Streit um Clearingverträge

Was Eva-Maria Schulze, Abteilungsleiterin im Bundeskartellamt, über die verschiedenen Clearingverträge denkt, ist inzwischen bekannt. Doch was hält die zuständige 4. Beschlussabteilung davon? Der Leiter der Abteilung hat sich nun an die dualen Systeme gewandt.

Bundeskartellamt fordert weiterhin einheitlichen Clearingvertrag


Wie schnelllebig der Umgang mit Informationen heutzutage ist, zeigt der Beitrag, den Eva-Maria Schulze, Abteilungsleiterin im Bundeskartellamt, für die Abfallrecht-Fachzeitschrift AbfallR verfasst hat. Der Artikel ist noch nicht einmal veröffentlicht, und doch sind die wesentlichen Inhalte schon verbreitet. Auch Stellungnahmen gibt es dazu schon. Wenn der Artikel erscheinen wird, ist die Diskussion um den Beitrag längst vorbei.

Offen ist allerdings, ob Schulze mit ihrer Einschätzung eine Mehrheitsmeinung im Bundeskartellamt vertritt. Schulze deklariert ihre Einschätzung in dem Zeitschriftenbeitrag als persönliche Auffassung, zeichnet den Artikel aber als Abteilungsleiterin im Bundeskartellamt. Doch abgesehen davon hat ihr Wort in jedem Fall Gewicht: Denn bis vor Kurzem war Schulze Leiterin der 4. Beschlussabteilung, die unter anderem für die Entsorgungswirtschaft zuständig ist. Inzwischen ist sie in gleicher Funktion in die 5. Beschlussabteilung gewechselt und kümmert sich dort um den Maschinen- und Anlagenbau.

„Nur ein von allen Systemen akzeptiertes Regelwerk“

Schulzes Nachfolger als Leiter der 4. Beschlussabteilung ist Eberhard Temme. Einige Beobachter hatten sich bereits gefragt, wie er zu Schulzes Einschätzung steht und ob er über ihren Beitrag in der AbfallR vorab informiert war. Temme sah sich nun zu einer Reaktion veranlasst und schrieb heute Mittag (16. November) einige Zeilen an Vertreter der dualen Systeme und des Bundesumweltministeriums.

Viel geht daraus nicht hervor. Temme weist daraufhin, dass Schulze in dem Beitrag ihre persönliche Meinung in Bezug auf die bislang vorliegenden Einzelverträge äußere. Er selbst will dazu keine Einschätzung abgeben. „Die Beschlussabteilung hält an ihrer Auffassung fest, dass nur ein von allen Systemen akzeptiertes Regelwerk zum Mengenclearing die Voraussetzungen für eine kartellrechtliche Freistellung erfüllen kann und dass sie sich zu der Frage der Kartellrechtswidrigkeit konkurrierender Lösungsvorschläge daher zurzeit nicht äußert“, schreibt er.

Temme stellt damit klar, dass er konkurrierende Clearingverträge nicht akzeptieren will. Schulze hatte in ihrem Beitrag für AbfallR ausgeführt, dass die Existenz von zwei konkurrierenden Clearingverträgen nicht automatisch bedeutet, dass beide Clearingverträge kartellrechtswidrig sind. Grundsätzlich seien also mehrere Verträge zulässig. Temme will das Thema möglicherweise einfangen, bevor es droht, sich zu verselbstständigen.

Unbeantwortet lässt Temme die im Raum stehende Frage, ob er Schulzes Einschätzung zu den beiden Clearingverträgen teilt. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass beide eine ähnliche kartellrechtliche Bewertung der beiden Clearingverträge vornehmen. Schließlich würde es seltsam anmuten, wenn die Abteilungsleiterin einer Bundesbehörde in einem Fachbeitrag unabgestimmt eine andere Sichtweise vertritt als ihr Kollege – erst nicht in einer so wichtigen Phase und erst recht nicht, wenn sie eigentlich gar nicht zuständig ist, sondern ihr Kollege.

Von daher dürfte Eva-Maria Schulze mit ihrem Beitrag keine Einzelmeinung, sondern die Einschätzung des Bundeskartellamts wiedergegeben haben. Auf dieser Basis werden die dualen Systeme nun bis Ende des Jahres einen Kompromiss finden müssen.

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