Reform des Emissionsrechtehandels

Eine rückläufige Stahlnachfrage, der Konkurrenzdruck aus China und nun auch noch die geplante Reform des Emissionsrechtehandels innerhalb der EU: Die europäische Stahlindustrie durchläuft eine schwere Krise. Kommt der Emissionsrechtehandel wie geplant, stünde die Stahlproduktion in Europa vor dem Aus, warnt ein Branchenvertreter.

Europäische Stahlindustrie steht mit dem Rücken zur Wand


Die Nachrichten, die derzeit aus der Stahlindustrie kommen, sind alles andere als ermutigend. Zuletzt hatte die Wirtschaftsvereinigung Stahl gemeldet, dass die Auftragsbestände in Deutschland zu Beginn des letzten Quartals 2015 auf das niedrigste Niveau seit 2009 gefallen sind. Grund für den Verlust von Marktanteilen sei der oft ruinöse und teilweise unfaire internationale Wettbewerb, beklagt der Verband.

Das Problem ist, dass sich daran auch im neuen Jahr wenig ändern dürfte. Denn 2016 könnte sich die Stahlnachfrage in China um weitere 3 Prozent und damit zum dritten Mal in Folge verringern, schätzen Experten. Zudem kommt der Abbau der Stahlkapazitäten in der Volksrepublik nicht voran, wie die Wirtschaftsvereinigung kritisiert. Die Überkapazitäten sind eine wesentliche Ursache dafür, dass China den Weltmarkt mit billigen Stahlknüppeln flutet. Die Wirtschaftsvereinigung befürchtet, dass die chinesischen Exporte im neuen Jahr erneut zunehmen und um weitere 8 Millionen Tonnen auf über 120 Millionen Tonnen steigen werden.

Aber auch Länder wie die USA, Brasilien und Russland bereiten Sorgen. In den USA ist es der niedrige Ölpreis, der die Stahlnachfrage hemmt, in den anderen Ländern ist es die nachlassende wirtschaftliche Dynamik. Zu allem Ungemach drohen der europäischen Stahlindustrie nun auch noch Zusatzbelastungen aus der geplanten Reform des europäischen Emissionsrechtehandels.

„Dann wäre die Stahlproduktion nicht mehr möglich“

Die Reform hätte aus Sicht der Stahlwirtschaft zur Folge, dass die Stahlindustrie in weitaus stärkerem Maße CO2-Zertifikate zukaufen müsste als bislang. Aditya Mittal, CEO bei ArcelorMittal Europe, warnte bereits vor dem „Niedergang der europäischen Stahlindustrie“, da die Branche zwischen 2020 und 2030 durch Mehrkosten in Höhe von 58 Milliarden Euro ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren würde. Nun legte vor wenigen Tagen auch Heinrich Hiesinger, Chef von Thyssen-Krupp nach.

ThyssenKrupp mache die Zukunft der Stahlsparte inzwischen von der Entwicklung des Emissionsrechtehandels abhängig, sagte Hiesinger der Zeitung Die Welt. „Werden die bisherigen Pläne der EU zur Neuordnung des Emissionsrechtehandels wie vorgesehen umgesetzt, ist Stahl aus Europa nicht mehr wettbewerbsfähig. Das muss man so deutlich sagen.“

Allein Thyssenkrupp sehe sich in der Zeit von 2021 bis 2030 einer Mehrbelastung von mehr als zwei Milliarden Euro gegenüber. Gleichzeitig drohten weitere Zusatzkosten durch die Novellierung des EEG-Gesetzes. „In der Summe sind das Mehrbelastungen, die wir schlichtweg nicht stemmen können. Da helfen auch weitere Einsparungen oder Umstrukturierungen nicht mehr. Für Thyssenkrupp wäre die Stahlproduktion dann nicht mehr möglich“, sagte Hiesinger.

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl warnte deshalb schon mehrfach vor einer Klimapolitik, die die Strukturen der deutschen Stahlindustrie gefährdet. Die Stahlindustrie sei hierzulande in punkto Wettbewerbsfähigkeit und Einbindung in starke industrielle Wertschöpfungsketten gut aufgestellt, betonte Kerkhoff Ende des vergangenen Jahres. „Um im aktuellen globalen Umfeld die Herausforderungen meistern zu können, braucht es dazu jedoch mehr denn je gleiche Wettbewerbsbedingungen, das heißt die Unterbindung von unfairem Handel auf dem europäischen Stahlmarkt, und in der Klimapolitik eine Ausgestaltung des Emissionsrechtehandels ohne Belastungen für die Wettbewerbsfähigkeit.“

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