Recyclingquote in Deutschland

Die DGAW hatte schon für 2012 vorgerechnet, dass die tatsächliche Recyclingquote in Deutschland deutlich niedriger ist als die offizielle. Die neuesten Zahlen für 2015 zeigen, dass sich daran wenig geändert hat. Die neuen Vorgaben der EU könnten für Deutschland schwer zu erreichen sein.

„Das Ergebnis ist desillusionierend“


Die offizielle Recyclingquote für 2015 in Deutschland liegt bei 67 Prozent, doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in die offizielle Quote werden alle Abfälle eingerechnet, die als Input in ein Aufbereitungsverfahren eingehen – unabhängig davon, ob diese Abfälle im weiteren Verlauf stofflich oder energetisch verwertet werden. Die tatsächliche Recyclingquote liegt dadurch deutlich niedriger – nach Berechnungen der DGAW für das Jahr 2012 bei unter 40 Prozent.

Daran hat sich offenbar nicht viel geändert. Das zeigen die neuen Berechnungen, die DGAW-Ehrenpräsident und CEO der Beratungsgesellschaft TOMM+C, Thomas Obermeier, und seine Kollegin Sylvia Lehmann für 2015 vorgenommen haben. Sie kommen zum Ergebnis, dass die tatsächliche Recyclingquote immer noch zwischen 36 und 40 Prozent liegt. „Das Ergebnis ist desillusionierend“, resümieren die beiden Autoren.

Zur Ermittlung der tatsächlichen Recyclingquote für 2015 haben Obermeier und Lehmann die stofflich verwerteten Mengen anhand einer Input-Outputanalyse von Anlagendaten des Statistischen Bundesamtes beziehungsweise anhand von aktuellen Veröffentlichungen zu Abfallarten bzw. Abfallbehandlungsanlagen ermittelt. Dabei kamen folgende Ergebnisse zu Tage:

  • Bei getrennt gesammelten Fraktionen werden aus Altpapier in den Altpapiersortieranlagen 87 Prozent stofflich verwertet. Bei der Altglasaufbereitung beträgt die Quote 89 Prozent, bei LVP 50 Prozent. Metalle werden zu 93 Prozent und Holz zu 27 Prozent stofflich verwertet. Andere Quellen gehen für Sortieranlagen für Kunststoffe und LVP von einer Verwertungsquote von 20 bzw. 30 Prozent aus.
  • Bei getrennt gesammelten Bio- und Grünabfällen, die in Kompostwerken und Vergärungsanlagen behandelt werden, zeigt die Analyse, dass Bioabfallkompostierungsanlagen 45 Prozent und Grünabfallkompostierungsanlagen 60 Prozent des Inputs als Produkte bzw. Sekundärstoffe abgeben. Davon sind 97 bzw. 83 Prozent Kompost, der wieder dem Bodenkreislauf zur Verfügung gestellt wird. Der Rest wird biologisch abgebaut, ein geringer Störstoffanteil wird auch energetisch verwertet.
  • Das gleiche gilt grundsätzlich auch für Vergärungsanlagen: Hier werden 79 Prozent stofflich verwertet, davon 80 Prozent als Gärrückstände, welche überwiegend in der Landwirtschaft zur Bodenverbesserung eingesetzt werden.
  • Insgesamt liegt somit die Recyclingquote für Bioabfall bei 59 Prozent, wobei geschätzt 41 Prozent der Abfälle in Vergärungsanlagen und 59 Prozent in Bioabfallkompostierungsanlagen behandelt werden.
  • Für Grünabfälle liegt die Recyclingquote bei 62 Prozent, wobei 12 Prozent in Vergärungsanlagen und 88 Prozent in Grünabfallkompostierungsanlagen behandelt werden.
  • Für die gewerblichen biologisch abbaubaren Küchen- und Kantinenabfälle wird die überwiegende Behandlung in Vergärungsanlagen mit einer Recyclingquote von 79 Prozent und für die Marktabfälle eine den Bioabfällen vergleichbare Behandlung mit einer Recyclingquote von 59 Prozent angenommen.
  • Insgesamt wurden 2015 rund 4,2 Millionen Tonnen Bioabfall getrennt erfasst. Dies entspricht einer durchschnittlichen Erfassungsmenge von 51 kg/Ew,a. Bei einem weiteren Ausbau der getrennten Erfassung können ggf. 60 kg/Ew,a erreicht werden und damit rund 4,9 Millionen Tonnen pro Jahr. Dies entspricht einer Erhöhung der Recyclingquote um lediglich 1 Prozent (0,7 Mio. t/a).
  • Hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, die in Sortieranlagen (MA) behandelt werden, werden je nach Marktlage nur zu etwa 13 bis 20 Prozent stofflich verwertet. Rund 80 bis 87 Prozent der Eingangsmenge bleiben Abfall zur energetischen Verwertung. Die neue Gewerbeabfallverordnung, die in 2017 in Kraft getreten ist, wird hier durch die explizite Verpflichtung zur getrennten Erfassung von Wertstoffen (PPK, Glas, Kunststoff, Metall, Holz, Textilien, Bioabfall) und die Erhöhung des Outputs an Wertstoffen aus den Gewerbeabfallsortieranlagen (85 Prozent Sortierquote und 30 Prozent Recyclingquote ab 01.01.2019) zu deutlichen Verbesserungen führen, sofern die Umsetzung durch die zuständigen Behörden entsprechend kontrolliert wird.
  • Ausgehend von der Behandlung der Summe der gemischten Gewerbeabfälle lässt sich die stofflich verwertete Menge von 0,4 Millionen Tonnen (7 Prozent Recyclingquote) auf 3,7 Millionen Tonnen pro Jahr (rund 60 Prozent Recyclingquote) steigern.
  • Bezogen auf ein Siedlungsabfallaufkommen von 51,6 Millionen Tonnen in 2015 ließe sich die Recyclingquote so um 6 Prozent (3,3 Millionen Tonnen) steigern.

