Verpackungsentsorgung

Nach zähem Ringen ist es geschafft: Das neue Verpackungsgesetz hat alle Hürden genommen und kann zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Wir stellen Ihnen die neuen Regelungen nochmal vor.

Fragen und Antworten zum neuen Verpackungsgesetz


Der letzte Versuch, das neue Verpackungsgesetz noch zu stoppen, ist am Freitag vergangener Woche gescheitert: Der Bundesrat hat den Antrag auf Einberufen des Vermittlungsausschusses zurückgewiesen. Damit kann das Gesetz wie geplant in Kraft treten. Wir stellen Ihnen Fragen und Antworten zu allen wichtigen neuen Regelungen vor:

Welche Recyclingquoten gelten künftig?

Laut Gesetz müssen die dualen Systeme ab 2019 deutlich höhere Recycling-Quoten erfüllen. Diese gelten für die bei ihnen lizenzierten und von ihnen erfassten Verpackungen.

  • Die Recyclingquote für Kunststoffverpackungen steigt somit von heute 36 Prozent auf 58 Prozent. Ab 2022 gilt dann eine Quote von 63 Prozent.
  • Für Aluminium, Eisenmetalle und Glas gilt ab 2019 eine Recyclingquote von 80 Prozent, ab 2022 eine Quote von 90 Prozent.
  • Für Papier, Pappe und Karton lautet die Vorgabe 85 Prozent (ab 2019) und 90 Prozent (ab 2022).
  • Getränkekartonverpackungen müssen ab 2019 zu 75 Prozent und ab 2022 zu 80 Prozent recycelt werden.

Lässt das Verpackungsgesetz eine gemeinsame Erfassung mit stoffgleichen Nichtverpackungen zu?

Ja. Ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (örE) kann mit den dualen Systemen im Rahmen der Abstimmung vereinbaren, dass Nichtverpackungsabfälle aus Kunststoffen oder Metallen gemeinsam mit stoffgleichen Verpackungsabfällen durch eine einheitliche Wertstoffsammlung erfasst werden. „Die Einzelheiten der Durchführung der einheitlichen Wertstoffsammlung können der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und die Systeme im Rahmen ihrer jeweiligen Entsorgungsverantwortung näher ausgestalten“, heißt es im Gesetz.

Welche Vorgaben kann der örE machen?

Nach Paragraf 22 kann der örE für folgende Punkte eine Rahmenvorgabe für die Abstimmungsvereinbarung festlegen:

  • Art des Sammelsystems (Holsystem, Bringsystem oder Kombination aus beiden Sammelsystemen),
  • Art und Größe der Sammelbehälter (Standard-Sammelbehälter) sowie
  • Häufigkeit und Zeitraum der Behälterleerungen

Im Referentenentwurf für das Verpackungsgesetz war noch die Regelung enthalten, dass eine solche Vorgabe „erforderlich“ sein muss, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Der Bundestag hat aber die Bedingung dahingehend geändert, dass die Vorgabe nur noch „geeignet“ sein muss. Dadurch wird es Kommunen leichter fallen, ihre Vorstellungen durchzusetzen.

Was gilt für Wertstoffhöfe?

Soll die Sammlung der Verpackungen an von örE eingerichteten Wertstoffhöfen durchgeführt werden, so kann der örE für die Mitbenutzung ein angemessenes Entgelt von den Systemen verlangen. Die Höhe des Entgelts richtet sich dabei an den Gebührenbemessungsgrundsätzen in Paragraf 9 des Bundesgebührengesetzes. Ansatzfähig ist dabei nur der Anteil der Kosten, der dem Anteil der Verpackungsabfälle an der Gesamtmenge der in den Wertstoffhöfen erfassten Abfälle entspricht. Der Anteil kann nach Vorgabe des örE entweder als Masseanteil oder als Volumenanteil berechnet werden.

Kann der örE die Mitbenutzung seiner Sammelstruktur für PPK verlangen?

Ja, der örE kann von den dualen Systemen die Mitbenutzung seiner Sammelstruktur für Papier, Pappe und Karton (PPK) gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. Die Höhe des angemessenen Entgelts orientiert sich dabei an den Gebührenbemessungsgrundsätzen, die im Paragraf 9 des Bundesgebührengesetzes festgelegt sind. Ansatzfähig ist dabei nur der PPK-Anteil, wobei der Anteil nach Vorgabe des örE entweder als Masseanteil oder als Volumenanteil berechnet werden kann.

