WEEE-Richtlinie

Die Umsetzung der WEEE-Richtlinie zum Umgang mit Elektroschrott ruft immer noch Kritik hervor. Während ganze Industriezweige die Vorgaben ohne Konsequenzen ignorieren können, werden KMU bei kleinsten Vergehen verfolgt, beklagen Branchenvertreter. Sie fordern einen funktionierenden Vollzug ein.

„Damit werden die Ehrlichen vom Markt verdrängt“


Zwischen politischem Anspruch und der Wirklichkeit klafft oft eine große Lücke. So auch bei der Umsetzung der WEEE-Richtlinie zum Umgang mit Elektronikschrott. Nicht nur, dass einige mit der Revision des ElektroG einhergehende Neuerungen nicht praxistauglich umgesetzt werden. Es gibt auch keinen wirkungsvollen Vollzug.

Das sind nur zwei der Kritikpunkte, die Jochen Stepp, Geschäftsführer des Elektro-Rücknahmesystems take-e-way Mitte Oktober bei einem Seminar des Verbands im bayerischen Hohenkammer äußerte. Demzufolge ignorieren ganze Industriezweige das ElektroG und werden trotzdem nicht sanktioniert, während kleine Hersteller bei kleinsten Vergehen verfolgt werden.

Zu diesen Industriezweigen zählt laut Stepp auch die Autoindustrie. Diese müsste eigentlich eine größere Menge an Ersatzteilen bei der Stiftung ear registrieren lassen. „Das ist aber zu aufwendig. Daher spielen viele Konzerne einfach nicht mit“, kritisierte der Geschäftsführer.

Zu viele offene Rechtsfragen erschweren Vollzug

„Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein“, befand Stepp. Die Behörden müssten in die Lage versetzt werden, die Gesetzesverweigerer effizient zu verfolgen – auch wenn sie kommunal sind. Zudem sollten sie diejenigen, die die Gesetze befolgen, unterstützen und nicht bei kleinsten Fehlern mit Ordnungswidrigkeiten bedrohen.

Vor allem bei der Rücknahmepflicht der Vertreiber finde kaum eine behördliche Überwachung statt. „Die einzige, die in dieser Richtung tätig wird, ist die Deutsche Umwelthilfe“, kritisiert Stepp. Darüber hinaus gebe es kein praxistaugliches Register der verpflichteten Rücknahmestellen.

Nicht zuletzt werde ein wirkungsvoller Vollzug in diesem Bereich unter anderem auch dadurch erschwert, dass es zu viele offene Rechtsfragen gebe. „Wie soll ein mittelständischer Unternehmer Gesetze befolgen, deren Inhalte selbst den zuständigen Behördenmitarbeiter nicht immer verständlich sind?“, fragte der take-e-way-Geschäftsführer.

Wenn sich am Vollzug nichts ändert, könnte das tiefgreifende Konsequenzen haben. „Denn diejenigen, die viele Gesetze nicht befolgen, erhalten dadurch in einigen Bereichen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Damit können sie die Ehrlichen vom Markt verdrängen“, sagte Stepp.

Online-Handel: Behörden machtlos beim illegalen Wettbewerb

Besonders beim Online-Handel scheint die Nachverfolgung durch überwachende Behörden löchrig zu sein. „Der Online-Handel unterliegt einem erheblichen Wettbewerbsdruck durch ausländische Anbieter. Diese bieten ihre Produkte teilweise über Plattformen an und umgehen dabei des Öfteren die gesetzlichen und/oder steuerlichen Anforderungen“, wie Stepp erklärte. Dadurch würden sie einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber gesetzestreuen Anbietern gewinnen.

Take-e-way habe deshalb bei der zuständigen Behörde nachgefragt, was dagegen unternommen werde. Die Antwort war wenig erfreulich. „Wir haben die Antwort erhalten, dass man dagegen nicht vorgehen könne“, sagte Stepp.

Herstellerrücknahme oft undurchführbar

Einen Nachsteuerungsbedarf sieht Stepp auch bei der Herstellerrücknahme. Bei einer freiwilligen Rücknahme des Herstellers muss dieser die zurückgenommenen Altgeräte gemäß Geräteart und Gewicht bis zum 15. des Folgemonats in das EAR-System melden. Diese Regelung bezeichnet Stepp als „praxisfremd“.

Gelingt dem Hersteller die fristgerechte Meldung trotzdem, müsse er mit einer Gebühr rechnen, deren Höhe er nicht einschätzen könne. Laut Stepp erstreckt sie sich von annähernd 34 Euro bis etwas mehr als 3.365 Euro. Zusätzlich könne es sein, dass ein Sachverständigentestat eingefordert werde. Dessen Kosten seien ebenfalls eine unbekannte Größe.

Die Konsequenz: „Die Herstellerrücknahme, die aus unserer Sicht die konsequente Produktverantwortung verkörpert, wird durch den Gesetzesgeber in vielen Fällen undurchführbar gemacht“, kritisierte Stepp. Gerade für kleinere Firmen werde sie teilweise auch unkalkulierbar gemacht.

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