EU-Abfallgesetzgebung

Zu unkonkrete Begriffe, fehlende Definitionen und zu strenge Anforderungen: Die Bundesregierung hat das vorgeschlagene Kreislaufwirtschaftspaket der EU-Kommission in mehreren Punkten kritisiert und Prüfvorbehalt eingelegt.

Bundesregierung bemängelt Kreislaufwirtschafts-Paket


Die Bundesregierung hat in einem 19-Seiten-Papier Stellung zum Kreislaufwirtschafts-Paket der EU-Kommission bezogen. Grundsätzlich werden die Ziele darin „nachdrücklich unterstützt“. Allerdings seien mehrere zentrale Regelungsvorschläge problematisch. Wir haben die wichtigsten Kritikpunkte für Sie zusammengefasst:

  • Mangelnde Begriffsdefinitionen: Die Bundesregierung kritisiert mehrere Neudefinitionen von Abfallbegriffen. Beispielsweise soll bei „Siedlungsabfällen“ auf Abfallschlüssel verwiesen werden. Bei der vorgeschlagenen strengen Definition zur „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ sieht die Regierung die Gefahr, dass derzeit gängige Wiederverwertungsmaßnahmen nicht mehr akzeptiert werden. Die Definition für „abschließendes Recyclingverfahren“, die für die Ermittlung von Recyclingquoten von zentraler Bedeutung ist, ist der Bundesregierung zu ungenau. Begriffe wie „effektiv aufbereitet“ orientieren sich ihrer Meinung nach an keinerlei Kriterien.
  • Teilweise Umstellung auf delegierte Rechtsakte: In dem Kommissionsvorschlag ist vorgesehen, mehrere Regelungen künftig als sogenannte delegierte Rechtsakten zu behandeln. Das heißt, sie werden als „nicht wesentlich“ betrachtet und können alleine durch eine Entscheidung der EU-Kommission verändert werden – es braucht dabei keine Zustimmung seitens des Rates oder des Parlaments mehr. Das lehnt die Bundesregierung in mehreren Punkten ab. Unter anderem auch im Zusammenhang mit dem Quotenbegriff, da dieser durchaus „wesentlich“ sei. Gleiches gilt beispielsweise für die Mengenschwellen bei abfallrechtlichen Überwachungen und technischen Mindestanforderungen für Abfallbehandlungsanlagen. Auch hier fordert die Regierung bei Änderungen ein Gesetzgebungsverfahren.
  • Abfallende-Regelungen: In dem Kommissionspapier wird vorgeschlagen, dass die Mitgliedsstaaten jeweils bestimmte Stoffe insgesamt nicht mehr als Abfall ansehen. Das lehnt die Regierung mit dem Hinweis ab, dass bisher der Erzeuger oder Besitzer wählen kann – falls der Stoff die Kriterien erfüllt – ob es sich um Abfälle oder Produkte handle. Der jeweilige Staat oder die Behörde soll das nach Auffassung der Bundesregierung nicht allgemeingültig festlegen können.
  • Erweiterte Herstellerverantwortung: Für die Bundesregierung sind die vorgeschlagenen Mindestanforderungen an Systeme zur Herstellerverantwortung zu streng. Sie schränken die nationalen Gestaltungsmöglichkeiten zu sehr ein, so die Kritik. Besser wäre es, die Anforderungen an die Herstellersysteme den Mitgliedsstaaten selbst zu überlassen.
  • Abfallvermeidung: Zwar werden die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Abfallvermeidung grundsätzlich begrüßt, doch die Ausgestaltung sei mangelhaft. So würden in dem Kommissionsvorschlag Messungen zum Erfolg von Abfallvermeidungsprogrammen verlangt, aber keine Messmethoden definiert. Auch für die Berichterstattung müssen noch Methoden entwickelt werden.
  • Förderung der Wiederverwendung: Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab, dass Wiederverwendungs- und Reparaturnetzwerke Zugang zu E-Schrott-Sammelstellen bekommen. Ein ungehinderter Zugang von Wiederverwendungseinrichtungen zu Sammelstellen könne große Probleme mit Blick auf die Überwachung der Abfälle verursachen.
  • Berechnungsmethode von Quoten: An mehreren Stellen macht die Regierung klar, dass ihnen konkrete Aussagen zu den Quotenberechnungen fehlen. Bei den Siedlungsabfällen beispielsweise wird kritisiert, dass nicht bestimmt wird, bei welchem Verarbeitungsschritt die Berechnung stattfindet. Ähnliches gilt für Verpackungsabfälle.
  • Deponieverbot: Die vorgeschlagene Regelung – das Deponieverbot für getrennt gesammelte Abfälle – gehen der Bundesregierung nicht weit genug. Es sollen vielmehr Anforderungen an alle abzulagernden Abfälle gestellt werden. In diesem Zusammenhang wird auch eine jährliche Berichtserstattungspflicht abgelehnt – die bisherige offizielle Statistik solle beibehalten werden.

Aufgrund ihrer Bedenken hat die Bundesregierung einen allgemeinen Prüfvorbehalt eingelegt: „Die Legislativvorschläge bedürfen einer detaillierten Prüfung, insbesondere im Hinblick auf rechtliche Konsistenz, praktische Umsetzbarkeit, Vollzugstauglichkeit, Finanzierbarkeit und die ökologischen wie ökonomischen Auswirkungen“, so die Begründung.

Ein Prüfvorbehalt wird eingelegt, wenn die Regierung ihre Position noch nicht als abgeschlossen ansieht und sich die Möglichkeit verschaffen will, im Gesetzgebungsprozess nochmal etwas zu verändern, erklärt ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. Außerdem könne so die Regierung im weiteren Verfahren ihre Position auch noch verändern und den Gesetzestext erneut überprüfen.

© 320°/ek | 19.04.2016

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