Streit um Altpapier

Auch in Oldenburg will die dortige Stadtverwaltung die gewerbliche Sammlung unterbinden: Stadttonne statt Blaue Tonne. Die vor Ort tätige ARGE aus drei privaten Entsorgern will klagen.

„Das passt zu meinem Gefühl für Gerechtigkeit“


Die Pressemitteilung der Stadt Oldenburg klingt erstmal beruhigend. Die Bürger der Stadt könnten aufatmen, sie bräuchten nicht zu befürchten, dass künftig zwei große Altpapiertonnen auf dem Grundstück lagern müssen. Warum, stellt die Stadtverwaltung auch klar: Die blaue ARGE-Tonne werde überflüssig, wenn die Stadttonne ausgeliefert wird.

Und das soll schon möglichst bald geschehen. Im November will die Stadt ihre eigene Tonne einführen. In einem schriftlichen Angebot an die ARGE von Ende August schlägt die Stadt vor, wie der Wechsel vonstatten gehen soll. Demnach dürfe die ARGE die Stadtonne noch bis Ende 2013 „kostenlos leeren“ und damit „sogar noch Geld verdienen“. Darüber hinaus will die Verwaltung die ARGE bei der Einsammlung der blauen ARGE-Tonnen unterstützen. Alles „ohne großen Aufwand für die ARGE“. Ab 1. Januar 2014 würde es dann nur noch die Stadttonne geben.

Insgesamt stehen im Stadtgebiet rund 50.000 Tonnen. Unterm Strich erhoffe sich die Stadt einen Gewinn von 254.000 Euro jährlich, schreibt die Oldenburger Onlinezeitung. „Wir haben alle kein Geld zu verschenken“, erklärte die Erste Stadträtin Silke Meyn gegenüber der Zeitung. Die neue Stadttonne soll ebenfalls kostenfrei verteilt und aufgestellt werden. Das zusätzliche Geld aus der Vermarktung des Altpapiers soll direkt in die Stadtkasse fließen und dazu beitragen, die Abfallgebühren zu stabilisieren. „Das passt hervorragend zu meinem Gerechtigkeitsgefühl“, lässt sich Oberbürgermeister Gerd Schwandner in der Pressemitteilung zitieren.

Die ARGE hat bereits angekündigt, gegen das Vorhaben der Stadt klagen zu wollen. Wer in diesem Fall Recht bekommen wird, ist offen. Nach dem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz darf die gewerbliche Sammlung untersagt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählt die Gefährdung der Gebührenstabilität durch die gewerbliche Sammlung. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte jedoch Mitte August entschieden, dass diese Voraussetzungen in den Kreisen Neuss, Kaarst und Jüchen nicht erfüllt sind. Das Gericht sah weder öffentliche Interessen gefährdet noch sei die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gefährdet.

Wie ein Gericht gegebenenfalls diese Kriterien im Falle Oldenburg beurteilt, ist schwer vorherzusagen. Fraglich ist auch, ob die Stadt überhaupt eine zweite Tonne auf dem Grundstück eines Bürger aufstellen darf und ob auch zwei Papiertonnen nebeneinander existieren dürften. Im ersten Schritt warten nun die streitenden Parteien auf eine Entscheidung des niedersächsischen Umweltministeriums.

In der Übergangszeit setzt die ARGE auf Aufklärung. Mit dem Motto „Vertrau blau“ wollen sie für die private Blaue Tonnen werben. Die Partner der ARGE, die Firmen Containerdienst Meyer, Heine, Nehlsen und Springer & Sohn, argumentieren mit ihrer Erfahrung und ihrer Zuverlässigkeit. Ob das reicht, wird sich zeigen.

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