Öffentliche Vergabe

Gut gemeint, schlecht gemacht: Trotz Bekenntnis zu Ersatzbaustoffen bei öffentlichen Bauvorhaben wird kaum mit recyceltem Material gearbeitet, unterstreicht eine neue Analyse. Es gebe jedoch eine einfache Lösung: verbindliche Pflichten.

Einsatz von Ersatzbaustoffen: Was fehlt, sind verbindliche Pflichten


In Deutschland wird nach wie vor kaum mit Ersatzbaustoffen gebaut. Um das zu ändern, muss das Vergaberecht geändert werden, fordert das FEhS-Institut für Baustoff-Forschung. Das Institut setzt sich unter anderem für den Einsatz von Baustoffen aus der Stahlindustrie im Bau ein.

„Immer wieder ist festzustellen, dass in entsprechenden öffentlichen Ausschreibungen explizit nur natürliche Gesteinskörnungen zugelassen sind“, beschreibt FEhS-Geschäftsführer Thomas Reiche die aktuelle Lage. „Somit sind die Anbieter von ressourcenschonenden Baustoffen nicht einmal in der Lage, ein vergleichbares Angebot abzugeben.“

Um die Schwachstellen bei der Vergabe genauer unter die Lupe zu nehmen, hat das Institut bei der Rechtsanwaltskanzlei Heinemann & Partner eine Analyse über den Einsatz mineralischer Baustoffe bei öffentlichen Ausschreibungen erstellen lassen. Das Ergebnis zeigt: Die umweltschutzbezogenen, vergaberechtlichen Zielsetzungen des Bundes und der Länder sind keine verbindlichen Pflichten – sie werden kaum umgesetzt. Vielerorts haben die Bieter obendrein keine Rechte oder Ansprüche.

Eine Ausnahme bildet laut Analyse lediglich Rheinland-Pfalz. Hier wurden für den Bieter einklagbare Rechte geschaffen. „Bieter können diese Rechte bei Oberschwellen-Vergaben in einem Vergabenachprüfungsverfahren vor den Vergabenachprüfungsinstanzen und bei Unterschwellen-Vergaben in einem Zivilprozess vor den ordentlichen Gerichten geltend machen“, heißt es in der Analyse. Wie Reiche betont, hat auch Thüringen mittlerweile das Landesgesetz entsprechend geändert. Ähnliche Rechte werden laut Kanzlei eventuell demnächst in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen geschaffen.

Klagerecht einräumen

Sowohl die Rechtsanwälte als auch Reiche kommen zu dem Schluss, dass nur durch eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen kein Lippenbekenntnis bleibt. Die Beteiligten sollten „klageweise die Förderung des Einsatzes mineralischer Ersatzbaustoffe bei öffentlichen Bauvergaben durchsetzen können“, so die Rechtsanwälte.

Entsprechend schlägt die Kanzlei vor, dass Vergaberecht unter anderem um folgende Formulierung ergänzt werden: „Die öffentlichen Auftraggeber sind verpflichtet, bei Bauaufträgen Baumaterialien zuzulassen,
1. die als Nebenprodukte im Sinne des Paragrafen 4 KrWG erzeugt worden sind oder
2. die aus Abfällen hergestellt worden sind unabhängig davon, ob die Baumaterialien noch als Abfall im Sinne des Paragrafen 3 Abs. 1 KrWG anzusehen sind oder gemäß Paragraf 5 KrWG keine Abfälle mehr sind.“

Neben Deutschland beobachtet Reiche auch in anderen Ländern den mangelhaften Einsatz von Recyclingbaustoffen. So habe beispielsweise die vor einigen Jahren in Österreich verabschiedete Recycling-Baustoffverordnung dazu geführt, dass Natursteine und industrielle Nebenprodukte explizit ungleich behandelt werden. „Im Ergebnis hat diese Ungleichbehandlung dazu geführt, dass der Einsatz von unseren hochwertigen Nebenprodukten aus der Stahlindustrie im Straßenbau in Österreich zum Erliegen gekommen ist“, sagt Reiche.

Hoffnung setzt der FEhS-Geschäftsführer in die neue Regierung. Diese habe immerhin den verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen in den Koalitionsvertrag aufgenommen und sich die Verbesserung der Einsatzmöglichkeiten von Sekundärrohstoffen zum Ziel gesetzt.

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