Bundesländer im Überblick

Im vergangenen Jahr schien der Entsorgungsnotstand in einigen norddeutschen Bundesländern noch vor der Tür zu stehen. Die Landesregierungen haben sich der Problematik aber inzwischen angenommen. Trotzdem gibt es noch viel zu tun. Ein Überblick über die aktuelle Situation.

Deponien: Wie es aktuell um die Entsorgungssicherheit bestellt ist


Der Warnruf der Entsorgungswirtschaft vor einem drohenden Entsorgungsnotstand bei mineralischen Bau- und Abbruchabfällen hat die Politik erfolgreich aufgeschreckt. Die meisten Bundesländer bemühen sich inzwischen aktiv darum, neuen Deponieraum zu schaffen und beschäftigen sich auch mit den möglichen Wirkungen der Mantel-Verordnung. Trotzdem besteht in den meisten Bundesländern zumindest regionaler Deponiebedarf.

„Erfreulich ist, dass das Problem erkannt ist“, sagte Hartmut Haeming von der Interessengemeinschaft deutscher Deponiebetreiber (InwesD) in der vergangenen Woche bei der Berliner Mineralik-Konferenz. Oftmals seien bereits Gutachten zur Bedarfsanalyse in Auftrag gegeben worden. „Unerfreulich ist aber, dass es dennoch keine eindeutige Datenlage gibt und die Planungen zum Teil erheblich risikobehaftet sind.“

Der Aufruf des InwesD an die Landesregierungen lautet daher unverändert, potenzielle Vorhabenträger insbesondere bei der Planrechtfertigung „massiv zu unterstützen“. Einige Bundesländer seien hierbei schon seit Jahren engagiert, sagte Haeming. Nach seinen Erhebungen stellt sich die aktuelle Deponiesituation in den einzelnen Bundesländern wie folgt dar:


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[su_spoiler title=“Schleswig-Holstein“]

  • In Schleswig-Holstein gibt es regionalen Deponiebedarf. Im westlichen Schleswig-Holstein gibt es keine Kapazitäten (Stand Ende 2016).
  • Die verfügbare Gesamtkapazität aller Deponieklassen (DK) plus genehmigte/beantragte Kapazität beträgt rund 14 Millionen Kubikmeter (Stand 2013).
  • Die Entsorgungssicherheit für DK 0 und II bis 2024, Entsorgungssicherheit für DK I ist bis 2023 gegeben. Die Entsorgungssicherheit für DK III ist bereits seit zwei Jahren anscheinend nicht mehr gegeben.

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[su_spoiler title=“Niedersachsen“]

  • Die Deponiesituation in Niedersachsen hat sich im Vergleich zum Vorjahr etwas entschärft. Auch hier ist wieder Entsorgungssicherheit gegeben.
  • Die noch verfügbare Gesamtkapazität bei DK I beträgt 12,4 Millionen Tonnen.
  • DK 0 und DK II haben ihre genehmigten Kapazitäten bereits Ende 2017 erreicht.
  • Die Restlaufzeit der DK 0 beträgt noch etwas mehr als 16 Jahre. Die Restlaufzeit der DK I liegt bei über 12 Jahren; Restlaufzeit der DK II: noch rund 18 Jahre

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[su_spoiler title=“Hamburg“]

  • Hamburg verfügt über keinen eigenen Deponieraum für Siedlungs- oder Gewerbeabfälle. Das Bundesland sucht derzeit nach Deponieraum.
  • Die Entsorgung der Abfälle erfolgt in den benachbarten Bundesländern Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen.

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[su_spoiler title=“Bremen“]

  • Bremen nimmt zwar die Hamburger Abfälle auf, sucht aber seinerseits Deponieraum in Niedersachsen.
  • Aufgrund geringer Restvolumina ist der Deponiebedarf plötzlich und schnell eingetreten. Denn aktuell wird mit einer Beschickung der Blocklanddeponie von 250.000 Tonnen pro Jahr gerechnet.
  • Auf der Blocklanddeponie beträgt die Kapazität für DK I 380.000 Millionen Kubikmeter, für DK III 230.000 Millionen Kubikmeter.
  • Die Situation könnte sich in drei bis vier Jahren verschärfen. Denn Blockland-DK III wird im Jahr 2021 stillgelegt, Blockland-DK I im Jahr darauf.
  • Die Gesamtkapazität der Deponie Grauer Wall (DK I, III mono und III) beträgt 1.800.000 Millionen Kubikmeter (Stand 2014)

