Recycling von alten technischen Textilien

Ab kommendem Jahr will das belgische Chemieunternehmen Solvay ausgediente technische Textilien industriell aufbereiten. Geplant ist, mit Airbags zu beginnen. Eine großtechnische Anlage wird derzeit in Polen errichtet.

Chemiekonzern Solvay will Airbags wiederverwerten


Im polnischen Gorzów (Verwaltungsbezirk Lebus), etwa 60 Kilometer von Frankfurt/Oder entfernt, werden voraussichtlich 2016 die ersten Airbags recyelt. Eine großtechnische Anlage wird derzeit von Engineering Plastics gebaut, einer Tochter des belgischen Chemiekonzerns Solvay. Das Projekt läuft unter dem Namen ‚Move4earth’ und wurde über das Life+-Programm von der EU-Kommission gefördert.

Ziel des Projekts war es, ein Verfahren zu entwickeln, um den Kunststoff Polyamid 6.6 (PA 6.6) – auch als Nylon bekannt – aus alten technischen Textilien zurückzugewinnen. Das sei nun zunächst bei Airbags gelungen, heißt es von Seiten Solvay. „Mehr als 70 Prozent aller Automobil-Airbags in Europa werden aus silikonbeschichteten Nylongewebe hergestellt, meist auf Basis von PA 6.6“, sagt Richard Bourdon, Leiter des Projekts Move4earth bei Solvay. Bislang habe es noch keine nachhaltige Lösung gegeben – und das obwohl die EU hohe Vorgaben für die Wiederverwendung und das Recycling von Materialien in Fahrzeugen macht.

Verwendung für Nebenprodukt gesucht

Zur Technologie selbst ist nur wenig bekannt. Nur soviel: Sie basiert darauf, dass im Prozess die Silikonbeschichtung vom Airbag-Gewebestoff getrennt wird. Dazu werden die ausgedienten Airbags in einem ersten Schritt zerkleinert. Anschließend geht das Material in ein chemisches Bad. Dabei löst sich laut Solvay das Silikon vom Polyamid, das zum Schluss compoundiert werden kann.

Im Ergebnis erhält der Chemiekonzern nach eigener Aussage ein hochwertiges Polyamid 6.6-Rezyklat (85 Prozent des Inputs) mit Eigenschaften ähnlich denen von Neuware. Als Nebenprodukt falle zu 15 Prozent Silikon an. Dafür werde derzeit noch nach einer geeigneten Verwendung gesucht.

Einen Markt für recyceltes Polyamid 6.6 sieht Solvay indes heute schon: „Die Nachfrage nach kosteneffizienten und leistungsfähigen Kunststoffrecyclaten wird in allen europäischen Märkten zunehmen“, ist sich Peter Browning, General Manager bei Solvay Engineering Plastics sicher. Treiber sei zum einen, die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen und deren volatilen Preisen zu minimieren. Darüber hinaus wolle die Branche auf mögliche Gesetzesänderungen der EU hinsichtlich umweltverträgliches Design und Recycling vorbereitet sein.

Für genügend Ausgangsstoff ist wohl gesorgt. Allein in Europa landen laut Solvay bis zu 10.000 Tonnen Airbag-Abfälle pro Jahr auf der Deponie.

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