft treten. Das BMUB weist aber schon mal vorsorglich darauf hin, dass angesichts der vielen Unwägbarkeiten eine genaue Vorhersage und Zeitplanung noch nicht möglich ist.

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