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[su_spoiler title=“Mecklenburg-Vorpommern“]

  • Die Entsorgungssicherheit ist wie gehabt gegeben. Das Bundesland arbeitet dennoch an der Schaffung von fünf weiteren potenziellen Standorten, um auch künftig die Entsorgungssicherheit zu gewährleisten.
  • Gesamtkapazität DK 0: rund 3,6 Millionen Tonnen; Gesamtkapazität DK I: rund 2,1 Millionen Tonnen, zuzüglich geplanter 7,4 Millionen Tonnen; Gesamtkapazität DK II: rund 2,8 Millionen Tonnen; Gesamtkapazität DK III: rund 10 Millionen Tonnen.
  • Für DK 0 und DK I wird mit einem jährlichen Bedarf von insgesamt 245.000 Tonnen gerechnet. Der jährliche Bedarf bei DK II und DK III soll bei insgesamt 171.000 Tonnen liegen.

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[su_spoiler title=“Berlin/Brandenburg“]

  • Die Gesamtmenge mineralischer Abfälle in der Region soll Prognosen zufolge bis zum Jahr 2027 geringfügig auf rund 10,8 Millionen Tonnen pro Jahr ansteigen. 2016 belief sich die Gesamtmenge auf 9,6 Millionen Tonnen.
  • Die vorhandenen Restkapazitäten DK I betragen rund 1,96 Millionen Kubikmeter, für DK II rund 2,36 Millionen Tonnen (Stand Januar 2017).
  • Berlin/Brandenburg will weitere Deponiekapazitäten von insgesamt 46,165 Millionen Kubikmeter schaffen.
  • Bereits genehmigt sind DK-I-Kapazitäten von 8,965 Millionen Kubikmeter und DK-II-Kapazitäten von 0,290 Millionen Kubikmetern.
  • Geplant und beantragt sind DK-I-Kapazitäten von 31,710 Millionen Kubikmetern sowie DK-II-Kapazitäten von 5,2 Millionen Kubikmetern.
  • Diese zusätzlichen Kapazitäten sind unverzichtbar, will die Region auch in Zukunft Entsorgungssicherheit garantieren. Denn werden die Planungen nicht realisiert oder ändern sich die Ablagerungsregularien, wird aller Voraussicht nach ein massiver Deponiebedarf entstehen.

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[su_spoiler title=“Sachsen“]

  • In Sachsen könnte ein regionaler Entsorgungsbedarf entstehen. Vor allem der Bedarf an DK-I-Kapazitäten könnte wachsen.
  • Bereits jetzt verfügt der gesamte Süden des Bundeslandes über keine Deponiekapazitäten.
  • Ein großes Risiko entsteht insbesondere bei einer Änderung der Ablagerungsregularien, weil bislang noch ein überwiegender Teil der mineralischen Abfälle im Tagebau entsorgt wird.
  • Sachsen geht zwar von einer Fortsetzung des Verfahrens aus. Allerdings soll bis 2035 überschüssiges Bodenmaterial und Bauschutt in Höhe von 11,2 Millionen Kubikmetern entstehen, das nicht im Tagebau entsorgt werden kann.

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[su_spoiler title=“Sachsen-Anhalt“]

  • 2014 verfügte Sachsen-Anhalt noch über ein DK-I-Restvolumen von etwa 12,6 Millionen Kubikmetern. 17 Millionen Kubikmeter befinden sich in Planung. Dieses Restvolumen wird einer Prognose folgend etwa in den Jahren 2021 bis 2025 verfüllt sein.
  • Da die Prognose auf einer erwarteten Verschiebung von Stoffströmen basiert, hat Sachsen-Anhalt zwar noch eine bedingte Entsorgungssicherheit. Tritt die Prognose ein, hat das Bundesland aber einen akuten DK-I Deponiebedarf.

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[su_spoiler title=“Thüringen“]

  • Ein großes Risiko für die Entsorgungssicherheit könnte bei einer Änderung der Ablagerungsregularien entstehen. Denn wie auch in Sachsen werden hier große Mengen mineralischer Abfälle im Tagebau entsorgt.
  • Zumindest wird regional Deponiebedarf entstehen.
  • Das verfügbare Restvolumen einschließlich genehmigter Restvolumina bei DK I und DK II beläuft sich auf insgesamt 3.564.516 Millionen Kubikmeter (Stand Ende 2015).
  • Der jährliche Verbrauch an Deponievolumen soll sich laut Landesabfallwirtschaftsplan auf 144.629 Millionen Kubikmeter belaufen.
  • Die Laufzeit nach genehmigter Erweiterung wird bei Deponien der Klasse I mit 21 Jahren, bei Deponien der Klasse II mit 17 Jahren angegeben.

