Markt in Europa

Der Stahlverbrauch in Europa dürfte 2019 in allen Industriebranchen weniger stark wachsen. In den wichtigen Abnehmerbranchen Maschinenbau und Bauindustrie könnte sich das Wachstum halbieren, meinen Experten. Noch stärker könnte der Bedarf der Automobilindustrie fallen.

Stahlverbrauch: Experten erwarten weniger Wachstum


Die gute Nachricht zuerst: Der europäische Stahlmarkt wächst weiter. Die weniger gute Nachricht: Das Wachstum wird sich im kommenden Jahr halbieren. Zu diesem Schluss kommt der europäische Stahlverband Eurofer in seinem neuesten Report zur europäischen Stahlwirtschaft. Demnach soll der Stahlverbrauch in Europa in diesem Jahr um 2,2 Prozent auf 163 Millionen Tonnen steigen und im kommenden Jahr um 1,1 Prozent auf 164 Millionen.

„Das Wachstum stabilisiert sich in den europäischen Stahlmärkten in etwa so, wie es erwartet wurde“, sagt Axel Eggert, Generaldirektor bei Eurofer. Sorgen bereitet der Stahlbranche insbesondere der Zollstreit und die befürchtete weltweite Abkühlung der globalen Nachfrage. „Die Handelsspannungen können den Markt aus dem Gleichgewicht bringen, genauso wie ein Nachfragerückgang in einigen Wirtschaftsbereichen“, glaubt Eggert.

Trotz der Unsicherheiten wird die stahlverarbeitende Industrie voraussichtlich weiter wachsen. Für dieses Jahr erwartet Eurofer ein Wachstum von etwa 3,5 Prozent. Im Jahr 2019 könnten die Geschäfte aber nur noch um 1,8 Prozent zulegen. Bezogen auf das Gesamtwachstum der einzelnen Sektoren rechnet Eurofer mit folgenden Entwicklungen:

  • Bauindustrie: Dank voller Auftragsbücher für Gebäude jeder Art soll es hier ein Wachstum von etwa 4,4 Prozent im laufenden Jahr geben. Für 2019 liegt die Prognose aber nur noch bei 2,6 Prozent.
  • Automobilbranche: Der Umsatz der Autoindustrie könnte 2018 um 2,4 Prozent zulegen. Da im kommenden Jahr unter anderem weltweite Zölle befürchtet werden, wird für 2019 nur noch ein leichtes Wachstum von 0,7 Prozent erwartet.
  • Maschinenbau: Ein eher schwacher Euro lässt die Produkte aus dem Maschinenbau international wettbewerbsfähig bleiben und soll im laufenden Jahr für ein Plus von 5 Prozent sorgen. Im kommenden Jahr soll der Markt aber deutlich zurückgehen – und nur noch um 2 Prozent wachsen.
  • Stahlrohre: Da mehrere Pipelineprojekte derzeit auf der Kippe stehen beziehungsweise zum Stillstand gekommen sind, wird für das Gesamtjahr ein Minus von 0,2 Prozent vorhergesagt. Im kommenden Jahr soll die Nachfrage dann wieder um 0,7 Prozent steigen.
  • Elektrische Hausgeräte: Da der Privatkonsum leicht ansteigen soll, wird auch im Bereich elektrischer Hausgeräte mit einem Plus gerechnet. Im Jahr 2018 soll dieses bei 1,2 Prozent und im kommenden Jahr bei 1,9 Prozent liegen.
  • Metallprodukte: Hier soll das Plus in 2018 bei 3,8 und in 2019 bei 1,7 Prozent liegen.

Gutes zweites Quartal

Behält Eurofer mit seinen Prognosen Recht, werden die kommenden Monate den Trend des bisherigen Jahresverlaufs fortsetzen: Laut neuester Daten zum zweiten Quartal 2018 hat sich der Stahlverbrauch in Europa gegenüber dem Vorjahresquartal um 4,4 Prozent verbessert. Im Vergleich zum ersten Quartal 2018 lag der Wert um 0,7 Prozent höher.

Laut Eurofer gab es für diese Entwicklung zwei Gründe: Der Umstand, dass einige Stahlhändler ihrer Lager auffüllen wollten und eine gute Nachfrage seitens der Industrie.

Stark gestiegen ist im zweiten Quartal auch der Import von Stahl aus Nicht-EU-Ländern: Er lag im ersten Quartal 2018 um 9,8 Prozent höher als noch im Jahr zuvor. Damit kam rund ein Viertel des in Europa verarbeiteten Stahls aus Drittländern. Aber auch die europäischen Stahlunternehmen konnten ihren Absatz innerhalb der EU stärken: Sie lieferten 3,7 Prozent mehr Stahl als noch im Vorjahreszeitraum.

Stahlschrottpreise fallen dennoch

Bei den Stahlschrottpreisen hat sich unterdessen die gute Marktentwicklung nicht niedergeschlagen. Mit wenigen Ausnahmen sind die Notierungen seit Jahresbeginn gefallen, wie die Preisübersicht des Stahlrecyclingverbands BDSV zeigt. Lediglich im März verzeichnen alle Stahlschrottsorten ein Plus.

Zuletzt fielen im September alle Sorten im Vergleich zum Vormonat um mehr als zehn Euro pro Tonne. Der aktuelle Rückgang ist nach dem Preisverfall im Februar der höchste in diesem Jahr. Im gesamten Jahresverlauf von Januar bis September sind die Stahlschrottpreise bislang über alle Sorten hinweg um rund 20 Euro gefallen.

 

© 320° | 30.10.2018

Mehr zum Thema
Mehr Rezyklate, weniger Plastik: Was Apple bislang erreicht hat
Wird die Energie- und Antriebswende ausgebremst?
Batteriepaket der Raumstation ISS schlägt in Wohnhaus ein
Neue Marke: Heraeus bietet Produkte aus recycelten Edelmetallen an
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan
Alternative Papiersorten: Wie gut sind die Top Ten wirklich?
Der längste Streik in der Geschichte der IG Metall
Thyssenkrupp kündigt Abbau von Stahlkapazitäten an
Rohstoffimporte: „Höchste Zeit für einen Kurswechsel“
Gute Nachfrage lässt Altpapierpreise steigen
Deutsche Industrie weiter im Plus