Problematische Entsorgung von Carbonfasern

Noch existiert kein ausgereiftes Verfahren, um CFK-Abfälle ohne Qualitätsverlust der Fasern zu recyceln. Aber auch die Verbrennung ist kein Königsweg. Im Gegenteil: Sie birgt beträchtliche Risiken.

CFK-Fragmente verstopfen Filteranlagen


Carbonfasern bereiten bei der thermischen Entsorgung gravierende Probleme. Denn in der Regel ist die Aufenthaltszeit der Fasern in den heißen Zonen von Müllverbrennungsanlagen (MVA) zu kurz. Ihre vollständige Verbrennung ist also nicht gewährleistet. Die Fasern werden während der Verbrennung lediglich in kleinere Faserfragmente zersetzt, erklärte Peter Quicker, Professor an der RWTH Aachen, gestern bei der Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz. Diese Fragmente könnten Gewebefilteranlagen verstopfen und durch ihre Leitfähigkeit Kurzschlüsse, Stromausfälle oder im Extremfall sogar Brände in elektrostatischen Abscheidern auslösen.

Was aber noch bedenklicher ist: Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) stellen bei der Verbrennung in MVA eine potenzielle Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. „Untersuchungen haben gezeigt, dass sich aus den CFK-Materialien bei Temperaturen oberhalb von 650 °C ein Partikelstaub aus mikroskopisch kleinen Carbonfasern bildet, der die Atemwege ungehindert passieren und somit in die Lunge gelangen kann“, erläutert Quicker. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin stuft Carbonfaser-Splitter in ihren Technischen Regeln für Gefahrstoffe sogar als krebserregende Stoffe ein.

Geeigneter zur thermischen Entsorgung von Carbonfasern scheinen Sonderabfallverbrennungsanlagen zu sein. Allerdings existiert in Deutschland nur eine einzige Sonderabfallverbrennungsanlage, in der CFK-Abfälle verbrannt werden, und zwar in der Anlage der GSB Sonderabfall-Entsorgung Bayern. Zudem seien laut Quicker CFK-Partikel mit einer Länge von weniger als 3 Mikrometer auch in Schlacken aus Sonderabfallverbrennungsanlagen gefunden worden.

Negativer Nebeneffekt der Pyrolyse

Am besten und ganz im Sinne der Abfallhierarche wäre es, wenn CFK-Abfälle nicht in die Verbrennung gehen, sondern stofflich verwertet würden. Aber eine hochwertige Wiederverwertung ist bislang noch ein schwieriges Unterfangen. Vor allem für Aufbereiter von Altfahrzeugen stellt der Trend zu Leichtbaumaterialien wie CFK ein ernsthaftes Problem dar.

Um überhaupt wiederverwertet werden zu können, müssen zunächst die von einer Matrix umgebenen Carbonfasern freigelegt werden. Am wirksamsten und auch am wirtschaftlichsten könne das mittels thermochemischer Behandlungsverfahren geschehen, so Quicker. Vor allem die Pyrolyse sticht hier positiv hervor.

„Bei der Pyrolyse zerfällt die Matrix in Pyrolysegase, hauptsächlich Kohlenmonoxid, Wasserstoff, Methan und andere, vorwiegend kurzkettige Alkane“, erklärte der Abfallwirtschaftsprofessor. „Die Pyrolysegase können verbrannt werden und somit die für den Prozess notwendige Energie liefern.“ Ein weiterer Pluspunkt der Pyrolyse: Eine thermische Schädigung der Fasern durch Temperatureinwirkung in inerter Atmosphäre kann ausgeschlossen werden. Quicker verweist dabei auf Untersuchungen, die gezeigt hätten, dass auch bei hohen Temperaturen kein Gewichtsverlust der reinen Fasern auftritt.

Allerdings gibt es bei der Pyrolyse auch einen negativen Effekt. Beim Zerfall der Matrix bleibt nämlich Kohlenstoff in Form von Ruß oder Carbonisat als fester Rückstand auf den Fasern zurück. „Die Pyrolyseprodukte sind deswegen steif, brüchig und nur schwer zu vereinzeln“, erklärt Quicker. „Eine hochwertige Wiederverwertung der so gewonnenen Fasern ist kaum möglich.“

Um die Fasern von den carbonisierten Matrixresten zu befreien, könne eine Oxidation der Rückstände mit Sauerstoff erfolgen. Dabei ist aber eine Faserschädigung laut Quicker nicht auszuschließen. „In der Praxis werden auf diese Art Recyclingfasern gewonnen, die etwa 30 bis 80 Prozent der Zugfestigkeit von neuen Fasern besitzen.“ Und das ist zu wenig, um Recyclingfasern wieder in hochwertigen neuen Produkten einsetzen zu können.

Alternative Entsorgungsverfahren müssen gefunden werden

Aufgrund all dieser Probleme, die CFK in den etablierten Entsorgungsverfahren verursachen, müssen alternative Entsorgungsverfahren gefunden werden. Eine technisch sichere und schadlose Entsorgung wird umso dringlicher, da das Aufkommen von nicht mehr sinnvoll verwertbaren CFK-Abfällen in Zukunft steigen wird.

„Die Qualität von Entsorgung und Recycling muss verbessert werden, um einen nachhaltigen Umgang mit Carbonfasern als Werkstoff zu gewährleisten“, betonte Quicker bei der Berliner Konferenz. Selbst bei einem optimalen Recycling werden immer auch Carbonfasern von geringer und nicht ausreichender Qualität anfallen, die in geeigneten Anlagen thermisch entsorgt werden sollten.

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