Jahresrückblick

Das zurückliegende Jahr hielt für die Kreislaufwirtschaft eine Vielzahl von politischen Themen parat. Einige sorgten für Missmut und Kopfschütteln, andere forderten die Geduld der Recyclingwirtschaft heraus. Unser Jahresrückblick.

Das waren die politischen Themen 2018


Auch 2018 hatten die Lobbyisten und Interessenverbände der Recyclingwirtschaft einiges zu tun. Das dominierende Thema waren zweifelsohne die verschiedenen Initiativen für Verbesserung der Recyclingfähigkeit von Kunststoffen (siehe unseren Artikel „Kunststoffe: Das Dauerthema im Jahr 2018“), aber auch in anderen Bereichen gab es reichlich Diskussionsstoff.

So drohen mit der TA Luft und neuen Grenzwerten bei Flammschutzmitteln in Kunststoffen mehrere Verschärfungen in der Praxis der Recycler. Schließlich beschäftigten auch die Gewerbeabfallverordnung, das Elektro-Gesetz und die Bioabfallverordnung die Branche. Und nicht zuletzt warf das neue Verpackungsgesetz seinen Schatten voraus. Wir haben die wichtigsten politischen Themen zusammengefasst.

Lkw-Maut: Bund bittet auch auf Bundesstraßen zur Kasse

Auf Autobahnen gilt die Lkw-Maut schon seit einigen Jahren – seit 1. Juli gilt sie nun auch auf Bundesfernstraßen. Die Maut greift ab einem Lkw-Gewicht von 7,5 Tonnen. Was die Entsorgungsbranche ärgert: Von der Maut befreit sind lediglich Elektro-Lkw, nicht aber Entsorgungsfahrzeuge.

Dabei hatte der Kommunalverband VKU sogar den Bundesrat auf seiner Seite. Doch die Bundesregierung lehnte das Gesuch um Mautbefreiung für kommunale Entsorgungsfahrzeuge ab. Für 2018 blieben die Mautsätze unverändert. Ab 2019 stehen aber höhere Mautgebühren ins Haus. Die Entsorgungsbranche warnt vor steigenden Entsorgungskosten.

Gewerbeabfallverordnung: Noch immer keine LAGA-Vollzugshilfe

In Kraft getreten ist die novellierte Gewerbeabfallverordnung schon Mitte 2017, doch wie sie umgesetzt werden soll, ist zu Beginn dieses Jahres noch vielen unklar. Mehrere Verbände machen immer wieder Druck bei der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), damit diese ihre Vollzugshilfe zügig erarbeitet. Anfang Juli stellt die LAGA einen Entwurf für die Vollzugshinweise vor, doch vorerst bleibt es bei dem Entwurf. Mit einer finalen Fassung ist voraussichtlich erst im Frühjahr 2019 zu rechnen.

Was noch schwerer wiegt, sind die Zweifel an der Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung. Die Entsorgungswirtschaft wird nicht müde, den Vollzug anzumahnen, doch eine Umfrage der Deutschen Umwelthilfe stimmt skeptisch: Zwölf Bundesländer konnten oder wollten keine Angaben zum Vollzug machen. Hamburg teilte mit, bislang keine Kontrollen durchgeführt zu haben. Lediglich Nordrhein-Westfalen, Saarland und Berlin gaben an, Kontrollen durchzuführen.

EU-Abfallpaket: Vier Richtlinien werden erneuert

Nach jahrelangen Diskussion war es endlich soweit: Im Juni wurde die Überarbeitung von gleich vier europäischen Richtlinien – auch EU-Abfallpaket genannt – im Amtsblatt veröffentlicht. Bis Mitte 2020 haben die EU-Mitgliedstaaten nun Zeit, die Änderungen in den Richtlinien zu Altfahrzeugen, der Richtlinie zu Abfalldeponien, der Abfallrahmenrichtlinie und der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle in nationales Recht umzusetzen.

