Duales System

Welche Szenarien sind in der Krise des Systembetreibers ELS denkbar und wie sollten Auftragnehmer reagieren? Die Rechtsanwälte der Kanzlei GGSC geben hierauf Antworten. Sie sehen auch die übrigen Systembetreiber in der Pflicht.

ELS-Krise: GGSC mahnt Auftragnehmer zur Vorsicht


Die Vertragspartner des kriselnden Systembetreibers ELS sollten ihre Leistungen künftig nur noch erbringen, wenn sie dafür eine Sicherheit erhalten. Dazu raten die Anwälte der Rechtsanwaltskanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll. (GGSC). Damit die Auftragnehmer nicht auf den Kosten sitzen bleiben, sollten sie „unverzüglich ihre Rechte nach der Insolvenzordnung geltend machen und künftige Leistungen an die ELS nicht ohne Sicherheiten erbringen“, so die Rechtsanwälte.

Die Kanzlei reagiert damit auf die Ankündigung von ELS, sich in Eigenregie sanieren zu wollen. Das bedeutet, dass anders als bei einem Insolvenzantrag der bisherige Geschäftsführer Sascha Schuh die Geschäfte weiterführen darf. Außerdem wird kein fremder Insolvenzverwalter bestellt, sondern das Unternehmen kann sich einen Sachverwalter zur Unterstützung der Sanierung aussuchen: In diesem Fall den Rechtsanwalt Rüdiger Weiß. Wie bei einem Insolvenzantrag hat das Unternehmen für drei Monate Schutz vor dem Zugriff der Gläubiger, kann einen Insolvenzplan zur Sanierung aufstellen sowie neue Finanzierungskonditionen ausloten.

Treten die übrigen Systembetreiber für ELS ein?

Für die GGSC-Anwälte ist eine zeitnahe Eröffnung des Insolvenzverfahrens dennoch nicht ausgeschlossen. Die Juristen rechnen für diesen Fall mit Zahlungsausfällen. Sie empfehlen daher, dass Dienstleister im Logistikbereich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch dann sammeln sollten, wenn die restlichen neun Systembetreiber den finanziellen Ausfall von ELS übernehmen.

Eine solche Vorgehensweise sei möglich, da die Auftragnehmer nur dann sammeln müssen, wenn sie das volle Entgelt der Systembetreiber dafür bekommen – inklusive der Summe, die ELS gemäß seines Marktanteils zahlen muss. Sollten also die restlichen neun Systembetreiber den ELS-Ausfall nicht kompensieren, könne der „Dienstleister ein Zurückbehaltungsrecht (Sicherungseinbehalt) geltend machen, bis die Begleichung ihrer Entgeltforderungen ungeschmälert sichergestellt ist“, sagen die Anwälte.

Sofern ein Dienstleister dann die Sammlung einstellt, muss laut GGSC die zuständige Abfallbehörde für die Sammlung einspringen. „Die zuständigen Abfallbehörden sollten Ersatzvornahmen vorbereiten, um für den Fall der Zurückbehaltung von Sammelleistungen schnell die Aufrechterhaltung der Sammlungen gewährleisten zu können“, so der Ratschlag der Juristen.

Dieser Fall wird bereits in Mannheim durchgespielt: Dort ziehen mittlerweile zwei Auftragnehmer in Erwägung, erstmal nicht mehr zu sammeln – die Stadt will deren Aufgabe kurzfristig übernehmen. „Die Abfallwirtschaft Mannheim wird erforderliche Maßnahmen einleiten, um die entstehenden Kosten von den Dualen Systemen, insbesondere von ELS, von anderen Beteiligten oder aus der beim Umweltministerium Baden-Württemberg hinterlegten Sicherheitsleistung zurückzuerhalten“, heißt es vonseiten der Stadt.

Remondis als Übernahmekandidat?

Unterdessen zeigt sich der Sachverwalter Rüdiger Weiß zuversichtlich, dass das Unternehmen einen Investor finden wird. Der Deutschen Presse-Agentur sagte Weiß, dass es schon vor dem Sanierungsantrag Übernahmegespräche gegeben hat. Die Gespräche würden nun weitergeführt. Mit wem verhandelt wird, sagte er nicht. Spekuliert wird inzwischen, dass Remondis eventuell ELS übernehmen könnte, was aber nicht überraschend ist, weil Remondis mittlerweile bei fast jeder Übernahme als potenzieller Käufer ins Spiel gebracht wird.

Die ELS Europäische LizenzierungsSysteme GmbH ist eines von zehn dualen Systemen in Deutschland und eine hundertprozentige Tochter der ASCON Holding GmbH. Mit der Lizenzierung von Verpackungen hat ELS 2015 begonnen. Mitte März dieses Jahres hatte das Unternehmen den Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung gestellt. Das zuständige Amtsgericht Bonn ordnete daraufhin am 19. März die Sachverwaltung durch die Kanzlei Wallner Weiß in Dresden an.

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