Unternehmensporträt

Mit Neugründungen, Investitionen und Partnern hat Ralf Bohn die B+T Group entwickelt. Heute umfasst die Gruppe 13 Gesellschaften. Noch setzt der Firmengründer vor allem auf die energetische Verwertung. Doch seit kurzem gehört auch die B+T Plastics GmbH zum Portfolio.

Entsorgungsrevier Hessen


Im Prinzip tut Ralf Bohn seit vielen Jahren einfach das Naheliegende. Er reagiert auf den veränderten Markt, geht Allianzen ein und investiert dort, wo er seine Abnehmer schon kennt. Das macht der Geschäftsführer der B+T Group seit knapp 20 Jahren so geschickt, dass er seinen ursprünglich kleinen Logistikbetrieb Stück für Stück zu einer Gruppe mit 13 GmbH, 220 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro entwickelt hat.

Die Firmengeschichte des Unternehmens mit Sitz im hessischen Alsfeld geht weit zurück. Vor 160 Jahren haben Bohns Vorfahren mit Holztransport angefangen. Heute, sieben Generationen später, ist sein Bruder Andy Bohn nach wie vor mit einer eigenen Firma in diesem Bereich tätig. Ralf Bohn hingegen beginnt vor rund 20 Jahren, sich mit Reststoffen aus Papierfabriken zu beschäftigen, und gründet eine GmbH. „Das war naheliegend, da wir durch den Holztransport schon gute Kontakte in dieses Branche hatten“, sagt Bohn. Bis zu 1,3 Millionen Tonnen Reststoffe aus der Papierindustrie verarbeitete das Unternehmen zu Spitzenzeiten jährlich, heute sind es rund 850.000 Tonnen pro Jahr.

Neue Aufbereitungsanlage für Zementwerk Schwenk

Fünf Jahre später geht Bohn das nächste Projekt an: Weil sich abzeichnet, dass Reste wie Spuck- und Kunststoffe nicht mehr auf Deponien abgelagert werden dürfen, geht Bohn mit mobilen Aufbereitungsanlagen auf den Markt. 2004 entsteht die erste Anlage mit 180.000 Tonnen Kapazität. „Dabei haben wir unter anderem die Spuckstoffe aus der Papierindustrie zu Brennstoffen verarbeitet und die bestehenden Kontakte in die Zementindustrie genutzt“, sagt Bohn. Aus einer EBS-Anlage wurden im Laufe der Jahre fünf. Die sechste wird gerade in Allmendingen bei Ulm in Betrieb genommen. Die neue Aufbereitungsanlage liegt direkt auf dem Gelände des Zementwerks Schwenk und hat eine genehmigte Kapazität von 180.000 Tonnen Input. „Zunächst werden wir aber lediglich mit dem Bedarf des Zementwerks beginnen“, sagt Bohn. „Das sind rund 70.000 Tonnen jährlich“. Insgesamt können in allen sechs EBS-Anlagen 980.000 Tonnen pro Jahr verarbeitet werden.

B+T Group
B+T Group

Wiederum über den langjährigen Kontakt in die Papierindustrie bekam Bohn 2005 die Chance, in Witzenhausen ein Kraftwerk am Standort des damaligen Herstellers von Wellpappenrohpapier, SCA, zu errichten. „SCA war bereits viele Jahre unser Kunde im Entsorgungsbereich“, erinnert sich Bohn. Inzwischen wird die Papierfabrik von DS Smith betrieben, das Kraftwerk mit einer Brennstoffleistung von 124 MW stellt die komplette Energie zur Verfügung. Dampf und Strom, den die Papierfabrik nicht benötigt, wird in das lokale Netz eingespeist „Zu Betriebsbeginn waren wir noch etwas grün hinter den Ohren“, gibt der Geschäftsführer zu. „Aber im sechsten Jahr Regelbetrieb haben wir viel gelernt und Know-how gewonnen und sind mit dem Großprojekt sehr zufrieden.“

Als Kraftwerksbetreiber beschäftigt sich Bohn auch mit den Verbrennungsresten. Um neben den eigenen anfallenden Aschen auch die von anderen Unternehmen verarbeiten zu können, gründete er eine weitere GmbH, die inzwischen 350.000 Tonnen Aschen jährlich aufbereitet. „Diese Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt“, sagt Bohn. Außerdem kümmert sich eine weitere Gesellschaft um etwa 85.000 Tonnen Magnetschrotte aus Aufbereitungsprozessen.

