Müllverbrennung

Der deutsche Verbrennungsmarkt für Siedlungsabfälle dürfte sich künftig stabil entwickeln. Denn zwei Schlüsselindustrien könnten in absehbarer Zeit eine immer kleinere Rolle auf dem Markt spielen. Dadurch werden nicht unerhebliche Kapazitäten für die Mitverbrennung von Abfällen wegfallen.

Energiewende wird Verbrennungsmarkt positiv beeinflussen


Kohlekraftwerke sind ein nicht zu unterschätzender Player auf dem Abfallverbrennungsmarkt. In 45 Kraftwerken wurden im Jahr 2014 immerhin über drei Millionen Tonnen Siedlungsabfälle mitverbrannt. Aber das Blatt könnte sich schon bald wenden. Die Bundesregierung hat im Zuge der Energiewende die Stilllegung einer Hand voll Braunkohlekraftwerke beschlossen. Das soll rund elf Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen – und sicherstellen, dass die Klimaziele für 2020 erreicht werden.

Der RWE-Konzern, die Lausitz Energie Kraftwerke (LEAG) und die ostdeutsche Mibrag müssen an fünf Standorten Blöcke mit einer Leistung von 2,7 Gigawatt Strom schrittweise vom Netz nehmen und diese vier Jahre lang für Notfälle vorhalten. Danach werden sie komplett abgeschaltet.

Bereits im Oktober 2016 ist das Mibrag-Kraftwerk in Buschhaus vom Netz gegangen. Bis Oktober 2019 müssen die RWE und LEAG Kraftwerke beziehungsweise einzelne Kraftwerksblöcke stilllegen. Weniger aus Klimaschutzgründen denn aus marktbedingten Gründen planen auch die Steag und das Kraftwerk Wuppertal-Elberfeld Stilllegungen.

Damit wird sich die Energiewende direkt auf den Entsorgungsmarkt für Siedlungsabfälle auswirken. „Denn in einigen der Kraftwerken, die aus politischen Gründen oder marktbedingt stillgelegt werden, wurden zum Teil erhebliche Mengen Abfälle mitverbrannt“, sagte Stefan Visser von Energy from Waste (EEW) heute beim Kasseler Abfall- und Bioenergieforum.

Die LEAG beispielsweise dürfe in ihrem Kraftwerk im brandenburgischen Jänschwalde bis zu 540.000 Tonnen Ersatzbrennstoffe (EBS) jährlich mitverbrennen. Diese Obergrenze wurde aber nie ausgereizt. Pro Jahr seien hier etwa 400.000 Tonnen EBS eingesetzt worden, wie EEW-Vertriebsleiter Visser erklärte. Darüber hinaus würden die Stadtwerke Wuppertal in ihrem Kohlekraftwerk Elberfeld bis zu 40.000 Tonnen EBS nutzen. Das Kraftwerk werde 2019 stillgelegt.

Zementnachfrage sinkt perspektivisch

Auch die energieintensive Zementindustrie könnte den Verbrennungsmarkt für Siedlungsabfälle beeinflussen. Zwar setzen die Zementwerke inzwischen mehrheitlich auf EBS. Braun- und Steinkohle spielen eine immer kleinere Rolle als Energielieferant. Doch die Zukunft der Zementwerke ist nach Vissers Einschätzung fraglich.

„Denn der Zementversand, also der Absatz der deutschen Zementindustrie, hat sich in den vergangenen Jahren rückläufig bis stagnierend entwickelt – und das bei einer insgesamt boomenden Bauwirtschaft in Deutschland“, erklärt Visser. Zahlen des VDZ zufolge ist der Zementversand zwischen 2011 und 2015 von 34,63 Millionen Tonnen auf 31,98 Millionen Tonnen zurückgegangen. Das entspricht einem Minus von immerhin gut 8 Prozent.

Aus diesem Grund würden sich Zementwerke auch nicht dazu eignen, langfristige Entsorgungssicherheit herzustellen, so Visser. Denn sinke perspektivisch die Zementnachfrage, werde die Industrie früher oder später auch Produktionskapazitäten abbauen müssen. Damit fallen natürlich auch entsprechende Behandlungskapazitäten für EBS weg.

Doch bislang nimmt der EBS-Einsatz in Zementwerken eher zu als ab. Im Jahr 2015 hatten EBS laut Visser einen Anteil von 64,6 Prozent an der Gesamtmenge der benötigten thermischen Energie. Der Einsatz von EBS in der deutschen Zementindustrie ist aber nicht nur anteilsmäßig gewachsen. „Auch absolut haben die Zementwerke in den vergangenen Jahren immer mehr Abfälle eingesetzt“, sagte Visser in seinem Vortrag.

Nach Angaben des Vereins Deutscher Zementwerke (VDZ) haben die Zementwerke im Jahr 2015 rund 3,18 Millionen Tonnen EBS eingesetzt. Das seien etwa 50.000 Tonnen mehr als im Jahr zuvor. Verglichen mit 2006 ist die eingesetzte Menge an EBS laut VDZ sogar um 570.000 Jahrestonnen in die Höhe geschossen.

Eckdaten des deutschen Abfallverbrennungsmarkts

In Deutschland sind derzeit 68 klassische Hausmüllverbrennungsanlagen in Betrieb. Sie verfügen über eine Verbrennungskapazität von etwa 20 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr. Hinzu kommen noch 30 Ersatzbrennstoff-Kraftwerke. In diesen Anlagen können jährlich etwa 5 Millionen Tonnen EBS zur Energieerzeugung durchgesetzt werden. Der Markt ist laut Visser aktuell ausgelastet.

Daneben werden bislang noch relevante Mengen an Abfällen unter anderem in Kohlekraftwerken mitverbrannt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts Destatis wurden im Jahr 2014 rund 3,14 Millionen Tonnen Abfall in 45 Kraftwerken mitverbrannt. Darüber hinaus seien 4,04 Millionen Tonnen Abfall in 81 Anlagen zu Produktionszwecken eingesetzt, so zum Beispiel in Zementwerken.

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