Baustoff-Recycling

Unter dem Aspekt der Haltbarkeit ist gegen Recyclingbeton wenig einzuwenden. Das sieht auch ein Berliner Wissenschaftler so. Woran es aus seiner Sicht hapert, ist vielmehr ein anderer Faktor: Die Herstellung von RC-Beton sei nicht wirtschaftlich.

Experte: Herstellung von RC-Beton ist nicht wirtschaftlich


Der Bauboom der vergangenen Jahre hat viele Gebäude, Brücken und Schwimmbäder entstehen lassen. Doch die Zeiten, als Bauwerke hundert Jahre oder länger hielten, scheinen lange vorbei sein. Inzwischen bröckeln die Bauwerke oft schon wenige Jahre nach dem Bau.

„Eine Brücke sollte 80 bis 100 Jahre instandsetzungsfrei sein“, sagt Andreas Gerdes vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Tatsächlich aber ist bei Brücken in Deutschland inzwischen im Mittel alle 30 bis 35 Jahre eine Sanierung notwendig.“ Die Kosten einer Instandsetzung könnten das Zwei- bis Dreifache der ursprünglichen Bausumme betragen.

Eine zentrale Ursache für die rasante Alterung öffentlicher Bauwerke seien die derzeitigen Vergabeverfahren. „Die Kommunen sind rechtlich vielfach dazu gezwungen, das günstigste Angebot zu nehmen“, erklärt Gerdes, wissenschaftlicher Leiter des KIT Innovation Hub Prävention im Bauwesen. „Dann wird für ein Schwimmbad Fliesenkleber ähnlich dem fürs Badezimmer verwendet. Die Beanspruchung ist aber gar nicht vergleichbar.“ Auf den Millionenkosten für die Instandsetzung blieben meist die Kommunen sitzen, weil die Gewährleistung vielfach nur fünf Jahre umfasse. „Das ist so, als hätte man für eine Uhr eine Gewährleistung von sechs Wochen.“

In den vergangenen Jahrzehnten entstand so ein Teufelskreis: „Den Gemeinden fehlt das Geld dafür, mehr auf Qualität zu setzen, weil schon so viel Sanierungsbedarf aus vorhergehenden Billigbauprojekten besteht“, sagt Dietmar Stephan vom Institut für Bauingenieurwesen der Technischen Universität Berlin. „Es müsste einmal ein Schnitt gemacht werden, sonst trägt man die Probleme immer weiter in die nächsten Jahrzehnte.“

Neben der Verwendung geeigneter Materialien sei eine strenge Qualitätskontrolle wichtig, an der bisher oft gespart werde. „Wenn man bei 100.000 Euro Bausumme ein Prozent davon für die Kontrolle veranschlagt, gibt es oftmals große Diskussionen, obwohl es meist um ein Vielfaches teurer ist, das Bauwerk dann unter Nutzung sanieren zu müssen“, sagt Gerdes.


wirtschaftsbau---baugenehmigungen-nach-gebaeudeart-in-deutschland-2016


„Von Wirtschaftlichkeit noch weit entfernt“

Neben besserer Haltbarkeit sei auch die Wiederverwertung von Baustoffen ein wichtiger Faktor. Schon jetzt werden Beton und Mauerwerk wiederverwendet, allerdings überwiegend für einfache Dinge wie Wege und den Straßenunterbau, wie Stephan erklärt. Ein Großteil werde nur als minderwertiges Verfüllmaterial genutzt. „Die Wiederverwendung als Standard-Beton wäre durchaus möglich, die Haltbarkeit ist nicht schlechter, aber von Wirtschaftlichkeit sind die Verfahren hierzulande noch weit entfernt.“

In anderen Ländern wie den Niederlanden und der Schweiz ist der politische Druck höher – und Recycling im Bauwesen deshalb schon stärker verbreitet. „In den Niederlanden ist das Entsorgen von Betonschutt auf Deponien nicht erlaubt“, erklärt Stephan. „Da finden sich dann Wege, die Wiederverwendung wirtschaftlich hinzubekommen.“ In Schweizer Städten wie Zürich sei die Verwendung von Recycling-Beton von vorherein in den Ausschreibungen von Bauprojekten festgelegt. In der Folge werde die gesamte Wiederverwertungskette engmaschiger und effizienter.

 

© 320°/dpa | 30.05.2018

Mehr zum Thema
Wird die Energie- und Antriebswende ausgebremst?
Alternative Papiersorten: Wie gut sind die Top Ten wirklich?
Was natürliche Dämmstoffe leisten können – und was nicht
Kataster in Heidelberg umfasst bereits 466.000 Tonnen Baumaterial
Rohstoffimporte: „Höchste Zeit für einen Kurswechsel“
Gute Nachfrage lässt Altpapierpreise steigen
Deutsche Industrie weiter im Plus
Wissenschaftler planen Bioasphalt