Strafzölle auf Stahl und Aluminium

Nach zwei Schonfristen ist es soweit: Die USA verhängen Strafzölle auf EU-Importe von Stahl und Aluminium. Ist das der Auftakt zu einem Handelskrieg?

Fragen und Antworten zum drohenden Handelskrieg


Das monatelange Gezerre hat für die EU kein gutes Ende genommen: Die von den USA verhängten Strafzölle sind seit Freitagmorgen gültig: 25 Prozent auf Importe von Stahl und 10 Prozent auf Aluminium. Handelsminister Wilbur Ross verkündete die Botschaft am Donnerstag, wenige Minuten später versandte das Weiße Haus eine entsprechende Proklamation von Präsident Donald Trump.

Doch weder die EU noch andere Länder wollen sich das bieten lassen. Die Bundesregierung hält die Zölle nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert gar für rechtswidrig. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der in den vergangenen Wochen mit seinem US-Amtskollegen Wilbur Ross im häufigen Austausch stand, kündigte eine entschlossene Reaktion der EU an. In der US-Regierung hätten sich diejenigen durchgesetzt, die auf Protektionismus und einseitige Maßnahmen setzten, kritisierte er.

Warum verhängen die USA die Zölle?

Das übergeordnete Ziel von US-Präsident Trump ist es, das enorme Handelsdefizit der USA zu verringern. Er will mehr Produkte im eigenen Land fertigen lassen. Außerdem wirft er den Europäern vor, eigene Handelsschranken aufzubauen, nicht zuletzt durch Datenschutz.

Dies ist vor allem für die großen und mächtigen US-Datenunternehmen wie Google oder Facebook ein Thema. Offiziell ist die Begründung: Die hohe Importquote bei Stahl und Aluminium gefährde die Nationale Sicherheit der USA – ein Argument, das viele Experten für vorgeschoben halten.

Ist das das letzte Wort der Amerikaner?

Das scheint nicht der Fall zu sein. Handelsminister Ross verweigerte am Donnerstag auf mehrmaliges Nachfragen eine Antwort auf die Frage, was man denn eigentlich konkret von den Europäern fordere. Dies gehöre an den Verhandlungstisch, nicht in eine Pressekonferenz, sagte er. Es gebe einige weitere Themen, die diskutiert werden müssten. Die EU-Kommission hatte erklärt, dass sie nur zu Verhandlungen bereit sei, wenn Europa von den Zöllen ausgenommen werde. „Diese Bedingung wollten wir nicht akzeptieren“, sagte Ross und fügte vorbeugend hinzu: „Wenn jemand Vergeltung übt, heißt das nicht, dass man nicht verhandeln kann.“

Sind damit Zölle auf Autos aus Deutschland vom Tisch?

Die besonders in der Bundesrepublik mit sehr viel Argwohn beäugten Äußerungen von Donald Trump über Einfuhrbeschränkungen für Autos nutzt der US-Präsident als Faustpfand. Auch Ross ließ durchblicken, Autos beinhalteten ja auch Stahl und Aluminium. Gerüchte machten die Runde, Trump wolle etwa Autos von Daimler ganz vom US-Markt ausschließen. Einen Beleg dafür gibt es bisher nicht.

Wie wird die EU jetzt reagieren?

Mit Vergeltungszöllen. Sie sollen unter anderem auf US-Produkte wie Whiskey, Erdnussbutter, Motorräder, Jeans und Tabakprodukte erhoben werden. Auch amerikanische Stahlerzeugnisse, Schiffe und Boote wären betroffen. Der geplante Zusatzzollsatz auf all diese Produkte würde 25 Prozent betragen. „Die USA lassen uns keine andere Wahl“, kommentierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Wie schnell können die Vergeltungsmaßnahmen kommen?

Frühestens am 20. Juni. Das liegt daran, dass die EU die möglichen Vergeltungszölle erst am 18. Mai bei der Welthandelsorganisation WTO angemeldet hat. Wenn sie sich an die Regeln halten will, muss sie danach eine 30-Tages-Frist abwarten. Vor der Einführung Vergeltungszölle soll es auch noch einmal Konsultationen der Mitgliedstaaten geben.

Wie funktionieren Vergeltungszölle?

Die möglichen EU-Zusatzzölle wurden so konzipiert, dass sie in etwa den Schaden ausgleichen würden, der der EU durch die US-Zölle entstehen dürfte. Unter dem Strich geht es nach EU-Berechnungen um 1,6 Milliarden US-Dollar.

Wie wurden die Produkte ausgewählt?

Auch wenn es offiziell niemand bestätigt: Es geht auch um politischen Druck. So finden sich auf der Vergeltungszoll-Liste Produkte, die für die Wahlkreise von Unterstützern von Präsident Donald Trump wirtschaftlich interessant sind. So hat der Motorrad-Hersteller Harley-Davidson seinen Sitz in Wisconsin und damit in dem Bundesstaat, aus dem der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, stammt. Bourbon-Whiskey wird vor allem in Tennessee sowie in Kentucky produziert – der Heimat des einflussreichen Republikaners Mitch McConnell, Mehrheitsführer im Senat.

Sind neben den Vergeltungszöllen weitere Reaktionen denkbar?

Zusätzlich will die EU-Kommission sicherstellen, dass die US-Strafzölle nicht dazu führen, dass nun Dumping-Stahl aus China den EU-Markt überflutet. Bei einem entsprechenden Anstieg der Importe will sie Schutzmechanismen vorschlagen. Zudem sollen bei der Welthandelsorganisation WTO schnellstmöglich Konsultationen zur Streitbeilegung beginnen.

Wird aus dem Handelsstreit nun ein Handelskrieg?

Die EU-Staaten dürften vor der Einführung der Vergeltungszölle noch einmal versuchen, Trump zum Einlenken zu bewegen. Gelegenheit dazu gibt es beispielsweise beim G7-Gipfel Ende kommender Woche in Kanada. Die Erfolgsaussichten dürften allerdings gering sein, weil Trump einen Gesichtsverlust befürchten müsste.

Wird der Handelsstreit Auswirkungen auf die Verbraucher in Europa haben?

Wenn die EU die Vergeltungszölle verhängt, könnten die betroffenen US-Produkte teurer werden – also beispielsweise Motorräder und Whiskey. Wer sich also den Traum von einer Harley Davidson erfüllen will oder ein großer Fan von Bourbon-Whiskey ist, könnte gut beraten sein, jetzt einzukaufen.

 

© 320°/dpa | 01.06.2018

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