EU-Gesetzgebung

Die EU will alternative Antriebsarten wie Biogas bei öffentlichen Nutzfahrzeugen erzwingen. Ab 2025 sollen für die Fahrzeuge entsprechende Quoten gelten. Für die Entsorgungsbranche wird das nicht nur teuer, sondern auch schwierig umzusetzen.

EU will Quote für saubere Nutzfahrzeuge vorschreiben


Die EU-Kommission will auch bei Nutzfahrzeugen weg von Diesel und Benzin. Ab 2025 soll ein gewisser Prozentsatz der Fahrzeuge aus der öffentlichen Beschaffung nur noch mit alternativen Antriebstechniken betrieben werden. Das geht aus dem Kommissionsvorschlag „zur Überarbeitung der Richtlinie 2009/33/EU über die Förderung sauberer Fahrzeuge“ hervor.

Für viele Kommunen und Unternehmen dürfte die derzeit in Brüssel diskutierte Richtlinie zum Problem werden, warnen sowohl der Kommunalverband VKU als auch der deutsche Bundesrat. Denn die geforderten Fahrzeuge werden zum einen kaum gebaut und wenn doch, sind sie extrem teuer. Konkret sieht der Kommissionsvorschlag folgende Regelungen vor.

  • Die Beschaffungsquote für saubere leichte Nutzfahrzeuge soll ab 2025 bei 35 Prozent liegen.
  • Bei Lkw sollen die Beschaffungsquoten für saubere Fahrzeuge ab 2025 bei 10 Prozent und ab 2030 bei 15 Prozent liegen.
  • Bei neuen Bussen müssen ab 2025 mindestens 50 Prozent und ab 2030 mindestens 75 Prozent als saubere Fahrzeuge gelten.
  • Als Antrieb wird dabei Strom, Wasserstoff und Erdgas einschließlich Biomethan (gasförmig oder flüssig) akzeptiert.
  • Plug-in-Hybrid betriebene schwere Nutzfahrzeuge gelten nur mit dem Faktor 0,5 als sauberes Fahrzeug.

Während der Bundesrat in einer Stellungnahme vor allem bei den Bussen starke Kostenbedenken geäußert hat und glaubt, dass kleine Kommunen mit einer kleinen Lkw-Flotte die geforderten zehn Prozent nicht erreichen können, gibt der Kommunalverband VKU vor allem zu bedenken, dass es die geforderten Fahrzeuge für die Abfallwirtschaft in der nötigen Anzahl überhaupt nicht gibt. „Die Hersteller haben noch nicht genug Alternativen entwickelt“, sagt Achim Schröter, stellvertretender Geschäftsführer der VKU-Sparte Abfallwirtschaft und Stadtreinigung.

Zwar sei vor allem Biomethan dank kommunaler Biogasanlagen oft ausreichend verfügbar. „Doch es gibt nur ganz wenige Fahrzeughersteller, die große Lkw mit ausreichend Zuladung herstellen, wie wir sie brauchen“, sagt Schröter. „Es gibt zwar einige Modelle, aber das sind dann oft nur Zwei-Achser, die nicht überall Sinn machen oder nicht den Berg rauf- oder runterkommen.“ Auch getestet würde mittlerweile viel – „aber bis 2025 ist es nicht mehr lange hin“, so der VKU-Experte.

Ein weiterer Punkt, den Schröter kritisiert: Aufgrund von unterschiedlichen Übersetzungsvarianten des Original-Kommissionsvorschlages sei unklar, ob in den Fahrzeugflotten bereits ab 2025 zehn Prozent der Fahrzeuge mit alternativen Energien angetrieben werden müssen, oder ob die Regelung ab dann nur für Neuanschaffungen gilt. „Bei der ersten Variante haben nicht nur die Kommunen, sondern auch die privaten Unternehmen ein echtes Problem. Denn als Drittanbieter müssen ja auch die Privatentsorger sich an die Vorgaben halten.“

Autohersteller entwickeln neue Antriebe

Einige Autoentwickler verkünden derweil, an alternativen Antrieben zu arbeiten. Die Entwicklungen gehen sowohl in Richtung Biogas und Wasserstoff als auch Strom. Mercedes beispielsweise hat vor wenigen Tagen bekanntgegeben, mit zwei 18 bis 25 Tonnen schweren eActors im Testbetrieb unterwegs zu sein. „Die Energie für die bis zu 200 km Reichweite des eActros kommt aus Lithium-Ionen-Batterien mit insgesamt 240 kWh Energiespeicherkapazität. Die Batterien können innerhalb von zwei bis drei Stunden wieder vollständig aufgeladen werden“, so der Hersteller. Ziel sei es, das emissionsfreie Fahren auch mit Serien-Lkw zu realisieren.

Hinzu kommen Lkw-Entwickler wie Tesla, Volvo oder Renault Trucks, die ebenfalls an der Elektromobilität im Lkw-Sektor arbeiten. Einige der derzeit getesteten und entwickelten Wagen sollen immerhin in den kommenden Jahren in Serie gehen.

Keine echte Alternative zum Dieselmotor?

Welche finanzielle Belastung die Lkw mit Elektroantrieb für die Käufer bedeuten, lässt sich kaum abschätzen. Erst kürzlich hatte die Unternehmensberatung McKinsey erklärt, dass sie im Lkw-Verkehr keine echte Alternative zum Dieselmotor sehe. Die Batterie für einen Elektro-Lastwagen sei teuer, wiege mehrere Tonnen, brauche viel Platz und bedeute für die Speditionen selbst beim Aufbau eines großen Schnellladenetzes lange Stehzeiten.

Auch mit Biogas gibt es mittlerweile Versuche. So testet seit Anfang August der Entsorgungskonzern Remondis mit den Partnern GVG Rhein-Erft, Zukunft Erdgas und Iveco die Betankung mit Biogas. Bei den Fahrzeugen handele es sich um dreiachsige Fahrgestelle mit gelenkter Nachlaufachse für bessere Wendigkeit. Die 26-Tonner sind mit 330 PS motorisiert.

Eine weitere Alternative sieht McKinsey langfristig im Wasserstoffantrieb. Ein Netz von 1.000 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland würde reichen, und der Aufbau dieser Infrastruktur würde nur eine Milliarde Euro kosten, so die Unternehmensberater.

Richtlinie wird am 10. Oktober im Umweltausschuss diskutiert

Dass der EU-Kommissionsvorschlag zur Förderung sauberer Fahrzeuge tatsächlich in eine Richtlinien-Novelle münden wird, ist durchaus wahrscheinlich. Denn die Überarbeitung der Richtlinie ist Teil des Europäischen Straßenverkehrspakets „Clean Mobility Package“. Die Kommission will die transportbedingten Emissionen bis 2050 um 40 Prozent reduzieren. Der Entwurf der neuen Richtlinie wurde von der Kommission Ende vergangenen Jahres vorgestellt. Mittlerweile ist er im EU-Parlament angekommen und wird dort von den Berichterstattern bearbeitet.

Im Umweltausschuss des Parlaments steht das Papier nach Angaben eines Parlamentssprechers am 10. Oktober zur Abstimmung. Wann das gesamte EU-Parlament über den Entwurf abstimmen wird, steht noch nicht fest. Nach Informationen aus dem Ausschuss-Sekretariat dürfte das in der November- oder Dezember-Plenarwoche der Fall sein. Nach dieser Abstimmung muss die Richtlinie, sofern sie angenommen wird, auch vom Rat angenommen werden.

 

© 320° | 08.08.2018

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