Einigen sich die Parteien zugleich auf eine gemeinsame Verwertung, so ist bei der Bestimmung des angemessenen Entgelts auch der jeweilige Marktwert der Verpackungs- und Nichtverpackungsmengen zu berücksichtigen.

Ist ein Herausgabeanspruch für PPK vorgesehen?

Ja. Sofern keine gemeinsame Verwertung vereinbart wird, kann der derjenige, der die Sammlung des anderen mitbenutzt, die Herausgabe des ihm zustehenden Masseanteils verlangen. Derjenige, der den Herausgabeanspruch geltend macht, hat die durch die Übergabe der Abfälle zusätzlich verursachten Kosten zu tragen.

Welche Anreize für recyclingfreundliche Verpackungen schreibt das Verpackungsgesetz vor?

Die dualen Systeme sind verpflichtet, über die Höhe der Beteiligungsentgelte Anreize zu schaffen, um bei der Herstellung von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen die Verwendung von Materialien zu fördern, die zu einem möglichst hohen Prozentsatz recycelt werden können. Jedes duales System ist verpflichtet, der Zentralen Stelle und dem Umweltbundesamt jährlich bis zum 1. Juni zu berichten, wie es die Vorgaben umgesetzt hat.

Welche Regelungen sind für die Vergabe von Sammelleistungen vorgesehen?

Die dualen Systeme haben die Sammelleistungen unter Beachtung der Abstimmungsvereinbarungen im Wettbewerb zu vergeben. Die Vergabe muss in Form eines transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibungsverfahrens über eine elektronische Ausschreibungsplattform erfolgen.

Die Systeme beauftragen ein einzelnes System (Ausschreibungsführer) mit der eigenverantwortlichen Durchführung des Ausschreibungsverfahrens für ein bestimmtes Sammelgebiet. Dabei ist sicherzustellen, dass der Ausschreibungsführer in diesem Gebiet die „Hauptkostenverantwortung“ für die Sammlung übernimmt. Die weiteren Systeme können für ihren Anteil mit dem erfolgreichen Bieter individuelle Mitbenutzungsverträge schließen.

Werden Papier-, Pappe- und Kartonverpackungen zusammen mit Nichtverpackungen aus Papier, Pappe und Karton im Wege der Mitbenutzung in einem Sammelbehälter erfasst werden, können die Systeme und der örE die Sammelleistung gemeinsam ausschreiben.

Sind Branchenlösungen zulässig?

Ja. Voraussetzung ist unter anderem, dass der Hersteller die von ihm in Verkehr gebrachten systembeteiligungspflichtigen Verpackungen unentgeltlich zurücknimmt und einer Verwertung entsprechend den Anforderungen zuführt.

Welche Nachweispflichten gelten für Systembetreiber?

Die Systeme haben die Verwertung der Verpackungen kalenderjährlich über einen Mengenstromnachweis zu dokumentieren. Dabei muss der Mengenstromnachweis durch einen registrierten Sachverständigen geprüft und bestätigt werden. Der Mengenstromnachweis ist der Zentralen Stelle spätestens bis zum 1. Juni des auf den Berichtszeitraum folgenden Kalenderjahres schriftlich vorzulegen. Die Entsorgungsnachweise, die dem Mengenstromnachweis zugrunde liegen, müssen mindestens den Auftraggeber, das beauftragte Entsorgungsunternehmen sowie die Masse der entsorgten Abfälle unter Angabe des Abfallschlüssels und der Abfallbezeichnung enthalten.

Welche Regelungen gelten für die Zentrale Stelle?

Die Zentrale Stelle wird in Form einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts von den Herstellern errichtet. Die Systeme und Betreiber von Branchenlösungen sind verpflichtet, sich gemäß ihrem jeweiligen Marktanteil an der Finanzierung der Zentralen Stelle einschließlich der erforderlichen Errichtungskosten zu beteiligen. Die Finanzierung erfolgt über Umlagen, die dem Äquivalenzprinzip und dem Grundsatz der Gleichbehandlung genügen müssen.