Gleichwohl ist davon ausgehen, dass die Recyclingquote in Deutschland künftig deutlich niedriger ausfallen wird. Grund ist die geplante Änderung der Berechnungsform im Rahmen des EU-Kreislaufwirtschaftspaketes. Demnach ist laut Obermeier und Lehmann geplant, dass sich die Ermittlung der Recyclingquote

  • auf den Input in den finalen Recyclingprozess bezieht, wobei keine weitere mechanische Sortierung notwendig ist und die Abfälle direkt in einen Produktionsprozess einmünden, welcher die Wiederaufbereitung zu Produkten, Materialien oder Substanzen zum Ziel hat;
  • auf den Input in den Re-Use Prozess bezieht, wobei das Material alle notwendigen Überprüfungen, Säuberungen, Reparaturen durchlaufen hat und die Wiederverwendung ohne weitere Sortierung oder Vorbereitung erfolgen kann;
  • auf den Output von Sortieranlagen bezieht, welcher einem finalen Recyclingprozess zugeführt wird, wobei der Anteil der Abfälle, welche deponiert oder energetisch verwertet werden weniger als 10 Prozent beträgt.

Für Deutschland würde dies dazu führen, dass die Recyclingquote im Jahr 2015 nur noch 47 bis 52 Prozent betragen würde, rechnet Obermeier vor. Deutschland müsse daher erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die innerhalb der EU diskutierten Recyclingquoten auf Grundlage der neuen Berechnungsmethode zu erreichen.

Bislang liegen für die Anhebung der Recyclingquoten drei Vorschläge vor: Die EU-Kommssion will die Recyclingquote für Siedlungsabfall ab 2025 auf 60 Prozent erhöhen. Ab 2030 soll die Quote dann 65 Prozent betragen. Das EU-Parlament fordert eine Quote von 70 Prozent ab 2030. Der EU-Rat schlägt eine Recyclingquote von 50 Prozent ab 2025 und 60 Prozent ab 2030 vor.

Im sogenannten Trilogverfahren versuchen die drei europäischen Institutionen nun, einen Kompromiss zu finden. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 26. September 2017 statt.

Mehr zum Thema
Landgericht München muss Lkw-Kartellprozess neu aufrollen
Fragen und Antworten zum PET-Markt in Europa
Institute senken Konjunkturprognose – Nur noch Miniwachstum
Die neue Abfall­­­verbringungsverordnung kann kommen
Verpackungsmüll: Warum bayerische Kommunen weiterhin auf das Bringsystem setzen
„Noch wenig Hinweise auf konjunkturelle Belebung“
Zu viel Bürokratie: „Das macht manche Firmen verrückt“
UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott
Regierung in Sachsen beschließt Förderung der Kreislaufwirtschaft
Videoüberwachung an Containern ist „schwieriges Thema“
EU-Länder unterstützen Verpackungs­verordnung