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[su_spoiler title=“Hessen“]

  • In Hessen besteht latenter Deponiebedarf. Bei der Datenbasis besteht allerdings erhebliche Unsicherheit: Im Jahr 2012 sollen 5,5 Millionen Tonnen mineralische Bau- und Abbruchabfälle in Abbaubetrieben verwertet worden sein und 1,05 Millionen Tonnen in Deponien. Zusätzlich in Planung sollen Kapazitäten von circa 5 Millionen Kubikmetern sein.
  • Das Gesamtablagerungsvolumen der 14 DK-0-Deponien für Abfälle zur Beseitigung beträgt laut Statistischem Landesamt 0,122 Millionen Kubikmeter, bei den sechs DK-I-Deponien beläuft es sich auf 0,195 Millionen Kubikmeter und bei den elf DK-II-Deponien auf 0,463 Millionen Kubikmeter.
  • Das Restvolumen bei DK 0 beträgt 1,066 Millionen Kubikmeter, bei DK I beträgt es 3,320 Millionen Kubikmeter und bei DK II beträgt es 5,651 Millionen Kubikmeter.
  • Die rechnerische Restlaufzeit beträgt bei DK 0 nur noch neun Jahre. Bei den anderen beiden Deponieklassen I und II ist die Restlaufzeit mit 17 beziehungsweise 12 Jahren noch länger.

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[su_spoiler title=“Bayern“]

  • In Bayern beläuft sich das genehmigte Restvolumen bei DK 0 auf 35,4 Millionen Kubikmeter. Das geht aus einer Bedarfsprognose von AU Consult hervor. Demnach beträgt das genehmigte Restvolumen bei DK I nur noch 5,6 Millionen Kubikmeter und bei DK II noch 9,8 Millionen Kubikmeter.
  • Die jährliche Verfüllmenge wird auf 2,3 Millionen Kubikmeter bei Deponien der Klasse 0, auf 0,251 Millionen Kubikmeter bei Deponien der Klasse I und auf 0,343 Millionen Kubikmeter bei Deponien der Klasse II geschätzt.
  • Die Restlaufzeit beträgt bei DK-0-Deponien 15 Jahre, bei DK-I-Deponien 22 Jahre und bei DK-II-Deponien 28 Jahre.
  • Unabhängig davon ergibt sich aber regionaler Deponiebedarf, weil zum Teil erhebliche Entfernungen zurückgelegt werden müssen.

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[su_spoiler title=“Baden-Württemberg“]

  • Die vom Kreislaufwirtschaftsgesetz geforderte zehnjährige Entsorgungssicherheit wird zum Teil nicht erfüllt.
  • Besonders akut scheint die Deponiesituation im Regierungsbezirk Freiburg zu sein. Hier haben die Deponien der Klasse I eine Restlaufzeit von nur noch 2,9 Jahren. Die Restlaufzeit bei DK-0-Deponien ist mit 5,2 Jahren auch nicht wesentlich länger. In die gleiche Größenordnung fallen auch die Restlaufzeiten der planfestgestellten Restvolumina.
  • In Planung befindliche Deponiekapazitäten: insgesamt 0,685 Millionen Kubikmeter bei DK II, insgesamt 1,995 Millionen Kubikmeter bei DK I und insgesamt etwas mehr als 6,548 Millionen Kubikmeter bei DK 0 einschließlich DK 0,5.
  • Der jährliche Bedarf bei DK II und DK I liegt bei je 0,550 Millionen Kubikmetern, bei DK 0 bei 3,000 Millionen Kubikmetern.

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[su_spoiler title=“Saarland“]

  • Die noch zur Verfügung stehenden Deponiekapazitäten bei DK I und DK II belaufen sich auf insgesamt annähernd 13,857 Millionen Tonnen. Hier sind allerdings die genehmigten oder im Verfahren befindlichen zusätzlichen Kapazitäten wie auch die Kapazitäten, die sich erst in der Planungsphase befinden, mitgezählt. Der tatsächliche aktuelle Bestand beläuft sich auf etwas mehr als 2,594 Millionen Tonnen (Stand Ende 2016).
  • Die bestehenden Restvolumina dieser Deponien belaufen sich auf insgesamt 1,526 Millionen Kubikmeter. Zählt man die genehmigten und im Verfahren sowie auch die in Planung befindlichen Volumina hinzu, ergibt sich ein Gesamtrestvolumen von 8,151 Millionen Kubikmeter.