Zuwächse bei allen Gesellschaften

Neben neuen Investitionen und Gesellschaften setzt Bohn auch auf Partner. „Terra Nova, ein Unternehmen aus der Schweiz, macht im Bereich Papierindustrie das gleiche wie wir in Deutschland. Aus dem Konkurrent ist vor vielen Jahren ein Partner geworden“, sagt Bohn. Erkennbares Zeichen für die Verbindung ist, dass mehreren seiner Gesellschaften ein „B+T“ vorgestellt ist. Daneben gibt es weitere Kooperationen. Zu 50 Prozent ist beispielsweise ELM-Recycling an der Albbrennstoff GmbH beteiligt, die wiederum die jüngste EBS-Anlage betreibt. Zusammenschlüssen ist Bohn also nicht abgeneigt. Nur eines möchte er vermeiden: zu große Partner. „Ich will mich auf Augenhöhe treffen“, sagt er. „Bei Konzernen weiß man nie genau, wer einem morgen gegenüber sitzt.“

Die Geschäfte laufen gut für Bohn. „Wir verbuchen in allen Betriebsgesellschaften Zuwächse“, sagt er. Die Zahl der Mitarbeiter erhöhe sich ständig, jährlich gebe es ein organisches Wachstum. Insgesamt verarbeitet die Gruppe rund 2,7 Millionen Tonnen Abfall.

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B+T Group 2013
Umsatz (in Mio. Euro) 150
Gesellschaften 13
Mitarbeiter 220
Handel und Verarbeitung 850.000 t Reststoffe aus der Papierindustrie
670.000 t Haus- und Gewerbeabfälle
690.000 t EBS (Kapazität: 980.000 t)
350.000 t Aschen
85.000 t Schrott

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Dennoch bekommt auch Bohn die veränderten Marktbedingungen zu spüren. Vor allem durch die Überkapazitäten auf dem Verbrennungsmarkt sind die Abfallannahmepreise stark gesunken, die Müllmengen immer begehrter. „Wir haben rings um die TASi viele Verträge mit Kommunen geschlossen, konnten einige Hausmüllausschreibungen gewinnen, haben Verträge im benachbarten Ausland und produzieren zwei Drittel unseres Inputbedarfs selbst“, beschreibt Bohn die Strategie, die ihn von Marktpreisen ein Stück weit unabhängig macht. „Außerdem sind unsere Anlagen groß, wir können zu vernünftigen Stückkosten produzieren und trennen im Rahmen der Aufbereitung in nieder-, mittel- und hochkalorischen Brennstoff. So stehen wir auf mehreren Beinen.“

Trotz momentaner Markterholung kann sich Bohn in Deutschland kein weiteres Kraftwerk auf Abfallbasis in der Größe wie in Witzenhausen vorstellen. Der heimische Markt sei dicht. „In einem anderen Land ist so ein Großprojekt aber sicher möglich“, sagt Bohn. Konkrete Pläne dafür gebe es noch nicht. Nach der aktuellen Inbetriebnahme sei auch erstmal keine neue GmbH oder große Investition geplant. Trotzdem schielt Bohn schon jetzt ein wenig in Richtung stoffliche Verwertung. Zwei bis drei seiner Mitarbeiter kümmern sich bereits um dieses Thema, alle EBS-Anlagen seien so gebaut, dass sie um Sortierstufen erweitert werden könnten. „Wenn wir mehr stofflich rausholen wollen, könnten wir nachrüsten“, sagt Bohn. Noch sei der Markt aber zu volatil, „da muss man zum jetzigen Zeitpunkt sehr vorsichtig investieren“.

Einen Schritt in Richtung stoffliche Verwertung hat Bohn aber dann doch gemacht: Er hat das PET-Recyclinggeschäft von Meister Recycling in Großenlüder gekauft. Die entsprechende GmbH B+T Plastics wurde zum 1. Juli gegründet. „Das lag aber eher an einer guten Gelegenheit und soll keine neue strategische Ausrichtung sein“, betont Bohn. Es war also einfach naheliegend.

© 320°/ek | 11.09.2014

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