Schienentransport

Vor zehn Jahren fuhr der erste Güterzug von Hamburg nach Peking. Inzwischen hat sich die Verbindung etabliert. Die Deutsche Bahn will künftig noch mehr Güter auf der China-Route transportieren. Auch neue Verbindungen sind in der Planung.

Der Güterzug nach China – schnell, aber teuer


Als damals, im Januar 2018, der erste Test-Güterzug in Peking losfuhr und 15 Tage später den Güterbahnhof Alte Süderelbe in Hamburg erreichte, wurde ein Feuerwerk abgebrannt. Der Bahnchef, der damals noch Hartmut Mehdorn hieß, sprach von einem „Produkt der Zukunft“. Danach dauert es noch neun Monate, bis am 6. Oktober der erste reguläre Containerzug aus Xiangtang kommend in Hamburg eintraf – damals beladen mit Computern.

Was vor zehn Jahren mit vielen Unwägbarkeiten begann, hat sich bis heute zu einem regen Geschäft entwickelt. Inzwischen werden täglich Kleidung, Elektronikgeräte, Autoteile, Papier sowie Konsumgüter zwischen China und Europa über die Schiene transportiert. Von diversen Terminals fahren die Frachtzüge mindestens einmal wöchentlich ab, aus den Industriezentren Chongqing, Chengdu, Zhengzou, Wuhan und Xian sogar vier- bis fünfmal.

Der 10.000 bis 12.000 Kilometer lange Weg führt entweder über Sibirien und nördlich der Mongolei entlang oder über die Südroute durch Kasachstan, Russland und Weißrussland. Dauer: 14 bis 16 Tage. Viel Zeit geht dabei an den Grenzen verloren: Zweimal müssen die Container umgeladen werden, weil die Spurbreite der Eisenbahnen in Weißrussland, Russland, der Mongolei und in Kasachstan größer ist als in Europa und China. Das kostet jeweils 6 bis 24 Stunden. Auch die Loks müssen mehrmals gewechselt werden. Die Hauptstrecken sind elektrifiziert, aber in den Grenzabschnitten werden Dieselloks benötigt.

Seefracht ist deutlich günstiger

Nach dem Auftakt im Jahr 2008 dauerte es noch eine Weile, bis sich die Zugverbindung China-Europa etablierte. In den ersten Jahren fuhren die Güterzüge unregelmäßig. Gerade einmal 900 Container wurden im Jahr 2011 über die lange Strecke bewegt. 2018 werden es nach Schätzung der Deutschen Bahn voraussichtlich hundertmal so viele sein: etwa 90.000 Container, verteilt auf mehr als 3.600 Züge.

Im Jahr 2020 wolle die Bahn auf der China-Route 100.000 Standardcontainer befördern, „aber auch darüber hinaus sehe ich eine Perspektive“, sagt der Konzernvorstand für Güterverkehr und Logistik, Alexander Doll. Für die deutsche Wirtschaft ist China seit 2016 der wichtigste Handelspartner. Im vergangenen Jahr erreichte das Handelsvolumen 187 Milliarden Euro, Tendenz steigend.

Allerdings befindet sich die Bahn im Wettbewerb mit der See- und Luftfracht. Güterzüge sind fast doppelt so schnell wie Schiffe, die Frachtkosten sind auf der Schiene aber auch bis zu 50 Prozent höher. Und Schiffe haben noch einen unschlagbaren Vorteil: Die größten von ihnen können mehr als 20.000 Container laden, ein Zug nur 40 bis 50.

Neue Angebote der Bahn

So überrascht es nicht, dass beim gesamten Warenaustausch zwischen Europa und China der Transport per Schiff mit mehr als 90 Prozent Anteil dominiert. Lediglich gut ein Prozent aller Container werden auf der Schiene transportiert, der Rest entfällt auf Luftfracht.

„Für unsere Kunden sind Zeit und Kosten wichtige Faktoren, sie wollen mit dem Bahntransport aber auch ihre Logistikketten absichern, und die günstigere CO2-Bilanz spielt eine Rolle“, sagt Doll. Um noch mehr Verkehr auf die Schiene zwischen Europa und China zu bringen, hat die Bahn die Vertriebseinheit DB Cargo Eurasia geschaffen und ein Büro in Schanghai eröffnet.

Die neue Tochtergesellschaft soll zum Beispiel mit Angeboten für den Transport von Tür zu Tür werben. Da kommt der Bahnspediteur Schenker ins Spiel, der sowohl in Asien als auch in Westeuropa die Waren per Lastwagen weiterbefördert. Von diesem Herbst an testet die Bahn zudem eine Seeverbindung von Kaliningrad nach Rostock. „Mit ihr werden wir schneller und flexibler Waren vom Ostseehafen weiter in Europa verteilen können“, kündigt der Bahnmanager an.

Direkte Folgen des Handelskonflikts zwischen den USA und China fürs Bahngeschäft erkennt Doll nicht: „Nein, ich sehe aber einen anderen Trend: Während das Wachstum beim internationalen Handel zwischen Europa, USA und Asien zurzeit stockt, tut sich unheimlich viel beim intraregionalen Verkehr, etwa in China und Indien.“ Davon könne die Bahn noch einen größeren Anteil gewinnen, wenn sie ihre Vorteile bei Zeit und Umweltverträglichkeit ausspiele.

 

© 320°/dpa | 04.10.2018

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