US-Strafzölle

Die direkten Auswirkungen der US-Strafzölle auf den deutschen Aluminium- und Stahlmarkt dürften überschaubar bleiben. Was viel schwerer wiegt, sind die indirekten Markteffekte. Wirtschaftsvertreter in Deutschland fürchten Importe aus Ländern, die bislang in die USA lieferten.

Die Furcht vor den indirekten Markteffekten


Seit gestern ist klar, dass US-Präsident Donald Trump bei seiner harten Haltung im Handelsstreit zwischen den USA und der EU bleiben wird. Damit ist das eingetreten, was viele befürchtet haben: Am heutigen Freitag (1. Juni) sind die US-Zölle auf EU-Importe von Stahl und Aluminium in Kraft getreten. Stahllieferungen aus der EU werden mit einem Zollsatz von 25 Prozent belegt, Aluminiumlieferungen mit einem Zollsatz von 10 Prozent.

Der Chef des Stahlkonzerns Salzgitter hat auf die US-Entscheidung gelassen reagiert. „Diese Entscheidung hatte sich ja bereits vorher angedeutet. Jetzt gibt es Klarheit“, sagte Jörg Fuhrmann dem in Hannover erscheinenden Politikjournal Rundblick. „Die direkten Auswirkungen auf die Salzgitter AG sind überschaubar“, betonte er.

Gravierender könnten laut Fuhrmann die indirekten Effekte sein. Damit bezieht er sich auf die Befürchtung, Stahl aus der Türkei, der Ukraine oder Russland könne statt in die USA nun in Richtung Europa gelenkt werden und den hiesigen Markt überschwemmen. Er sei aber zuversichtlich, dass die Europäische Union dies verhindern werde.

Industrie fordert „EU-Safeguard-Maßnahmen“.

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl teilt Fuhrmanns Befürchtung. „Nach dieser Entscheidung ist es jetzt wichtig, die Stahlunternehmen zumindest vor umgelenkten Handelsströmen zu schützen“, erklärt Verbandspräsident Hans Jürgen Kerkhoff. Dabei handele es sich um Stahl, der traditionell in die USA geliefert wurde und nun vor allem in die EU dränge, da es dort keine vergleichbaren Handelsschranken gibt.

In der Vergangenheit hatte Billigstahl aus China bereits für Verwerfungen auf den europäischen Markt gesorgt. Nicht nur die Stahlpreise standen daraufhin unter Druck, sondern auch die Stahlschrottpreise. Die Wirtschaftsvereinigung fordert daher zum Schutz so genannte „EU-Safeguard-Maßnahmen“. Diese sollten „länderspezifisch sein, alle untersuchten Produkte einbeziehen und effektiv ausgestaltet sein“, so der Verbandspräsident.

Deutschland exportiert rund 1,3 Millionen Tonnen Stahl in die USA. Mit einem Anteil von 4 Prozent an den deutschen Gesamtexporten bzw. 22 Prozent der deutschen Exporte in Nicht-EU-Länder (Drittlandexporte) sind die USA der wichtigste Absatzmarkt außerhalb der Europäischen Union.

Metallhandel befürchtet Verwerfungen

Sorge hat auch der Metallhandel. Dabei geht es nicht so sehr um die 61.000 Tonnen Aluminium, die Deutschland in die USA exportiert. Vielmehr bereiten die Materialströme aus Russland und China den kleinen und mittelständischen Unternehmen Sorgen, berichtet der Verband Deutscher Metallhändler (VDM). „Diese Mengen werden zum einen die Preise ordentlich durcheinanderwirbeln“, erklärt Hauptgeschäftsführer Ralf Schmitz.

Zum anderen würden diese Umleitungen nach Europa zu einem Überangebot und infolgedessen zu einem Druck auf die Umarbeitungslöhne führen. Somit wären letztlich auch deutsche Arbeitsplätze in Gefahr, befürchtet Schmitz. Sollte es bei der amerikanischen Entscheidung bleiben, sei noch offen, ob und wohin deutsche Rohstoffströme im Gegenzug hin umgelenkt werden könnten. Mögliche Märkte seien Japan, Australien und Neuseeland.

„USA sind zu klein“

Wie der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU ausgehen wird, bleibt abzuwarten. Während der Chef des gewerkschaftsnahen Wirtschaftsforschungsinstituts IMK, Gustav Horn, die Europäer zu Gelassenheit auffordert („Dazu ist der Anteil der Stahl-und Aluminiumproduktion an den Exporten in die USA einfach viel zu gering“), fürchtet das Münchner Ifo-Institut eine Eskalation des Handelskonflikts.

„Europa muss sich auf einen neuen kalten Krieg im Handel mit den USA einstellen“, sagt Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr. „Dieser Handelskonflikt ist eine wirtschaftliche Torheit, auch wenn der volkswirtschaftliche Schaden zunächst begrenzt bleibt. Denn es ist zu befürchten, dass wir erst am Anfang einer Reihe weiterer US-Maßnahmen stehen.“

Der Wissenschaftler empfiehlt der EU interne Einigkeit und bei Bedarf die Drohung, die USA an empfindlicher Stelle zu treffen: Gerade um den freien Handel zu verteidigen, müssten die EU und die anderen WTO-Mitglieder ihrerseits klar machen, wie sie bei weiteren Regelverletzungen reagieren würden. „Dabei müssen jene Wirtschaftszweige in den Mittelpunkt treten, in denen die Amerikaner im Ausland richtig Geld verdienen: die digitalen Dienstleistungen.“

US-Präsident Donald Trump scheine nicht zu sehen, dass die WTO auch amerikanische Interessen schütze und die Daten der US-Behörden im Handel mit Europa kein Leistungsbilanzdefizit, sondern einen Überschuss auswiesen. Trump werde den real existierenden Protektionismus Chinas nicht eindämmen können. „Dafür sind die USA mittlerweile zu klein; auf sie entfallen nur noch etwa 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.“

 

© 320°/mit Material von dpa | 01.06.2018

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