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[su_spoiler title=“Rheinland-Pfalz“]

  • In Rheinland-Pfalz besteht regionaler Deponiebedarf, und das insbesondere im Norden des Bundeslandes.
  • Die 26 DK-0-Deponien des Bundeslandes verfügen über ein Restvolumen von 4,6 Millionen Kubikmeter. Das hat eine Studie im Auftrag des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums festgestellt. In Planung sind demnach 2,8 Millionen Kubikmeter.
  • Die drei DK-I-Deponien verfügen über ein Restvolumen von 1,8 Millionen Kubikmeter. In Planung sind 14,0 Millionen Kubikmeter.
  • Die zwölf DK-II-Deponien verfügen über ein Restvolumen von 4,5 Millionen Kubikmeter. In Planung sind 10,2 Millionen Kubikmeter.
  • Die InwesD hat eigene Berechnungen angestellt. Die Zahlen weichen teilweise sehr deutlich von den Zahlen der Studie ab: So soll sich das verfügbare Restvolumen bei DK 0 auf 5 Millionen Kubikmeter belaufen, bei DK I auf 6 Millionen Kubikmeter und bei DK II auf nur 2 Millionen Kubikmeter.
  • Die in Planung befindlichen Volumina belaufen sich InwesD-Schätzungen zufolge auf 8 Millionen Kubikmeter bei DK 0 und bei DK II auf 14 Millionen Kubikmeter. Nur bei den in Planung befindlichem Restvolumen bei DK I deckt sich die InwesD-Schätzung mit dem Ergebnis der Studie.

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[su_spoiler title=“Nordrhein-Westfalen“]

  • Die gesetzlich geforderte zehnjährige Entsorgungssicherheit für DK I ist zurzeit nicht gegeben.
  • NRW bemüht sich aber aktiv um die Schaffung von DK-I-Deponieraum: So ist ein Volumen von insgesamt rund 40 Millionen Kubikmetern geplant. Genehmigt sind 0,825 Millionen Kubikmeter; laufende Genehmigungs-, Planfeststellungverfahren: 25,6 Millionen Kubikmeter; Planungsphase: 13,1 Millionen Kubikmeter.

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Zusatzmengen durch MantelVO: 13 oder 50 Millionen Tonnen jährlich?

Insgesamt hat sich also Deponiesituation in einigen Bundesländern gegenüber dem Vorjahr verbessert. Allerdings könnte die neue Mantelverordnung die Situation wieder deutlich verschärfen – und das in ganz Deutschland. Aktuell werden in der Bundesrepublik etwas mehr als 58 Millionen Tonnen mineralische Bau- und Abbruchabfälle pro Jahr deponiert oder auf Deponien verwertet. „Mit der neuen Mantelverordnung kommen laut Bundesumweltministerium 13 Millionen Tonnen hinzu. Macht zusammen 71 Millionen Tonnen pro Jahr“, rechnete Haeming vor.

Auf Basis der BMU-Zahlen könnten sich somit die bundesweiten Restlaufzeiten über alle Deponieklassen auf 10,77 Jahre verkürzen. Im Worst-Case-Szenario könnte es also spätestens im Jahr 2027 zu einem Entsorgungsnotstand in allen 16 Bundesländern kommen.

„Der Druck auf die Deponien ist aber erkannt worden“, sagte der InwesD-Vorstandsvorsitzende Haeming. So seien Verwertungskriterien wie Sulfat oder TOC entschärft worden. Als Konsequenz würden sich die Deponierestmassen reduzieren. Was dazu noch zur Problementschärfung beiträgt: Die Mantelverordnung tritt erst ein Jahr nach der Verkündung in Kraft.

Bestehende Genehmigungen zu bergbaulichen Verfüllungen würden für einen Zeitraum von acht Jahren weiter wirksam bleiben, wie Haeming erklärte. Die volle Wirkung entfacht die Mantelverordnung also erst neun Jahre nach ihrer Verkündung.

 

© 320° | 20.06.2018

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