5-Punkte-Plan des BMU

Gut, aber noch nicht gut genug: Vertreter der Recyclingbranche begrüßen den 5-Punkte-Plan des BMU zur Förderung des Kunststoffrecyclings, halten aber weitergehende Maßnahmen für nötig. Dazu zählt auch die Forderung, den Fokus nicht nur auf Kunststoffe zu richten.

Branchenvertreter fordern weitergehende Maßnahmen


Der Entsorgerverband BDE begrüßt den 5-Punkte-Plan von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), fordert aber weitergehende Maßnahmen. „In dem Konzept der Ministerin stehen viele richtige Ansätze, die aber alle schon länger in der Diskussion, beziehungsweise längst beschlossen sind, wie etwa das Verpackungsgesetz oder Einzelheiten der EU-Plastikstrategie“, erklärt BDE-Präsident Peter Kurth.

„Nötig wären jetzt konkrete Schritte, um Recyclaten bessere Marktchancen zu geben“, meint Kurth. „Deshalb wäre es jetzt an der Zeit, mit der Verpflichtung zu Mindestmengen von Recyclaten in neuen Produkten erste konkrete Schritte zu gehen, um einen echten Markt für Recycate zu schaffen.“ Dies könne nur der Gesetzgeber regeln, betont Kurth. Auch die EU-Parlamentarier forderten, dass bis 2025 alle neuen Getränkeverpackungen aus Kunststoff mindestens 35 Prozent Recyclate beinhalten.

Nach Ansicht des BDE sind höhere Lizenzentgelte für schwer zu recycelnde Verpackungen ein wichtiger Schritt, aber nicht ausreichend. Vielmehr müssten auch hier die Maßnahmen darauf abzielen, den Recyclatanteil in neuen Produkten zu steigern.

Mehr Verbindlichkeit wünscht sich der BDE-Präsident auch beim Recyclateinsatz in der öffentlichen Beschaffung: „Die öffentliche Hand in Deutschland kauft Jahr für Jahr für cirka 400 Milliarden Euro Materialien für sämtliche Behörden und Verwaltungen. Auch hier kann die Politik ein Zeichen für Recyclate setzen und in den Ausschreibungskriterien Mindestanteile von Recyclingrohstoffen an neuen Produkten festlegen.“

„Das wären riesige Auftragsvolumina“

Auch der Entsorgerverband bvse fordert weitere Maßnahmen. „Wir brauchen dringend weitere Schritte. Das betrifft insbesondere die Beschaffungsaktivitäten von Bund, Ländern und Kommunen. Hier sollten endlich einmal „Nägel mit Köpfen“ gemacht werden“, erklärt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Es sei unglaubwürdig, wenn die Politik mehr Recycling fordert und den Einsatz von Recyclingprodukten propagiert, aber sich da, wo sie selber ganz konkret Verantwortung trägt, große Zurückhaltung auferlege.

„Wir brauchen deshalb eine klare Zielbestimmung“, fordert Rehbock: „Wie hoch soll in den nächsten 10 Jahren der Anteil von Recyclingprodukten, zum Beispiel im Baubereich der öffentlichen Hand, sein? Wer kontrolliert das? Wer sanktioniert das, wenn die Ziele verfehlt werden?“ Hier könnten ganz konkrete und bindende Vereinbarungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen geschlossen werden, meint der bvse. Man müsste noch nicht einmal Gesetze ändern. „Das wären riesige Auftragsvolumina, die einen echten, konkreten Schub für das Recycling auslösen könnten.“

Forderung nach staatlichen Anreizen

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat am Montag (26. November) einen 5-Punkte-Plan mit Maßnahmen für weniger Plastik und mehr Recycling vorgelegt. Diese sehen unter anderem eine Mischung aus gesetzlichen und freiwilligen Maßnahmen zur Vermeidung von überflüssigem Plastik vor. Auch Alternativen zur Plastiknutzung wie etwa das Trinken von Leitungswasser sollen gestärkt werden.

Nach Angaben des dualen Systems BellandVision werden schon im Jahr 2022 jährlich bis zu einer Million Tonnen Kunststoffrecyclate auf den Markt kommen. „Für dieses Material muss es dann auch ausreichend Nachfrage von Wirtschaft und öffentlichen Stellen geben, sonst wird nur teuer für die Halde recycelt“, erklärt BellandVision-Geschäftsführer Thomas Mehl. „Die ökologischen Lizenzpreise, die im Verpackungsgesetz vorgesehen sind, werden dafür als Anreiz nicht ausreichen.“ Mehl hält daher zusätzliche staatliche Anreize für notwendig – zur Anschubfinanzierung und Motivation, wie er sagt.

Keine einseitige Debatte

Die beiden Metall-Recycler Scholz und TSR fordern unterdessen, keine einseitige Debatte nur über Plastik zu führen. Für die Erreichung der Klima- und Umweltschutzziele sei eine umfassende Rohstoffwende mit effektivem Recycling für alle Stoffe dringend nötig.

„Die Anpassung der Ökodesign-Richtlinie und die Recyclat-Initiative sind die richtigen Schritte hin zu einer dringend notwendigen Rohstoffwende. Damit diese gelingen kann, müssen alle Stoffströme in die Debatte mit einbezogen werden“, sagt TSR-Geschäftsführer Bernd Fleschenberg. Denn die deutsche Industrie sei zu großen Teilen von Rohstoffimporten abhängig – bei Metallen sogar zu 100 Prozent. „Allein deshalb müssen wir einmal zu uns gelangte Rohstoffe im Land halten und sie wiederverwerten“, so Fleschenberg weiter.

Nach Auffassung von Scholz und TSR wurde das Recycling in den letzten Jahrzehnten kaum effizienter, weil immer nur über Einzelprobleme oder einzelne Stoffgruppen diskutiert wurde. „Was fehlt, ist ein breiter branchen- und stoffübergreifender Diskurs mit der Politik über einen umfassenden Ansatz zum Recycling. Deshalb haben wir Anfang November einen Nationalen Rat Recycling und einen Think Tank als Beratergremium gefordert, um eine wirkliche Rohstoffwende einzuleiten“, betont Klaus Hauschulte, Geschäftsführer der Scholz Recycling GmbH.

„Wir freuen uns auf jede Möglichkeit zum Dialog, aber das Potenzial von übergreifendem Recycling für den Klima- und Umweltschutz durch CO2-Reduzierung ist weit höher und nachhaltiger als das, was durch weniger Folienverpackungen beigetragen werden kann. Es muss daher eine gesamtstaatliche Rohstoffwende geben – und das muss in einer entscheidenden Instanz, dem Nationalen Rat Recycling, endlich forciert werden“, meinen Fleschenberg und Hauschulte.

Erst vor Kurzem hatte die Umweltministerkonferenz (UMK) in Bremen beschlossen, die EU-Kunststoffstrategie voranzubringen. In dem Beschluss wurde auch betont, den europäischen Markt für Recyclingrohstoffe so weiterzuentwickeln, dass Innovationen mobilisiert werden, notwendige Investitionen in Technologien erfolgen und der Einsatz von Recyclaten in Produkten stärker gefördert wird als bisher.

 

© 320° | 26.11.2018

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