Neue Batterie-Technologie

Die Vorteile von Festkörper-Akkus gegenüber Lithium-Akkus können sich sehen lassen: Sie sind leichter, versprechen eine größere Reichweite und ultrakurze Ladezeiten. Zudem sind sie weniger schnell entzündlich und wesentlich kostengünstiger. Nur: Was würde damit auf die Recycler zukommen?

Festkörper-Akku könnte E-Mobilität revolutionieren


Ein Tweet des Autodesigners Henrik Fisker elektrisiert derzeit die E-Mobility-Branche: Der Däne will bis 2023 Elektroautos mit einer Festkörper-Batterie auf den Markt bringen. Damit soll eine Reichweite von 800 Kilometern und eine ultrakurze Ladezeit von nur einer Minute möglich werden. Ein Patent hat Fisker dafür schon angemeldet.

Die Festkörper-Batterien sollen aus neuartigen Werkstoffen bestehen und dreidimensionale Elektroden mit der 2,5-fachen Energiedichte von Lithium-Ionen-Batterien aufweisen, berichtet das Fachmagazin GreenCarCongress. Mehr Details über die neuartige Batterietechnologie und die verwendeten Materialien sind momentan nicht in Erfahrung zu bringen. Die große Herausforderung bei Festkörper-Batterien besteht darin, ein festes Material für beide Elektroden und auch den Elektrolyten zu finden, das leitfähig genug ist, um in großen Batterien verwendet werden zu können.

Festkörperzellen für Lithium-Batterien

Auch andere Unternehmen beschäftigen sich bereits mit der Festkörper-Technologie. Der Automobilzulieferer Bosch beispielsweise will bis 2020 eine Lithium-Batterie auf den Markt bringen, die im Vergleich zu heutigen Modellen eine mehr als doppelt so hohe Energiedichte besitzt und zudem deutlich günstiger in der Herstellung ist. Ein Elektroauto soll damit ohne Aufladen mehr als 300 Kilometer weit fahren. Gleichzeitig wäre der neuartige Batterietyp um rund 75 Prozent kleiner und nur noch halb so schwer.

Der Technologiesprung, der sich da in der Welt der Batterien andeutet, basiert auf einer Innovation in der Zellchemie. Gegenwärtig besteht die Anode von Lithium-Ionen-Batterien zu großen Teilen aus Graphit. Mit der neuartigen Festkörper-Technologie ließe sich die Anode künftig aus reinem Lithium fertigen, erklärt Bosch. Dann wäre es möglich, auf demselben Raum deutlich mehr Energie zu speichern. Zudem wäre der Elektrolyt im Gegensatz zum bisher genutzten flüssigen Leiter nicht brennbar.

Neuer Batterietyp aus Glas

Auch der Erfinder der Lithium-Ionen-Batterie, John Goodenough, forscht inzwischen an der Festkörper-Batterie. Er und seine Kollegin Maria Helena Braga haben an der University of Texas at Austin einen Akku entwickelt, der ähnlich wie der Fisker-Akku in nur wenigen Minuten aufgeladen sein soll. Wie die US-amerikanische Universität berichtet, soll die Energiedichte über drei Mal so hoch sein wie bei heutigen Lithium-Ionen-Batterien. Das würde eine deutlich höhere Reichweite von Elektroautos versprechen.

Der Schlüssel für die neuartige Batterie besteht aus Glas. Denn Goodenough und Braga setzen Glas als festen Elektrolyt ein, der Anode und Kathode verbindet. Dadurch soll die Gefahr von Kurzschlüssen oder gar Bränden ausgeräumt werden, wie die beiden Forscher betonen.

Im Vergleich zu Lithium-Ionen-Akkus wäre das ein großer Vorteil. Bislang sind Akkus mit Flüssigelektrolyten bestückt. Flüssigelektrolyte aber neigen bei Stauchung des Gehäuses zur Entzündung, und bisweilen auch zur Explosion, wenn das Elektrolyt mit Luft oder Wasser in Kontakt gerät.


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Herstellungskosten könnten sinken

Die Verwendung von Glaselektrolyten anstatt von flüssigen Elektrolyten erlaubt außerdem den Einsatz von Anoden aus Alkalimetallen. Damit kann laut dem Forscherteam die Bildung von Dendriten verhindert werden, eine typische Alterungserscheinung von heutigen Akkus. Dendriten sind elektrochemische Ablagerungen von Metall an den Elektroden eines Akkus.

Bei Lithium-Ionen-Akkus kann sich beispielsweise Lithium an den Elektroden ablagern und dort mit der Zeit zu kleinen Nadeln heranwachsen. Im schlimmsten Fall können diese Nadeln den Separator durchstoßen, was einen Kurzschluss zur Folge haben kann.

Darüber hinaus erhöht der Gebrauch von Alkalimetall-Anoden die Energiedichte der Kathode und sorgt für eine lange Lebensdauer. In Experimenten haben die Forscher gezeigt, dass über 1.200 Lade- und Entladezyklen mit einem geringen Zellwiderstand möglich sind.

Ein weiterer Vorteil gegenüber den derzeit üblichen Batterien für Elektroautos: Glas bleibt auch bei tiefen Temperaturen leitfähig. Die von Goodenough und Braga entwickelte Batterie soll bei Temperaturen von minus 20 °C noch voll leistungsfähig sein und selbst bei minus 60 °C noch arbeiten. Bislang leiden Elektroautos im Winter unter drastisch reduzierten Reichweiten, weil die kühlen Temperaturen die Leistungsfähigkeit der Akkus einschränken.

Nicht zuletzt sollen dank des Glases auch die Herstellungskosten der Akkus für Elektroautos drastisch reduziert werden. „Durch die Glaselektrolyte kann Lithium durch kostengünstiges Natrium ersetzt werden“, wie das Forscherteam erklärt.

Toyota findet Festkörper-Akku vielversprechend

Dem Vernehmen nach arbeiten auch einige große Autokonzerne an der Entwicklung von Festkörper-Batterien, so auch der japanische Autohersteller Toyota. „Wir untersuchen einige Batterietechnologien der nächsten Generation; am vielversprechendsten ist die Festkörper-Technologie“, sagte Toyota-Vorsitzender Takeshi Uchiyamada im Oktober in einem Interview. Mehr dazu wollte er allerdings nicht preisgeben.

Hyundai und Audi sollen ebenfalls an solchen Batterietypen forschen. Diese Gerüchte haben sich bislang aber noch nicht bestätigt. Auf Seiten der Autohersteller will sich ganz offensichtlich momentan niemand in die Karten schauen lassen, was diese Technologie und möglicherweise zur Anwendung kommende Materialien angeht.

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