Brennstoffzellen-Technologie

Akku oder Brennstoffzelle? Auf dem Weg zur Elektromobilität scheinen wasserstoffbetriebene Lkw die Nase vorn zu haben. Sie haben zwei wesentliche Vorteile gegenüber dem Akkubetrieb und empfehlen sich vor allem für den Flottenbetrieb.

Städte setzen auf wasserstoffbetriebene Fahrzeuge


Viele europäische Städte müssen schnell für bessere Luft sorgen. Dabei setzen Kommunen immer öfter auf die Brennstoffzellentechnologie – nicht nur bei ihren Fahrzeugflotten, sondern bei Wärmeerzeugungs- sowie Industrieprozessen. Allein in den kommenden fünf Jahren wollen rund 90 europäische Städte 1,8 Milliarden Euro in die neue Technologie investieren, wie aus einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger hervorgeht.

Die Städte wollen in Stadtbusse, Autos und Lieferwagen mit Brennstoffzellen sowie in Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen investieren. Mittelfristig wollen sie auch entsprechend ausgestattete Müllwagen, Züge und Schiffe anschaffen. „Die Brennstoffzelle führte lange wegen geringer Nachfrage ein Schattendasein“, sagt Yvonne Ruf, eine der Autoren der Studie „Fuel Cells and Hydrogen for Green Energy in European Cities and Regions“. „Wir erleben derzeit allerdings eine Art Renaissance für die Brennstoffzelle.“

Beim Wasserstoffantrieb wird Wasserstoff als Treibstoff genutzt. Die Brennstoffzelle wird genutzt, um aus dem Wasserstoff auf emissionsfreie Weise Strom zu erzeugen. Insbesondere im Flottenbetrieb und Schwerlastbereich können derart betriebene Fahrzeuge durch kurze Betankungszeiten und größere Reichweiten auftrumpfen – und damit jene Nachteile ausgleichen, die bislang noch dem Akkubetrieb nachgesagt werden.

Die Umrüstung verspricht nicht nur Umwelt-, sondern auch Wirtschaftseffekte: Der globale Industrieverband Hydrogen Council rechnet damit, dass bis 2050 sogar rund 30 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze entstehen werden. Der Einsatz der Wasserstofftechnologie werde jährliche Umsätze von rund 2.000 Milliarden Dollar weltweit generieren, heißt es. Voraussetzung sei jedoch, dass der Wasserstoff sich als globaler Energieträger durchsetzt und bis zu 18 Prozent der globalen Energienachfrage abdeckt.



Geringe Stückzahlen bei Fahrzeugen

Wie die aktuelle Studie zeigt, sind die Pläne der meisten Kommunen konkret. Entsprechende Fördermittel sind bereits bewilligt oder mindestens beantragt. Dazu gehört auch der Aufbau eigener Tankstellen. Vor allem ab dem Jahr 2022 soll es demnach zu einem zügigen Ausbau des Netzes kommen; der nötige Wasserstoff soll überwiegend durch Elektrolyse vor Ort hergestellt werden.

Bei der Umsetzung ihrer Pläne stoßen die befragten Regionen und Kommunen allerdings auf einige Hürden. Denn bislang fertigen nur wenige – vor allem asiatische – Hersteller kommerziell nutzbare Busse, Lieferwagen und Autos in kleinen Stückzahlen. Dadurch übersteigt die Nachfrage das Angebot. Einige laufende Ausschreibungsverfahren wurden angeblich bereits zurückgezogen.

Zusätzlicher Bedarf an LKW und Zügen dürfte in Kürze aus dem privaten Logistikbereich auf die Anbieter zukommen. Die Autoren empfehlen deshalb eine deutliche Ausweitung der Produktionskapazitäten vor allem bei europäischen Herstellern, die bislang oft nur nach Auftrag oder mit langen Lieferzeiten fertigen.

„Der Brennstoffzellenantrieb mit Wasserstoff ist gerade im Schwerlastbereich und Flottenbetrieb eine wettbewerbsfähige Technologie. Wenn die flächendeckende Umrüstung auf emissionsfreie Flotten gelingen soll, müssen die Hersteller jetzt dringend investieren, um sich wichtige Marktanteile zu sichern“, rät Heiko Ammermann, Senior Partner von Roland Berger und Leiter des Competence Centers Transportation.


Infografik: Alternative Antriebe: E-Autos fahren am günstigsten | Statista


Aber auch auf der Schiene wird mit dem Wasserstoffantrieb experimentiert. So arbeiten derzeit Erlanger Wissenschaftler an wasserstoffbetriebenen Zügen als Alternative zu umweltbelastenden Diesel-Loks. Die Entwicklung von Wasserstoffzügen ist eines von sieben von der bayerischen Staatsregierung geförderten Pilotprojekten. Dabei sollen schadstoffarme Loks, darunter auch solche mit Hybridantrieben, auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden

Ein erster Prototyp könnte voraussichtlich in fünf Jahren auf bayerischen Gleisen rollen. Wissenschaftler des Helmholtz-Instituts Erlangen-Nürnberg (HI ERN) halten es für möglich, dass wasserstoffbetriebene Züge mittelfristig auf nicht elektrifizierten Bahnstrecken in Deutschland eingesetzt werden. Derzeit verfügen nur 60 Prozent der Strecken über eine Oberleitung, die Elektroloks mit Strom versorgt.

 

© 320° | 03.12.2018

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