Ziegelschutt in Recycling-Beton

Baden-Württemberg avanciert zum Vorreiter in Sachen Recycling-Baustoffe im Hochbau. Derzeit werden im Labor erprobte Betonrezepturen mit Gesteinskörnungen nach Typ 2 und geringem Anteil Ziegelschutt in Wohnbauprojekten eingesetzt. Doch das soll erst der Anfang sein.

Erste Bauprojekte mit neuen Betonrezepturen realisiert


Recyclingbaustoffe in Deutschland waren bislang schwer zu vermarkten. Das gilt insbesondere für RC-Beton im Hochbau. Doch inzwischen scheint sich die Haltung der Baustoffindustrie zu ändern.

Deutlich wird das an zwei Projekten, die vergangene Woche bei einem Fachsymposium in Stuttgart vorgestellt wurden. Dabei handelt es sich um zwei Wohnbauprojekte in Stuttgart-Ost und Weilheim/Teck. Bei beiden Vorhaben wird Beton eingesetzt, der Gesteinskörnungen nach Typ 2 enthält. Das heißt, dass ein Anteil von 20 bis 30 Prozent im Beton aus aufbereiteten Altstoffen stammt.

„Neu ist, dass der Anteil von Ziegelschutt daran zwischen 20 und 30 Prozent beträgt“, erklärt Florian Knappe vom Heidelberger ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung. Neu ist aber auch, dass solche Vorhaben offenbar stärker auf Zustimmung der Baustoffindustrie stoßen. An derartigen Baustoffen bestehe großes Interesse, bestätigt Hagen Aichele, Leiter Betonproduktion Region Stuttgart beim Betonhersteller Holcim und beteiligt am Bauprojekt im Weilheim/Teck. Eine einzelne Linie im Herstellungsprozess habe Holcim bereits auf die neue Betonrezeptur umgestellt. Darüber hinaus könne die RC-Betonrezeptur nun auch zum Schweizer Mutterkonzern exportiert werden.

In Deutschland traut man sich jetzt

„Normalerweise sind es die Schweizer, die solche Ideen zuerst umsetzen“, sagt Florian Knappe. Aber auch in Deutschland traue man sich nun. So gebe es in der Zwischenzeit einige Projekte. In Winnenden etwa habe die Firma Schief Entsorgungsgesellschaft das neue Wiegehaus und Teile einer Stützmauer mit RC-Beton gebaut, erklärt Knappe. Die Gesteinskörnung des RC-Beton bestehe komplett aus Ziegelschutt – also zu 30 Prozent. Einen Einsatz ließen die derzeit geltenden Regelwerke zwar nur durch eine Einzelfallgenehmigung zu, der Bau zeige aber, dass es funktioniert.

Verteilung der Produktion von Transportbeton nach Betonsorte* in Deutschland im Jahr 2013 Noch einen Schritt weiter geht der Betonhersteller Krieger. Das Unternehmen teste derzeit, inwieweit Sande aus gebrochenem Altbeton in neuen Betonrezepturen eingesetzt werden kann, erläutert Bernhard Dziadek, Laborleiter vom Beton-Technologiezentrum der Firma. Nun müssten die Probekörper auf Druckfestigkeit und Witterungsbeständigkeit geprüft werden. Wie nach den Versuchen weiter verfahren wird, ist ungewiss. „Entsprechende Regelwerke, die einen Einsatz erlauben, müssen erst noch erarbeitet werden“, sagt Knappe.

Der ifeu-Vertreter selbst sprach auf dem Fachkongress über den Einsatz mobiler Bauschuttrecyclinganlagen für den Rückbau. „Die Maschinen haben in der Branche den schlechten Ruf, nur Häuser klein zu machen, und sind abfallpolitisch heikel“, konstatiert Knappe. Dennoch seien sie „durchaus interessant für große Rückbauvorhaben in Ballungsgebieten.“ So habe ein Demonstrationsversuch mit dem Aufbereiter Feeß gezeigt, dass Gesteinskörnungen von ausreichender Qualität für die Anwendung als Frostschutzschicht im Straßenbau und auch den Einsatz in der Betonindustrie produziert werden könnten. Allerdings müssten die Wärmedämm-Verbundsysteme aufwändig entfernt werden, erklärt Knappe. Zudem seien Gipsplatten und -raumteiler sorgfältig auszusortieren.

Waschanlage für Böden

Die laut Knappe „erste Waschanlage für Böden in Deutschland“ stellte der Geschäftsführer von Feeß Erdbau, Walter Feeß, vor: „Eine Technik, die vorwiegend in England genutzt wird, aber großes Interesse hierzulande erfährt“, so Knappe. In der Anlage will Feeß Böden, die von Siedlungsabfällen belastet sind und bei Bauvorhaben anfallen, nass aufbereiten. Den entsprechenden Aufwand will er durch den Verkauf von Produkten wie Steine, Schluff, Sand und Ton kompensieren. Ob sich das lohnt, ist fraglich. Auch die Technik muss wohl noch abgestimmt werden, bisher werden die Kinderkrankheiten ausgemerzt. Sollte sie aber funktionieren, könnte ein zusätzlicher Absatzmarkt entstehen und Deponieraum eingespart werden.

Nicht mehr, sondern weniger Aufwand für die Bauschuttaufbereiter, fordert Mirko Landmann vom Institut für Angewandte Bauforschung Weimar. Die derzeitige Aufbereitungstechnologie für Bauschutt sei steinzeitlich, er plädiert stattdessen eine sensorgestützte Aufbereitung. Landmanns Argument: Der Abbruch müsse nicht ganz so sorgfältig erfolgen, das spare Zeit. Darüber hinaus könnten Materialien mit Anhaftungen sauberer aussortiert werden, zum Beispiel Ziegelsteine mit Dämmmaterialresten oder ausgeschäumte Betonsteine.

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