Markt für Altpapier

Chinas schärfere Qualitätskriterien für importierte Abfälle treffen nun auch die Altpapierbranche: In diesem Jahr werden die Altfasereinfuhren wohl sinken. Doch möglicherweise ist das erst der Anfang. Denn andere asiatische Länder könnten China nacheifern.

China macht es vor – Ziehen andere nach?


Die chinesische Regierung will bis 2035 ihre Umweltprobleme in den Griff bekommen. Eine erste Maßnahme dafür sind schärfere Qualitätskriterien für importierte Abfälle, die Anfang des Jahres in Kraft getreten sind. Die Auswirkungen machen sich nun allmählich bemerkbar.

Der Weltrecyclingverband BIR erwartet, dass China in diesem Jahr 15 bis 17 Millionen Tonnen weniger Altfasern ins Land lassen wird. „Die bis Ende April erteilten Einfuhrlizenzen beliefen sich auf insgesamt fast 10,9 Millionen Tonnen – und 50 bis 60 Prozent dieser Lizenzen wurden bereits genutzt“, rechnete BIR-Präsident Ranjit Baxit, bei der BIR-Frühjahrstagung in Barcelona vor. 2015 nahm China noch nahezu 29 Millionen Tonnen Altfasern ab.

Entsprechend lagen Chinas Importe im ersten Quartal 2018 bei nur noch 3,5 Millionen Tonnen. Gegenüber dem Vorjahresquartal gingen die Einfuhren damit um 1,9 Millionen Tonnen zurück. Aus den amerikanischen Ländern stammten rund 2,6 Millionen Tonnen der chinesischen Einfuhren, aus Europa lediglich knapp 720.000 Tonnen.

Trotz des Rückgangs sieht der Präsident der BIR-Papiersparte, Jean-Luc Petithuguenin, die chinesischen Qualitätskriterien positiv: „China treibt unsere Industrie in die richtige Richtung, um eine bessere Materialqualität zu produzieren.“ Ein Unternehmen mit der richtigen Ausrüstung sei in der Lage, den von den chinesischen Behörden festgelegten Qualitätsstandard zu erreichen, so Petithuguenin, der zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrats des Konzerns Paprec Recyclage in Frankreich ist. Sein Unternehmen verkaufe nun mehr nach China als vorher.

Andere Länder eifern China nach

Ebenso wichtig, wie die Auswirkungen von Chinas Importpolitik, war in Barcelona die Frage, ob der Kurs der chinesischen Regierung Schule in Asien machen könnte. BIR-Präsident Baxit beklagte in Barcelona einen Trend, einseitig Vorschriften aufzuerlegen. Manchmal führten die Länder Vorschriften ein, die die Recyclingbranche massiv tangierten – zum Teil sogar ohne Vorwarnung. Als Beispiel nannte er Indonesien. Die dortige Regierung kontrolliert seit April die Einfuhren von „nicht toxischen und nicht gefährlichen Abfällen“, einschließlich Altpapier. Im Zusammenhang mit Kunststoffabfällen wurden in Barcelona auch die Länder Thailand, Vietnam und Malaysia genannt.

Für Robin Wiener, Präsidentin des amerikanischen Institute of Scrap Recycling Industries (ISRI), gibt die Entwicklung Anlass zur Sorge. Aus ihrer Sicht führten die neue Regelungen zu mehr Fragen und Unsicherheiten für die Recyclingindustrie. Beispielsweise seien Chinas Vorschriften über Kontaminationsschwellen für Altpapierimporte immer noch nicht in Gänze geregelt. Und auch die Umsetzung vor Ort kritisierte sie: „Wenn Inspektoren Zweifel haben, wird die Charge eher abgelehnt als angenommen.“

 

© 320°/bs | 04.06.2018

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