Nachhaltigkeit

Immer wieder ist in der Diskussion, ob biologisch abbaubare Kunststoffe in der Natur zersetzt werden. Deutsche Forscher haben herausgefunden, dass ein Abbau möglich ist. Ihre Ergebnisse müssen aber in Feldtests noch überprüft werden.

Forscher weisen Abbau von biologisch-abbaubaren Kunststoffen nach


Ein deutsches Forscherteam hat Hinweise gefunden, dass biologisch abbaubare Kunststoffe tatsächlich in der Natur zerfallen könnten. Sie setzten einen handelsüblichen Mater-Bi-Beutel und einen aus Polyethylen im Labor Wasserproben aus dem Mittelmeer aus. Ergebnis: Der Biokunststoff begann sich nach neuneinhalb Monaten aufzulösen. Die PE-Variante zeigte keine Änderungen.

Wie die Forscher in dem Projekt Macrofouling communities and the degradation of plastic bags in the sea: an in situ experiment schreiben, verlor Mater-Bi bereits nach zwei Monaten seine Zugfestigkeit. Zudem spiele die Zusammensetzung der Wasserproben eine Rolle. In Proben aus dem Freiwasserbereich war der Abbau des Biokunststoffs um das 1,7-fache höher als in Proben aus der Bodenzone.

Aus ihren Tests schließen die Forscher, dass biologisch abbaubare Polymere in der Meeresumwelt schneller abgebaut werden könnten als herkömmliche Polymere. Allerdings fehle bislang der direkte Nachweis des biologischen Abbaus. Daher schlagen sie vor, den Zerfall unter Feldbedingungen zu überprüfen.


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[su_spoiler title=“Biologisch abbbaubare versus biobasierte Kunststoffe“]

  • Biologisch abbaubare Kunststoffe sind Polymere, die schneller als konventionelle Kunststoffe verrotten. Sie können durch Enzyme spezieller Mikroorganismen in kleine Teile zerlegt werden, die dann wiederum von Bakterien weiter abgebaut werden bis vom Kunststoff selbst lediglich Wasser, Kohlendioxid und Biomasse übrigbleibt.
  • Biobasierte Kunststoffe sind vollständig oder teilweise auf Basis nachwachsender Rohstoffe gefertigt. Die Polymere sind entweder stoffgleich mit konventionellen Kunststoffen auf fossiler Basis oder besitzen eine abweichende chemische Struktur. Sie benötigen eine ähnlich lange Zeit, bis sie sich zersetzt haben.
  • Stefan Kaiser, Leiter des Geschäftsbereichs Recycling bei Vecoplan sieht in einem aktuellen Interview biologisch abbaubare Kunststoffe kritisch: „Die abbaubaren Kunststoffe haben im Grund nur die Form und verhalten sich wie ein Kunststoff. Sie so aufzubereiten, dass sie sich wiederverwerten lassen, ist schwierig.“ Biobasierte Kunststoffe dagegen hätten die gleichen Eigenschaften wie ein Erzeugnis aus raffiniertem Öl und könnten im Recycling genauso behandelt werden wie jeder andere Kunststoff.

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Zu 90 Prozent abgebaut

Eine Vertreterin des Bioplastikherstellers Novamont hat diese Ergebnisse heute auf der UN-Umweltversammlung Zusammen gegen Meeresmüll und Mikroplastik in Nairobi vorgestellt. Sie sieht damit die firmeneigenen Analysen bestätigt. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben 2015 gezeigt, dass Mater-Bi in weniger als einem Jahr zu über 90 Prozent abgebaut war. Innerhalb des EU-Pilotprogramms ‚Environmental Technology Verification‘ (ETV) sei diese Eigenschaft verifiziert worden.

Novamont ist ein italienischer Hersteller von Bioplastikstoffen und Biochemikalien mit Sitz in Novara /Piemont. Der Konzern ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer in diesem Bereich. Der Konzern beschäftigt 600 Mitarbeiter und meldete 2016 einen Umsatz von 170 Millionen Euro. Die Produktionskapazität von Mater-Bi liegt bei 120.000 Tonnen pro Jahr (Stand 2015).

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