Zweite Verbrennungslinie

Der Naturschutzverband BUND wendet sich gegen die geplante Erweiterung der Müllverbrennungsanlage in Premnitz. Der Bau einer zweiten Verbrennungslinie sei für Brandenburg unnötig. Außerdem gebe es nicht genügend Abnehmer für die Abwärme.

BUND macht gegen MVA-Erweiterung mobil


Die geplante Erweiterung der Müllverbrennungsanlage in Premnitz (Havelland/Brandenburg) ruft den Widerstand des Naturschutzbundes BUND hervor. Der Landesverband Brandenburg kritisiert, dass nach der Erweiterung die Kapazität der Anlage 420.000 Tonnen im Jahr betragen würde. „Das gesamte Hausmüllaufkommen des Landes Brandenburg beträgt nur 340.000 Tonnen. Selbst wenn der gesamte Abfall der Region in Premnitz verbrannt werden würde, würde die jetzige Anlage ausreichen. Das heißt, ein großer Teil des Mülls soll für die Verbrennung aus anderen Regionen hergebracht werden“, erklärt Carsten Preuß, Vorsitzender des BUND Brandenburg.

Offenbar hat der Landesverband auch grundsätzliche Bedenken gegenüber der Abfallverbrennung. „Müllverbrennungsanlagen sind eine Technik von gestern. Verbrannt wird wertstoffhaltiger Müll, der eigentlich recycelt werden könnte“, erklärt Preuß. Besser sei es, den eingesammelten Restmüll zu sortieren und damit die vorhandenen Wertstoffe herauszuholen.

Widersprüchliche Zahlenangaben

Die Kapazitätsangabe des BUND ist auf den ersten Blick verwirrend, da der MVA-Betreiber, die EEW Energy from Waste GmbH, in der Vergangenheit erklärt hatte, dass die aktuelle Anlagenkapazität von 270.000 Tonnen auf künftig 300.000 Tonnen steigen wird – und nicht auf 420.000 Tonnen, wie vom BUND angegeben.

Die höhere Zahl des BUND kommt wohl dadurch zustande, dass der Umweltverband die bestehende Kapazität (270.000 Tonnen) und die geplante zweite Verbrennungslinie für 150.000 Tonnen aufsummiert. Das lässt aber außer Acht, dass EEW die neue Verbrennungslinie als Ersatz für die bestehende Wirbelschichtfeuerung plant. So setzt sich die aktuelle Kapazität von 270.000 Tonnen zusammen aus einer Verbrennungslinie à 150.000 Tonnen und einer zirkulierenden Wirbelschichtfeuerung mit einer Kapazität von 120.000 Tonnen. Ersetzt die neue Verbrennungslinie für 150.000 Tonnen die bestehende Wirbelschichtfeuerung für 120.000 Tonnen, bleiben zwei Verbrennungslinien à 150.000 Tonnen übrig – und somit eine neue Anlagenkapazität von 300.000 Tonnen.

„Wir ersetzen in Premnitz eine Anlage mit einer technischen Kapazität von 120.000 Jahrestonnen durch eine zweite Verbrennungslinie mit 150.000 Jahrestonnen“, bestätigt Klaus Piefke, Technikchef von EEW Premnitz. Unter dem Strich würden die rechnerisch 30.000 Tonnen Kapazitätszuwachs benötigt, um auch zukünftig den steigenden Energiebedarf des Industrieparks Premnitz sowie der bestehenden und neuen Fernwärmekunden sicher zu stellen. „Mit der rückläufigen mechanisch-biologischen Abfallbehandlung steigt zudem der Bedarf an Verbrennungskapazität in Müllverbrennungsanlagen und EBS-Kraftwerken“, ergänzt Rüdiger Bösing, Kaufmännischer Geschäftsführer von EEW Premnitz.

Künftig weniger MBA-Kapazität?

In der Tat ist die mechanisch-biologische Abfallbehandlung vielfach auf dem Rückzug. Allein in den letzten drei Jahren wurden drei Anlagen – die MBA Linkenbach, Kaiserslautern und Vorketzin – entweder stillgelegt oder zu biologischen Abfallbehandlungsanlagen umgebaut. Dadurch sind 350.000 Tonnen Behandlungskapazität vom Markt genommen worden. Branchenvertreter rechnen damit, dass auch in Brandenburg die bestehenden MBA-Kapazitäten reduziert werden könnten.

Hinzu kommt der geplante bundesweite Ausstieg aus der Braunkohle, was den Markt für die thermische Entsorgung von Siedlungs- und Gewerbeabfällen erheblich beeinflussen könnte. So setzt unter anderem die Lausitz Energie Kraftwerke AG (LEAG) in Jänschwalde im Südosten Brandenburgs rund 400.000 Tonnen Ersatzbrennstoffe jährlich ein. Außerdem entsorgen viele Betreiber von mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen in Ostdeutschland ihre heizwertreichen Fraktionen in Jänschwalde.

Einwendungen noch bis 6. August möglich

Für den Naturschutzverband BUND ist die geplante Erweiterung der MVA Premnitz aber dennoch nicht hinnehmbar. Der Umweltverband kritisiert unter anderem, dass für die anfallende Abwärme in Premnitz nicht genügend Abnehmer zur Verfügung stehen. Daher sei geplant, eine 20 Kilometer lange Fernwärmeleitung von Premnitz nach Brandenburg an der Havel zu verlegen, die auch Naturschutzgebiete zerschneiden würde.

Durch die Anlage entstehen zusätzlicher Lärm, Gestank, Keime, Staub und Schadstoffe, argumentiert der BUND. Die nächstgelegene Wohnbebauung sei nur 400 Meter entfernt. Betroffen sei auch die Niederung der Unteren Havel, die als Vogelschutzgebiet ausgewiesen ist und nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie geschützt ist. Bei der Verbrennung würden jährlich bis zu 120.000 Tonnen Asche entstehen.

Der BUND hofft nun auf Unterstützung betroffener Bürger. Diese könnten noch bis 6. August Einwendungen gegenüber der Stadt Premnitz oder dem Landesamt für Umwelt erheben, betont der Verband. Das Landesamt für Umwelt entscheidet dann, ob am 26. September ein Erörterungstermin durchgeführt wird, bei dem die Einwendungen diskutiert werden.

 

© 320° | 25.07.2018

Mehr zum Thema
Der längste Streik in der Geschichte der IG Metall
Mehr Fernwärme aus Abfällen: Neue Technologie in MVA Borsigstraße
Dopper führt digitalen Produktpass ein
„Wir bieten moderne Büroräume und günstige grüne Energie“