Unter anderem gelten dann für die EU-Mitgliedstaaten folgende Vorgaben:

  • Bis 2025 sollen mindestens 55 Prozent des Hausmülls und bis 2030 mindestens 60 und bis 2035 mindestens 65 Prozent recycelt werden.
  • Bei Verpackungen liegt das Recyclingziel ab 2025 bei 65 Prozent und 2030 bei 70 Prozent.
  • Außerdem sollen ab 2035 höchstens noch 10 Prozent des Mülls auf der Deponie landen.
  • Zusätzlich müssen ab 2024 europaweit Bioabfälle getrennt gesammelt werden, ein Jahr später wird die Pflicht auf gefährliche Abfälle aus Haushalten und Textilien ausgeweitet.

Biotonnen-Pflicht: Längst nicht alle Kreise beugen sich dem Gesetz

Auch drei Jahre nach Einführung der gesetzlichen Pflicht zu getrennten Bioabfallerfassung in Deutschland gibt es immer noch Kreise und Städte, die ihrer Verpflichtung nicht oder nur ungenügend nachkommen. Im März legt die Deutsche Umwelthilfe eine Untersuchung vor, wonach in 26 Landkreisen und Städten mit insgesamt mehr als 3,8 Millionen Einwohnern noch keine separate Biotonne gibt.

Einige Monate später meldet sich auch der Naturschutzbund Laut NABU zu Wort. Nach seiner Untersuchung weigerten sich Mitte des Jahres noch immer 24 Kreise oder kreisfreie Städte, die Biotonne einzuführen. Darunter zählt der Landkreis Altötting, der sich mittlerweile mit der Regierung von Oberbayern in einem Rechtsstreit befindet. In Baden-Württemberg dagegen beugen sich im Laufe des Jahres die beiden letzten Kreise den Weisungen des dortigen Umweltministeriums: Der Alb-Donau-Kreis und Sigmaringen verkünden zähneknirschend, die Getrenntsammlung bald einzuführen.

E-Schrott-Sammlung: EU-Sammelziel scheint in weiter Ferne

Entwickelt sich Deutschlands E-Schrott-Branche zum Sorgenkind der EU? So sieht es jedenfalls die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Das mag übertrieben sein, doch die Zahlen des Bundesumweltministeriums zur E-Schrott-Sammlung sind in der Tat dürftig. Denn im Jahr 2016 hat die Bundesrepublik für Elektroaltgeräte eine Sammelquote von 44,95 Prozent erreicht – das liegt knapp unter der von der EU vorgegebenen Sammelquote von 45 Prozent.

Mit Blick auf 2019 wird die Sorge noch größer. Dann müssen die EU-Mitgliedstaaten eine Mindestsammelquote von 65 Prozent erfüllen. „Dabei wurde das Sammelziel mit 45 Prozent in 2016 von der EU besonders niedrig angesetzt“, so DUH-Chef Jürgen Resch. „Wenn nun bereits dieses Ziel nicht erreicht wird, wie soll Deutschland dann das EU-Sammelziel von 65 Prozent ab 2019 erreichen?“ lautet seine Frage. Die Antwort scheint niemand zu kennen.

Batterie-Gesetz: BMU will Rücknahme-System umkrempeln

Weil die Rücknahme von Gerätealtbatterien zu einem scharfen Wettbewerb zwischen dem gemeinsamen Rücknahmesystem für Gerätealtbatterien (GRS) und den herstellereigenen Rücknahmesystemen geführt hat, stellt das Bundesumweltministerium (BMU) im April ein erstes Eckpunktepapier zur Änderung des Batteriegesetzes vor. Ein solcher Wettbewerb sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen und nie gewollt gewesen, betont das Ministerium. Das BMU befürchtet, dass die Finanzierung des Solidarsystems GRS gefährdet wird und das GRS die flächendeckende Rücknahme von Gerätealtbatterien nicht mehr sicherstellen kann.

