Verpackungsentsorgung

Die Zahlungsunfähigkeit von ELS weckt die Furcht vor der Insolvenz weiterer dualer Systeme. Das BMU kann sich deshalb eine Änderung des Verpackungsgesetzes vorstellen. Der BDE sucht unterdessen den Schulterschluss mit den Kommunen.

Branchenvertreter wollen Kartellamt in die Pflicht nehmen


Für BDE-Präsident Peter Kurth lassen sich die dualen Systeme in zwei Lager einteilen. Zum einen gebe es diejenigen Systeme, die an nachhaltigen Strukturen interessiert sind. Auf der anderen Seite gebe es jene Systeme, die das ganz offensichtlich nicht tun. Diese Systeme hätten kein Interesse an längeren Zeiträumen, weil sie möglicherweise in ein oder zwei Jahren gar nicht mehr auf dem Markt sein wollen, sagte er beim Infoseminar des Anwaltbüros GGSC vergangene Woche in Berlin.

Trotzdem herrsche unter den dualen Systemen das Einstimmigkeitsprinzip, jedes System hat also ein Vetorecht. „Das ist ein Problem“, sagte Kurth. Er sieht hier das Bundeskartellamt in der Pflicht. So könnte das Kartellamt beispielsweise die Einstimmigkeit der dualen Systeme aufgeben. Ferner könnte geprüft werden, inwieweit die Ausschreibungsbedingungen geändert werden. Außerdem könnte man darüber diskutieren, wie mit dem Thema Sicherheitsleistungen umzugehen ist. „Das Bundeskartellamt ist hier in der Pflicht, genau hinzusehen“, sagte der BDE-Präsident.

„Mit einer Stimme sprechen“

Kurth hält die Situation, die seit 1. Juni infolge der ELS-Insolvenz vorherrscht, für akzeptabel, was aber nicht daran ändere, dass private und kommunale Entsorger viel Geld verloren hätten. Deswegen habe der BDE ein starkes Interesse daran, dass bei der erneuten Insolvenz eines dualen Systems sichergestellt ist, dass „die Systematik“ anders verläuft.

„Dieses Thema eignet sich dazu, dass private Entsorger und Kommunen mit einer Stimme gegenüber den dualen Systemen sprechen“, so Kurth. „Nur dann, wenn wir uns bei den künftigen Verhandlungen nicht auseinanderdividieren lassen, haben wir eine gute Chance, uns gegenüber den dualen Systemen durchzusetzen. Ich würde mich freuen, wenn das gelingt.“

Auch aus Sicht des Bundesumweltministeriums sollten aus der ELS-Insolvenz Konsequenzen gezogen werden. „Wir müssen möglicherweise über eine Änderung des Verpackungsgesetzes nachdenken“, sagte BMU-Abteilungsleiter Helge Wendenburg. „Das Kartellamt braucht einen Auftrag, Missbrauchsentwicklungen zu beobachten und zu unterbinden.“ Diesen Auftrag habe das Kartellamt bislang nicht.

Wendenburg verwies darauf, dass von den übrigen neun dualen System acht Systeme offensichtlich an einem Strang ziehen und ein System offenbar nicht. Gleichwohl hält er das private System der Verpackungsentsorgung für alternativlos. Würde man es den Inverkehrbringern und Kommunen direkt überlassen, hätte man die gleiche Situation wie bei Bioabfall. Bei diesem Thema sei es einem Drittel der Kommunen egal, was dort passiert, sagte Wendenburg. Folglich würde dann die Flächendeckung verloren gehen.

„Der Erfolg der Verpackungsverordnung in Deutschland seit 1991 liegt in der Flächendeckung“, so der BMU-Vertreter. „Wenn ich die Flächendeckung nicht mehr habe und alles einzeln abgesprochen werden muss, dann wird außerhalb der Ballungsräume nicht viel passieren.“ Das private System der Verpackungsentsorgung werde deshalb auch noch in 25 Jahren vorherrschen, weil er hierzu keine Alternative gebe.

 

© 320° | 26.06.2018

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