Verpackungen

Wie gut lässt sich eine Verpackung recyceln und wie wirkt sich das preislich auf die Lizenzierung aus? Erste Systembetreiber haben inzwischen eigene Bewertungsmethoden entwickelt. Zur Anwendung kommen verschiedene Kriterien.

Ermittlung der Recyclingfähigkeit: Erste Bewertungsmethoden liegen vor


Wie recyclingfähig ist eine Verpackung, welche Materialien wurden verwendet und wie gut lassen sich diese auseinandersortieren? Bisher haben diese Umstände bei der Lizenzierung von Verpackungen keine Rolle gespielt – billiger oder teurer wurden sie dadurch nicht. Das soll sich ab 1. Januar 2019 ändern, denn dann tritt das neue Verpackungsgesetz in Kraft.

In Paragraf 21 hat der Gesetzgeber festgelegt, dass „im Rahmen der Bemessung der Beteiligungsentgelte Anreize zu schaffen [sind], um bei der Herstellung von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen 1. die Verwendung von Materialien und Materialkombinationen zu fördern, die […] zu einem möglichst hohen Prozentsatz recycelt werden können, und 2. die Verwendung von Recyclaten sowie wie nachwachsenden Rohstoffen zu fördern.“

Künftig soll es also für einen Inverkehrbringer umso günstiger werden, je nachhaltiger und recyclingfähiger seine Verpackung ist. Eine einheitliche Bewertungsmatrix oder -methode verlangt der Gesetzgeber nicht. Stattdessen müssen die Systeme selbst Anreize schaffen und festlegen, wie sich die Recyclingfähigkeit auf die Entgelte auswirkt. Die Zentrale Stelle veröffentlicht ab kommendem Jahr lediglich bis zum 1. September gemeinsam mit dem Umweltbundesamt jährlich einen Mindeststandard für die Bemessung der Recyclingfähigkeit.

Zwei duale System haben Bewertungssystem bereits vorgestellt

Mindestens zwei duale Systeme haben ihre Hausaufgaben bereits gemacht. Der Grüne Punkt bietet bereits seit geraumer Zeit an, die Verpackungen zu testieren und die Recyclingfähigkeit zu bestimmen. Dabei arbeitet der Systembetreiber mit dem Institut cyclos-HTP zusammen, das sich vor allem mit Recyclingfähigkeit und Produktverantwortung beschäftigt.

Laut dem Grünen Punkt wird bei der Bestimmung der Recyclingfähigkeit ein Referenzmodell hinzugezogen und anschließend die Verpackung anhand von Bewertungskriterien wie recyclingfähige Gewichtsanteile, das Verhalten der Verpackungen bei Nahinfrarot-Spektroskopie, die Leitfähigkeit, die Dichte und die Auflösegeschwindigkeit etc. untersucht.

Als „recyclingfähig“ gelten bei der Bewertung des Grünen Punkts die Mengenanteile der Verpackung, deren Rezyklate nach aktuellem Stand und Verfügbarkeit der Recyclingtechnik korrespondierende Neuware ersetzen können. „Die Gesamtbewertung der Recyclingfähigkeit erfolgt durch Multiplikation gemäß erhobenen Bewertungskriterien ermittelten Einzelziffern und wird als graduelle Kennzahl (%-recyclingfähig) ausgewiesen“, heißt es beim Grünen Punkt weiter.

Interseroh hat Punktesystem entwickelt

Neben dem größten Systembetreiber Deutschlands hat nun auch Interseroh eine eigene Prüfmethode für die Verpackungen entwickelt. Für die Bewertung hat Interseroh das bifa Umweltinstitut als wissenschaftlichen Partner ins Boot geholt. Überprüft wurde die Systematik von Experten des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV.

Laut Interseroh basiert das Bewertungssystem auf einem dreistufigen Punktesystem: „In der ersten Stufe wird ermittelt, ob der Verbraucher die Verpackung problemlos dem richtigen Erfassungssystem zuordnen kann. Anschließend wird in der zweiten Stufe geprüft, wie sich die Verpackung bei der Sortierung verhält.“ Abschließend wird untersucht, ob die Verpackung für eine werkstoffliche Verwertung geeignet ist oder ob zum Beispiel Etiketten, Farben oder Verschlüsse das Recycling erschweren. Insgesamt können bis zu 20 Punkte vergeben werden.

Dass nun statt einer einheitlichen Messmethode künftig mehrere Bewertungssysteme angeboten werden, ist für Interseroh-Sprecherin Susanne Jagenburg kein Problem. Im Gegenteil: „Der Gesetzgeber wollte mit dem Paragrafen 21 im Verpackungsgesetz gerade die Phantasie der unterschiedlichen Ansätze anregen“, betont sie.

Regierung will Wirkung der Anreize bis 2022 überprüfen

Wann die anderen Systembetreiber nachziehen werden, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob die neuen Bewertungen und finanziellen Anreize tatsächlich die gewünschte Veränderung beim Verpackungsdesign bringen werden. Das will der Gesetzgeber drei Jahre nach Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes überprüfen. Bis zum 1. Januar 2022 wird die Regierung dann über „weiter gehende Anforderungen an die Bemessung der Beteiligungsentgelte [entscheiden]“.

Erste Erkenntnisse sind bereits ab Juni kommenden Jahres zu erwarten. Denn wie es im Gesetz weiter heißt, müssen die Systeme der Zentralen Stelle und dem Umweltbundesamt jährlich bis zum 1. Juni berichten, wie sie die Entgelte nun bestimmen und dabei auch angeben, welcher Anteil der jeweiligen Verpackung einem hochwertigen Recycling zugeführt wurde. Diese Berichte werden dann geprüft und veröffentlicht.

 

© 320° | 05.06.2018

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