Die Zentrale Stelle wird mit hoheitlichen Aufgaben beliehen. Sie betreibt unter anderem die Registrierung der Hersteller und prüft die Vollständigkeitserklärungen der Hersteller sowie die Mengenstromnachweise der dualen Systeme. Die Zentrale entwickelt und veröffentlicht im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt einen Mindeststandard für die Bemessung der Recyclingfähigkeit von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen. Darüber hinaus entwickelt und veröffentlicht sie im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt ein Verfahren zur Berechnung der Marktanteile der einzelnen Systeme an der Gesamtmenge der an allen Systemen beteiligten Verpackungen.

Welche Organe hat die Zentrale Stelle?

Organe der Zentralen Stelle sind das Kuratorium, der Vorstand, der Verwaltungsrat und der Beirat Erfassung, Sortierung und Verwertung.

Das Kuratorium legt die Grundsätze der Geschäftspolitik fest und bestellt und entlässt den Vorstand. Es setzt sich zusammen aus

  • acht Vertretern der Hersteller,
  • zwei Vertretern der Länder,
  • einem Vertreter der kommunalen Spitzenverbände,
  • einem Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums und
  • einem Vertreter des Bundesumweltministeriums.

Das Kuratorium trifft Entscheidungen mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Der Vorstand führt die Geschäfte der Zentralen Stelle in eigener Verantwortung und vertritt diese gerichtlich und außergerichtlich. Er setzt sich aus bis zu zwei Personen zusammen.

Der Verwaltungsrat berät das Kuratorium und den Vorstand bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Er setzt sich zusammen aus

  • zehn Vertretern der Hersteller,
  • einem Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums,
  • einem Vertreter des Bundesumweltministeriums,
  • einem Vertreter des Umweltbundesamtes,
  • zwei Vertretern der Länder,
  • einem Vertreter der kommunalen Spitzenverbände,
  • einem Vertreter der kommunalen Entsorgungswirtschaft,
  • einem Vertreter der privaten Entsorgungswirtschaft,
  • einem Vertreter der dualen Systeme und
  • zwei Vertretern der Umwelt- und Verbraucherbände.

Der Beirat Erfassung, Sortierung und Verwertung berät den Vorstand in Fragen der Verbesserung der Erfassung, Sortierung und Verwertung wertstoffhaltiger Abfälle einschließlich der Qualitätssicherung sowie bei Fragen von besonderer kommunaler Bedeutung. Er setzt sich zusammen aus

  • drei Vertretern der kommunalen Spitzenverbände,
  • einem Vertreter der kommunalen Entsorgungswirtschaft,
  • zwei Vertretern der dualen Systeme,
  • zwei Vertretern der privaten Entsorgungswirtschaft und
  • einem Vertreter der Länder.

Die Zentrale Stelle untersteht hinsichtlich ihrer Aufgaben der Rechts- und Fachaufsicht des Umweltbundesamtes.

Welche Zielvorgabe gibt es für den Mehrweganteil?

In der finalen Fassung des Verpackungsgesetzes wurde explizit das Ziel einer Mehrwegquote von 70 Prozent aufgenommen. „Ziel ist es, einen Anteil von in Mehrweggetränkeverpackungen abgefüllten Getränken in Höhe von mindestens 70 Prozent zu erreichen“, heißt es nun im Gesetz. Obendrein wird die Pfandpflicht auf Frucht- und Gemüsenektare mit Kohlensäure sowie auf Mischgetränke mit einem Anteil an Milcherzeugnissen (mindestens 50 Prozent) erweitert. Ein Pfand auf Weinflaschen wird es nicht geben. Darüber hinaus gibt es eine Hinweispflicht an den Getränkeregalen.

Der Bundestag hat angekündigt, die Entwicklung des Mehrweganteils bei Getränkeverpackungen sorgfältig beobachten und kritisch bewerten zu wollen. Mit ökobilanziellen Untersuchungen sollen weitere Maßnahmen zur Förderung von Mehrweggetränkeverpackungen evaluiert werden.

Wann wird das Verpackungsgesetz in Kraft treten?

Das neue Verpackungsgesetz wird am 1. Januar 2019 in Kraft treten.

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