Internationaler Markt

Der gute Jahresbeginn in der Edelstahlindustrie ist etwas abgeflaut. In Europa und Asien drückt die schwächere Schrottnachfrage der Werke auf die Schrottpreise. Gut möglich, dass dieser Trend anhalten wird, meinen Branchenvertreter.

Edelstahlschrott-Preise bleiben unter Druck


Das Jahr hatte für Europas Edelstahlproduzenten gut angefangen. In puncto Mengen und Margen lief es für sie rund. Nun sehen sich die Produzenten gleich mit mehreren Herausforderungen konfrontiert.

Zu schaffen macht den Werken vor allem die Konkurrenz aus Indonesien. Deren Edelstahlprodukte überschwemmen derzeit den europäischen Markt, berichtet der Vorsitzende des BIR-Ausschusses für Edelstahl und Sonderlegierungen Joost Van Kleef im aktuellen „Mirror“ des Weltrecyclingverbands BIR. So hätten bei der Messe „Wire and Tube“ in Düsseldorf viele Besucher über höhere Verkaufsaktivitäten in diesem Bereich berichtet. Das Preisniveau liege deutlich unter den Erwartungen.

Darüber hinaus scheinen die Auftragsbücher der europäischen Produzenten nicht mehr so gut gefüllt zu sein wie im ersten Quartal, wie Van Kleef vermutet. Auch auf der Schrottseite sieht es weniger rosig aus. „Insgesamt bleiben die Preise für Edelstahlschrott unter Druck“, schreibt Van Kleef im Quartalsbericht. Dieser Trend werde sich vermutlich auch in den kommenden Sommermonaten fortsetzen. Eine ähnliche Marktentwicklung ist auch in anderen Ländern zu beobachten, wenngleich nicht in allen:

Italien

Zu diesem europäischen Gesamtbild bietet der italienische Markt derzeit einen starken Kontrast. So berichtet Ruggero Ricco vom italienischen Lieferanten von Edelstahl und Superlegierungen Nichel Leghe von einem gesunden Schrottverbrauch der italienischen Werke.

Der Markt habe gut reagiert und könne diese Nachfrage mit einer guten Materialverfügbarkeit unterstützen. Das sei sicherlich auch eine Folge des „Frühlingserwachens“ des Nickelpreises, wie Ricco schreibt. Das jüngste Preiswachstum habe aber auch Hilfestellung durch das für das zweite Quartal festgelegte Benchmark-Niveau für Chrom bekommen.

Einen Wertmutstropfen gibt es aber: „Für italienische Unternehmen ist es nach wie vor sehr schwierig, Schrott zu importieren“, ist in dem Bericht für Italien zu lesen. Das setze den Binnenmarkt unter Druck und führe immer wieder zu Spannungen bei den Einkaufspreisen.

Asien

Auch außerhalb Europas verläuft das zweite Quartal eher zäh. „Der asiatische Edelstahlsektor hat den Pause-Knopf gedrückt“, schreiben Vegas Yang vom taiwanesischen Edelstahlschrott-Lieferanten HSKU Raw Material und Mahiar R. Patel von Cronimet Singapore. Somit sei auch die Nachfrage der asiatischen Werke nach rostfreiem Schrott im zweiten Quartal geringer als im ersten.

Aber das ist nicht die einzige Widrigkeit, mit dem asiatische Schrottlieferanten zu kämpfen haben. Zum einen müsse Edelstahlschrott nun mit Nickel-Pig-Iron (NPI) aus Indonesien konkurrieren. Zum anderen könnten die Edelstahlproduzenten den Luxus genießen, ebenfalls warmgewalzte Coils aus Indonesien kaufen zu können, wenn die Nachfrage ihr Angebot übersteigen sollte.

„So kann jeder Anstieg der Nachfrage ganz leicht durch ein erhöhtes Angebot an warmgewalzten Coils (Endprodukt) und Rohstoffen (Nickeleinheiten in NPI) aus Indonesien aufgefangen werden“, erklären die beiden Branchenvertreter.

Indien

In Indien sind noch immer die Umwälzungen der großen Steuerreform von 2017 zu spüren. Diese seien für viele Marktteilnehmer der Hauptgrund für die rückläufigen Schrottimporte, wie Andre Reinders vom Edelstahlschrotthändler Nicrinox schreibt. Die Importzahlen sind demnach dramatisch eingebrochen, und zwar über alle Sorten hinweg.

Gemäß der Umschlagzahlen der Häfen für das erste Quartal dieses Jahres habe Indien insgesamt 121.411 Tonnen der Sorte 304 importiert. Im ersten Quartal 2017 seien es noch über 541.000 Tonnen gewesen. Von der Sorte 316 seien nur noch 26.714 Tonnen eingeführt worden – im Vorjahresvergleichszeitraum waren es mit 122.563 Tonnen noch wesentlich mehr.

Die Lage bei der Schrottverfügbarkeit auf dem Subkontinent könnte sich aber bald schon entspannen. Auch wenn es für Schrottproduzenten eigentlich kein Grund zum Jubeln sein dürfte. Denn der südkoreanische Stahlerzeuger Posco setzt offensichtlich in seinen Werken in Indien auf NPI aus Indonesien.

„Posco hat kürzlich eine Probepartie von 10.000 Tonnen NPI aus Indonesien erhalten und beginnt mit der Herstellung von Edelstahl aus NPI zusammen mit der eigenen Lieferung von Ferro-Nickel“, berichtet Reinders. Sollten sich diese Versuche wie erwartet als erfolgreich erweisen, könne Posco bis zu 60 Prozent seines derzeitigen Edelstahlschrottbedarfs durch NPI/Fe-Ni ersetzen. Dadurch würde mehr Schrott für indische und andere asiatische Importeure zur Verfügung stehen.

USA

In den USA sind es Trump, seine Strafzölle und die Sanktionen gegen russische Unternehmen, die tiefe Spuren hinterlassen haben. Auf die Sanktionen hätten die US-Edelstahlmärkte schnell reagiert, wie im Länderbericht der beiden Edelstahlexperten Rick Dobkin (Shapiro Metals) und Barry Hunter (Hunter Alloys) zu lesen ist.

Die Edelstahlproduzenten hätten die Preise für praktisch alle Produkte erhöht, da die Importe in Zukunft vermutlich kein wichtiger Faktor mehr sein werden. Die Produktion sei hochgefahren worden, um auf eine reale und erwartete Zunahme der Nachfrage von Endverbrauchern und Händlern reagieren zu können.

Mit diesem stark erhöhten Output kann der Schrottmarkt derzeit allerdings nicht Schritt halten. Das machen Dobkin und Hunter deutlich. Demzufolge werde künftig der anhaltende Produktionsbedarf in den USA die Nachfrage nach rostfreiem Schrott belasten.

 

© 320° | 09.05.2018

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