Dünger aus Klärschlamm

Kohle und Dünger kommen künftig aus Klärschlamm. Das zumindest versprechen Forscher und ein Schweizer Biotechnologie-Unternehmen. Die neue Methode soll nun im Pilotmaßstab erprobt werden - gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

DBU fördert neue Technologie zur Phosphat-Rückgewinnung


Wie Phosphor in Klärschlämmen besser genutzt werden kann, wird derzeit intensiv diskutiert. Bislang werden mehr als die Hälfte der jährlich zwei Millionen Tonnen verbrannt und der Rest landwirtschaftlich verwertet. Aber es gibt auch Alternativen. So hatten Forscher der Universität Hohenheim und das Unternehmen AVA-CO2 aus der Schweiz vor einigen Monaten ein alternatives Verfahren auf Basis der Hydrothermalen Carbonisierung (HTC) präsentiert. Nun gehen die Wissenschaftler einen Schritt weiter, sie gehen den Schritt raus aus dem Labor.

Konkret heißt das, dass am deutschen Standort der AVA-CO2 in Karlsruhe die erste Pilotanlage errichtet wird. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert die Anlage mit 125.000 Euro. Ebenfalls beteiligt ist die Projektgruppe für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung (ISC). Ziel ist es, im halbtechnischen Maßstab zu zeigen, dass sich ein pflanzenverfügbarer Recycling-Dünger aus Klärschlamm effizient und kostengünstig herstellen lässt.

Aus Klärschlamm wird ein weißes Pulver

Die zugrunde liegende Technologie trägt den Namen AVA cleanphos. Um an das Phosphat zu gelangen, wird dabei im ersten Schritt der Klärschlamm in einen Autoklav gegeben und zwei Stunden bei 200 Grad erhitzt. Auf diese Weise wird der Schlamm dehygienisiert, und es entsteht nach Angaben der Forscher eine Art Pflanzenkohle.

Im zweiten Schritt wird diese mit Säure versetzt und gekocht. Anschließend wird die Kohle abgetrennt. Zum Schluss versetzen die Forscher das Gemisch mit Magnesiumsalz und trennen Wasser ab. Als Produkt entstehe ein weißes, leicht körniges Pulver: Magnesiumammonium-Phosphat. Die Verbindung wird auch als Tripelphosphat bezeichnet und kommt als Mineral Struvit in Guano vor.

80 Prozent des Phosphats zurückgewonnen

Der Vorteil des Verfahrens ist nach Angaben der Forscher, dass das gewonnene Phosphat dem in Pflanzen ähnlicher ist und deshalb besser aufgenommen werden kann. Und es ist weniger belastet. „Obwohl Klärschlamm viel wertvolles Phosphat enthält, spricht vieles gegen eine landwirtschaftliche Verwertung“, sagt Professor Andrea Kruse, Agrartechnologin der Universität Hohenheim und Entwicklerin des Verfahrens. „Der Schlamm kann Krankheitserreger mit sich führen und enthält zusätzlich viele Schwermetalle“.

statistic_id409049_klaerschlamm---schwermetallgehalt-in-deutschland-nach-metallart-2012 (1)Bei ihrem Verfahren landeten die Schwermetalle in der Kohle und nicht im Dünger. Über 80 Prozent des Phosphats aus dem Klärschlamm bleiben der Forscherin zufolge erhalten. Die Professorin sieht darüber hinaus einen Kostenvorteil. „Bisherige Technologien für die Phosphor-Rückgewinnung setzen vor allem auf die Entsorgung in Monoverbrennungsanlagen, um dann aus der Asche das Phosphat zu gewinnen und als Dünger zu verarbeiten. Diese Verfahren sind aber teurer und deutlich aufwendiger als die HTC.“

Darüber hinaus könne auch die aus dem cleanphos-Verfahren resultierende Pflanzenkohle vermarktet werden. Die Verantwortlichen bei AVA-CO2 gehen davon aus, dass die Klärschlammkohle als Ersatz für Braun- oder Steinkohle in der Mitverbrennung geeignet ist.

Ob es allerdings tatsächlich so weit kommen wird, bleibt zunächst abzuwarten. Die Versuche im halbtechnischen Maßstab laufen bis Mitte September 2016.

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