Kreislaufwirtschaftspaket

Nun ist das Kreislaufwirtschaftspaket der EU auch formell beschlossene Sache. Das EU-Parlament hat heute den neuen Regeln für Getrenntsammlung, Recycling und Deponierung zugestimmt. Was jetzt auf die EU-Mitgliedstaaten zukommt.

EU-Parlament stellt Weichen für mehr Recycling


Abfall muss in Deutschland und den übrigen EU-Ländern künftig noch konsequenter getrennt gesammelt und wiederverwertet werden. Das Europaparlament billigte am Mittwoch neue Recyclingquoten, für die sich auch Deutschland mehr anstrengen muss. Ziel ist es, Abfall möglichst zu vermeiden oder neu zu nutzen und nicht auf die Deponie zu fahren, um Umwelt, Klima, Gesundheit und Ressourcen zu schonen.

Das Parlament hatte sich mit den EU-Ländern bereits im Dezember auf die nun formal beschlossene Neuregelung geeinigt. Demnach sollen bis 2025 mindestens 55 Prozent des Hausmülls und bis 2030 mindestens 65 Prozent recycelt werden. Bislang liegt die Quote bei 44 Prozent. Ab 2035 sollen höchstens noch 10 Prozent des Mülls auf der Deponie landen.

Deutschland ist zwar in Europa Vorreiter bei der Mülltrennung und gibt seine Recyclingquote bereits mit 67 Prozent an. Allerdings wird nun EU-weit die Berechnung auf die inputorientierte Methode umgestellt. Danach dürfte die deutsche Quote sehr viel niedriger ausfallen. Die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft DGAW schätzte zuletzt, dass höchstens 40 Prozent des Hausmülls tatsächlich stofflich recycelt werden.

Die EU sieht eine Reihe weiterer Vorgaben für bestimmte Abfallarten vor. Im Einzelnen lauten die Vorgaben wie folgt:

Siedlungsabfälle:

Recyclingquote von 55 Prozent ab 2025, 60 Prozent ab 2030 und 65 Prozent ab 2035. Mitgliedstaaten, die im Jahr 2013 eine Recyclingquote von unter 20 Prozent oder eine Deponierungsrate von über 60 Prozent aufwiesen, können Übergangsfristen von bis zu fünf Jahren und Abweichungen von fünf Prozent für die Recyclingziele in Anspruch nehmen.

Verpackungsabfälle (übergreifend):

Recyclingquote von 65 Prozent ab 2025 und 70 Prozent ab 2030.Übergangsfristen von bis zu fünf Jahren und Abweichungen von höchstens 15 Prozent für eines der Materialziele oder aufgeteilt auf zwei Ziele sind möglich. Dabei darf keines der Recyclingziele unter 30 Prozent fallen. Das Recycling von Glas und Papier darf 60 Prozent nicht unterschreiten.

Im Einzelnen gelten für Verpackungsabfälle folgende Recyclingquoten:

  • Kunststoffe: 50 Prozent ab 2025 und 55 Prozent ab 2030
  • Holz: 25 Prozent ab 2025 und 30 Prozent ab 2030
  • Metall: 70 Prozent ab 2025 und 80 Prozent ab 2030
  • Aluminium: 50 Prozent ab 2025 und 60 Prozent ab 2030
  • Glas: 70 Prozent ab 2025 und 75 Prozent ab 2030
  • Papier: 75 Prozent ab 2025 und 85 Prozent ab 2030

Abfalldeponien:

Nach den neuen Vorschriften darf die maximale Deponierungsquote für Siedlungsabfall ab 2035 nur noch 10 Prozent betragen. Im Jahr 2014 haben Österreich, Belgien, Dänemark, Deutschland, die Niederlande und Schweden praktisch keinen Hausmüll auf Deponien abgelagert, während Zypern, Kroatien, Griechenland, Lettland und Malta noch mehr als drei Viertel ihrer Siedlungsabfälle auf diese Weise entsorgen.

Getrenntsammlung:

Vereinbart wurde, dass Bioabfälle, wie in Deutschland bereits üblich, EU-weit ab 2024 getrennt gesammelt werden müssen. Gleiches gilt für Textilien und als gefährlich eingestufte Haushaltsabfälle ab 2025.

Lebensmittelverschwendung:

Als unverbindliches Ziel wird vorgegeben, dass die Lebensmittelverschwendung bis 2030 um 25 Prozent und bis 2030 um 50 Prozent reduziert werden soll.

„Zum ersten Mal ein einheitlicher Rechtsrahmen“

„Mit diesem Paket bekennt sich Europa zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, die endlich Industriepolitik und Umweltschutz vereinbart“, kommentierte die Berichterstatterin Simona Bonafè (S&D, IT) das Abstimmungsergebnis im EU-Parlament. „Die Kreislaufwirtschaft ist in der Tat nicht nur eine Abfallwirtschaftspolitik, sondern ein Weg, um Rohstoffe zurückzugewinnen und die ohnehin knappen Ressourcen unseres Planeten nicht zu überfordern, auch durch tief greifende Innovationen in unserer Wirtschaft.“

„Dieses Paket enthält wichtige Maßnahmen zur Abfallwirtschaft, geht aber noch weiter, indem es Regeln festlegt, die den gesamten Lebenszyklus eines Produkts berücksichtigen und das Verhalten von Unternehmen und Verbrauchern verändern sollen. Zum ersten Mal sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sich an einen einheitlichen, gemeinsamen Rechtsrahmen zu halten“, fügte sie hinzu.

Dem Kreislaufwirtschaftspaket muss nun noch der EU-Ministerrat zustimmen. Die Zustimmung gilt als reine Formsache. Nach dem formalen Beschluss des Ministerrats haben die EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzuwandeln.

Die Kommission hat bereits angekündigt, die Fortschritte der Mitgliedstaaten zukünftig enger zu überwachen. Mitgliedstaaten, die Übergangsfristen in Anspruch nehmen, müssen die Kommission 24 Monate im Voraus darüber informieren und einen Plan vorlegen, der die Gründe für das Nichterreichen der Ziele erläutert. Außerdem müssen sie Maßnahmen vorlegen, um die Ziele zu erreichen. Zudem sollen die Recyclingziele für Verpackungen bereits 2024 überprüft und möglicherweise erhöht werden. Grundsätzlich sollen die Mitgliedstaaten bis 2024 die erweiterte Produzentenverantwortung (EPR) für alle Verpackungen einführen und dafür Systeme einrichten.

 

© 320°/dpa | 18.04.2018

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