Um das zu verhindern, will das Bonner Ministerium für alle Beteiligten faire Wettbewerbsbedingungen schaffen. Das Gesetzgebungsverfahren soll im Frühjahr 2019 beginnen.

Mantelverordnung: Und das Warten geht weiter

In das Dauerprojekt Mantelverordnung kommt im Mai ein wenig Bewegung: Auf der Umweltmesse IFAT sagt BMU-Vertreter Michael Heugel, dass eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe die Beratungen im Bundesrat vorbereitet. Dort liegt der Entwurf der Verordnung bereits seit Herbst 2017. Wenn alles wie geplant läuft, könnte der Bundesrat im Sommer über den Gesetzentwurf beraten, heißt es.

Im November macht sich dann wieder Ernüchterung breit: In diesem Jahr wird es nichts mehr mit der Mantelverordnung, die Arbeitsgruppe hat noch nicht vorzuweisen. Ziel der Verordnung ist es, für die Entsorgung von Bauabfällen einheitliche, rechtsverbindliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Verpackungsgesetz: Neue Vorschriften werfen ihre Schatten voraus

Für das neue Verpackungsgesetz laufen hingegen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Ende Juni stellt die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) den ersten Entwurf für die Bewertung der Recyclingfähigkeit einer Verpackung vor. Anfang August veröffentlicht die Zentrale Stelle dann einen Katalog vor, mit dessen Hilfe jeder Inverkehrbringer von Verpackungen rechtssicher feststellen kann, ob seine Verpackung systembeteiligungspflichtig ist. Damit soll die Zahl der lizenzierten Verpackungen deutlich gesteigert werden.

Vier Monate vor Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes geht schließlich das Verpackungsregister LUCID online. Bis zum 1. Januar 2019 müssen sich alle Hersteller, die in Deutschland Verpackungen in Verkehr bringen, dort anmelden. Branchenvertreter rechnen damit, dass sich die Menge an recycelten Kunststoffverpackungen aufgrund des neuen Verpackungsgesetzes verdoppeln wird.

Flammschutzmittel: Sorge um Grenzwerte

Ein neuer Vorschlag auf EU-Ebene sorgt ab Jahresmitte für Entsetzen bei den Recyclern von Elektroaltgeräten. Das EU-Parlament und der EU-Rat wollen die Grenzwerte für DecaBDE-haltige Kunststoffe auf 10 Milligramm je Kilogramm (ppm) verschärfen. Bislang liegt der Grenzwert bei 1.000 ppm. Branchenvertreter führen an, dass der geforderte Grenzwert unterhalb der Nachweisgrenze liegt. Kommt das neue Gesetz, werde es kein Recycling von Kunststoffen aus E-Schrott und Altautos mehr geben, warnen sie.

Im November scheinen sich die Befürchtungen der Kunststoffrecycler zu bewahrheiten: Das EU-Parlament stimmt der drastischen Grenzwertverschärfung zu. Kurz darauf springt ihnen der EU-Ministerrat bei: Dieser will die Grenzwerte bei 500 Milligramm je Kilogramm festlegen. Das Ende ist noch offen.

Primärbaustoffsteuer: Gute Nachricht zum Jahresende

Zum Jahresende gibt es dann für Recycler noch eine gute Nachricht: Das Umweltbundesamt verkündet, dass eine Steuer auf Primärbaustoffe eingeführt werden soll, um Recyclingbaustoffe marktfähiger zu machen. Diese sollen zunächst für Bausande, Baukies und Naturgips erhoben werden und bei drei Euro pro Tonne liegen.

Außerdem sollen die Ausschreibungen künftig so gestaltet werden, dass Sekundärbaustoffe nicht mehr diskriminiert werden. Dem Vernehmen nach steht das Konzept bereits und soll nach Abschluss der Bundesratsberatungen zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung in die fachliche Diskussion eingebracht werden. Wann das sein wird, ist jedoch ebenfalls noch offen.

 

© 320° | 18.12.2018

Mehr zum Thema
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan