Neue Beschäftigungsformen

Flexibilität steht bei Arbeitnehmern hoch im Kurs. Drei Viertel der Mitarbeiter in deutschen Firmen möchten ihre Arbeit flexibel an ihre aktuelle Lebenssituation anpassen können. Wird das klassische Angestelltenverhältnis zum Auslaufmodell?

Das Angestellten-Verhältnis als Auslaufmodell?


Wer sich heute gegen ein klassisches Angestelltenverhältnis entscheidet, tut dies nicht aus Not, sondern weil flexible Arbeitsmodelle mehr Vorteile versprechen. Mehr als drei von vier Menschen (77 Prozent), die in Form von Projekt- und Zeitarbeit, Zeitverträgen oder freiberuflicher Tätigkeit flexibel arbeiten, haben sich bewusst dafür entschieden. Das ist eines der Ergebnisse aus der Studie „NextGen: Arbeitsmodelle der Zukunft“ für die die ManpowerGroup 9.500 Menschen in zwölf Ländern befragt hat.

Die neuen Formen, berufliche Aufgaben zu erledigen, lassen sich zusammenfassen als Arbeitsmodelle der nächsten Generation – als NextGen-Arbeit. Sie scheinen für große Teile der Bevölkerung in Deutschland attraktiv zu sein. 83 Prozent der Menschen, die flexibel arbeiten, möchten das auch in Zukunft tun. Und sieben von zehn Festangestellten (71 Prozent) halten es für möglich, dass auch sie sich in naher Zukunft für ein flexibles Arbeitsmodell entscheiden.

Viele suchen Alternativen zum klassischen Angestelltenverhältnis

„Viele Menschen entscheiden sich heute bewusst für Alternativen zum klassischen Angestelltenverhältnis, weil sie dadurch mehr Möglichkeiten sehen, sich auszuprobieren oder Arbeitsleben und Familie besser in Einklang zu bringen“, sagt Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland. „Zugleich bietet NextGen-Arbeit die Chance, sich permanent weiterzuentwickeln und so den eigenen Wert auf dem Arbeitsmarkt zu steigern.“

78 Prozent der Menschen, die flexibel arbeiten, schätzen daran die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erwerben. Doch auch Menschen in klassischen Arbeitsverhältnissen erkennen häufig die Vorteile von NextGen-Arbeitsmodellen. 31 Prozent der Befragten schätzen diese Modelle wegen der Möglichkeit, verschiedene Stellen und Positionen auszuprobieren.

Knapp jeden Fünften (19 Prozent) reizen die zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten. Ebensoviele schätzen die Möglichkeit, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. „Flexibler zu arbeiten als bisher, entspricht den Bedürfnissen vieler Arbeitnehmer. Die Unternehmen müssen nun die richtigen Voraussetzungen schaffen, um diesen Menschen das zu bieten, was sie wollen. Flexibilität, Verantwortung und Beschäftigungssicherheit schließen einander nicht aus“, sagt Herwarth Brune.

Deutschland hinkt hinterher

Aber trotz der Offenheit vieler Beschäftigter für flexible Arbeitsmodelle ist Deutschland kein Vorreiter auf diesem Gebiet. Im Gegenteil: Zusammen mit den Niederlanden und Japan gehört Deutschland zu den Ländern mit der vergleichsweise geringsten Akzeptanz für NextGen-Arbeit.

In Schwellenländern wie Indien und Mexiko, aber auch in Industrienationen wie den USA, Großbritannien, Italien und Australien ist es selbstverständlicher, auf Alternativen zum klassischen Angestelltenverhältnis zu setzen. Dort zeigen die Befragten durchweg eine größere Offenheit für alternative Arbeitsmodelle.

Hierzulande steht bei 38 Prozent der Befragten der Wunsch im Vordergrund, mit einem NextGen-Arbeitsmodell die Zeit bis zu einer längerfristigen, unbefristeten Stelle zu überbrücken. International erwähnt nur jeder Vierte (25 Prozent) die Warteposition als Motiv. Vielmehr steht weltweit die Möglichkeit, nach Bedarf dazuzuverdienen, meist im Vordergrund, wenn Menschen flexibel arbeiten.

Insgesamt werden von deutschen Befragten die Potenziale flexibler Arbeitsmodelle, das eigene Arbeitsleben im positiven Sinne zu prägen, relativ selten genannt. Das deutet darauf hin, dass das Thema Flexibilisierung der Arbeit hier noch vielfach mit Vorbehalt gesehen wird. Das überrascht – plädieren doch mittlerweile sogar Gewerkschaften für mehr Flexibilität bei den Arbeitsmodellen.

So fordert die IG Metall in ihrer aktuellen Tarifrunde etwa, dass Beschäftigte auf Wunsch ihre Arbeitszeit temporär auf bis zu 28 Stunden pro Woche reduzieren können. Nach Ansicht der Gewerkschafter sollen die Arbeitszeiten sich dem Leben anpassen – und nicht andersherum.

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