Nutzung der Abwärme

Auf dem Dach einer Schweizer Müllverbrennungsanlage wird seit heute Kohlendioxid aus der Luft gefiltert. Die dafür benötigte Energie wird zum Großteil aus der Abwärme der MVA gewonnen. Nutznießer der neuen Filteranlage sind benachbarte Gewächshäuser.

CO2-Filteranlage auf dem Dach einer MVA


Das Schweizer Unternehmen Climeworks hat die weltweit erste CO2-Filteranlage in Betrieb genommen. Der Clou: Die Anlage ist auf dem Dach der Müllverbrennungsanlage des Zweckverbands Kehrrichtverwertung Zürcher Oberland (KEZO) in Hinwil installiert. Ein Großteil der für den Anlagenbetrieb benötigten Energie wird aus der Abwärme der MVA gewonnen.

Die Filteranlage ist in drei Schiffscontainern untergebracht und enthält laut Climeworks insgesamt 18 CO2-Kollektoren. Ein weiterer Container beinhaltet die Steuerungs- und Überwachungstechnik. Der Filterprozess wird durch die sogenannte Direct Air Capture-Technologie realisiert.

Zunächst wird dazu Umgebungsluft angesaugt und anschließend durch die patentierte Filterstruktur im Inneren der Container geleitet. Dabei wird Kohlendioxid chemisch an der Oberfläche des porösen Filtermaterials gebunden – ähnlich einem Schwamm. Ist das Material gesättigt, wird es auf circa 100 Grad Celsius erhitzt.

In der Folge löst sich das CO2 und wird als hochreines Gas über eine unterirdische Rohrleitung in die 400 Meter entfernten Gewächshäuser der Gebrüder Meier AG geleitet. Dort werden unter anderem Gurken und Tomaten angebaut. Wie es seitens Climeworks heißt, erhält das Unternehmen bis zu 900 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr.

Weitere Anlagen sind geplant

„Durch die kontinuierliche Belieferung muss kein industrielles, fossiles CO2 mehr per Lkw antransportiert und in Tanks zwischengespeichert werden“, so Climeworks. Ein weiterer Vorteil sei, dass der Zweckverband Kehrrichtverwertung Zürcher Oberland einen Teil seiner Abwärme verwerten kann. Denn 80 Prozent der benötigten Energie für den Filterprozess (Ablösen des Kohlendioxids) stammen aus der Müllverwertungsanlage.

Die CO2-Filteranlage auf dem Dach der MVA soll in den kommenden drei Jahren als Demonstrationsprojekt dienen und wird vom Bundesamt für Energie (BFE) hinsichtlich der nicht amortisierbaren Kosten gefördert. Für Climeworks ist das Projekt der erste Schritt. In den kommenden Monaten will das Unternehmen weitere kommerzielle Pilotprojekte mit seinem modularen System in Schlüsselmärkten umsetzen, etwa der Lebensmittel- und Getränkebranche, dem Energiesektor und der Automobilindustrie. Zudem soll in der Kombination mit unterirdischer Speicherung auch die Erzeugung negativer Emissionen zur Bekämpfung der globalen Klimaerwärmung erprobt werden.

„Hoch skalierbare negative Emissionstechnologien sind zum Erreichen des 2-Grad-Ziels der Weltgemeinschaft unerlässlich“, sagt Christoph Gebald, Mit-Gründer und Geschäftsführer der Climeworks AG. „Die DAC-Technologie bietet hierfür unzählige Vorteile und ist in Kombination mit unterirdischer Speicherung bestens geeignet. Daher arbeiten wir jeden Tag hart daran, unsere Mission, bis 2025 ein Prozent der globalen CO2-Emissionen aus der Luft zu filtern, zu erreichen.“ Dazu, so Gebald, seien 250.000 DAC-Anlagen wie in Hinwil notwendig.

Mehr zum Thema
So lassen sich Lederreste upcyceln
Recycling von Solarmodulen: Jetzt auch für Silber
Die neue Abfall­­­verbringungsverordnung kann kommen
KI sortiert Kunststoffe für Lebensmittel­verpackungen
Forscher: Plastik ist viel großräumiger verteilt als vermutet
UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott
Forscher entwickeln Lkw-Front, die Leben retten soll