Prognose für erstes Halbjahr 2016

Das vergangene Jahr war für die Edelmetallpreise wechselhaft. Doch was wird 2016 bringen? Experten haben die Marktkonditionen für einzelne Edelmetalle analysiert.

Gedämpfte Erwartungen für Edelmetallpreise


Von Sonia Hellwig und Florian Richard, Heraeus Metals Germany GmbH & Co. KG.

Verhaltener Optimismus für den Goldpreis

Traditionell übt der Dollar den größten Einfluss auf das Gold aus. Auf der Angebotsseite werden sich zunehmend die Auswirkungen des niedrigen Goldpreises zeigen: Während das Angebot von Altgold schon seit einigen Jahren zurückgeht, war die Minenproduktion bislang noch stabil. Einige Analysten schließen hier sogar für 2015 einen neuen Rekord nicht aus.

Die Jahre fallender Preise führten dazu, dass viele Goldförderer nicht mehr kostendeckend produzieren können. Minenschließungen und die Einstellung neuer Förderprojekte waren die Folge. Wir erwarten daher 2016 einen leichten Rückgang auf der Angebotsseite.

Auf der Nachfrageseite dominieren unverändert die Schmuckindustrie, Investment und Zentralbanken. Auch wenn die Schmucknachfrage in 2015 rückläufig war, erwarten wir für 2016 eine Belebung: In China, wo zuletzt eher in Aktienmärkte investiert wurde, sehen wir eine Stärkung der chinesischen Schmucknachfrage, da sich die Konjunktur im Reich der Mitte im Lauf des Jahres leicht erholen dürfte. In Indien steigt wohl die Goldnachfrage aufgrund der Reduzierung der Importbeschränkungen.

Durch den niedrigeren Ölpreis wird insgesamt Kaufkraft von Volkswirtschaften für das Edelmetall frei. Bei der Investmentnachfrage sehen wir hingegen unter dem Strich eine Seitwärtsbewegung: Auch wenn sich die ETF (Exchange Traded Fund)-Verkäufe verlangsamen sollten, wird das Interesse an Münzen und Barren abhängig vom Preis stark schwanken. Wie zum Jahresende 2015 beobachtet, steigt das Investoreninteresse mit physischer Hinterlegung bei sinkenden Preisen deutlich an. In Seitwärtsphasen oder wenn der Preis steigt, verhalten sich Anleger hingegen zurückhaltend.

Zentralbanken werden auch in 2016 unter dem Strich als Käufer auftreten – im siebten Jahr in Folge. Hierfür verantwortlich sind hauptsächlich die russische und die chinesische Zentralbank gefolgt von den Notenbanken anderer wirtschaftlich aufstrebender Nationen, die ihre Reserven weiter diversifizieren.

Zusammenfassend sind wir für den Goldpreis in 2016 verhalten positiv gestimmt. Vorübergehende Preiseinbrüche könnten den Preis zwar unter die magische 1.000 US-Dollar/oz – Marke drücken. Dennoch sollte ein Großteil der Preiskorrektur inzwischen hinter uns liegen. Für das erste Halbjahr 2016 erwarten wir eine Handelsspanne zwischen 970 US-Dollar/oz und 1.250 US-Dollar/oz.

Silber wird stärker performen

Das vergangene Jahr war für Silber sehr wechselhaft mit einer Eröffnung bei 15,65 US-Dollar/oz und Schwankungen auf Intradaybasis zwischen 13,65 und 18,50 US-Dollar/oz, jedoch mit einer Gesamtperformance von minus 11,6 Prozent. Die für Silber entscheidende Phase in 2015 lag zwischen Mitte Mai und Ende Juli, als Silber von Kursen über 17 US-Dollar/oz auf 14,50 US-Dollar/oz abwertete. Während dieser Zeit hellte sich das konjunkturelle Bild der USA auf und die erwartete restriktivere Geldpolitik in den USA wurde eingepreist.

Wie so oft überzeichnete dabei Silber die negative Performance vom größeren Bruder Gold. Auf Jahressicht jedoch ist das Verhältnis von Gold zu Silber nahezu unverändert, wobei Silber um 1,9 Prozent marginal schwächer performte. Das Silver Institute und GFMS erwarteten für 2015 eine stagnierende Minenförderung und zum dritten Mal in Folge ein physisches Angebot-Nachfrage Defizit. Das Thrifting (Reduktion des Silberanteils) im Solarpastenbereich hält weiter an, wird jedoch überkompensiert durch weltweit deutlich höhere Solarzellennachfrage. Der Verbrauch im Elektroniksektor und in der verarbeitenden Industrie wird vor allem von der konjunkturellen Entwicklung in China abhängen.

Insgesamt gehen wir aber von einer weltweit weiter steigenden industriellen Nachfrage aus. Auch in Bezug auf die Schmucknachfrage erwarten wir eine Fortsetzung des positiven Trends. Begründet in der weltweiten konjunkturellen Erholung und einem Soft Landing Szenario für China, sehen wir bei Silber eine etwas bessere Entwicklung als bei Gold.

Zudem erwarten wir wieder zunehmendes Investmentinteresse. Während das Interesse von Privatinvestoren an Barren und vor allem Münzen in 2015 durchweg hoch war und zu Rekordabsätzen führte, erwarten wir in 2016, dass auch das Interesse von Großinvestoren zurückkommt. So gab es in 2015 erstmals seit Bestehen der ETFs deutliche Abflüsse über ca. 16 Mio. Unzen, jedoch zeichnete sich im November eine Bodenbildung ab und mit dem tiefen Preis um 14 US-Dollar/oz wurden Bestände zunächst wieder deutlich aufgestockt.

Bereits in vergangenen Zinserhöhungszyklen notierten Gold und Silber sechs Monate nach dem ersten Zinsschritt oft höher als zu Beginn des Zyklus‘. Nach der Mitteilung am 16. Dezember besteht nun ein klares Bild und mehr Sicherheit über den Zinspfad der Fed in 2016. Danach ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Fed dosiert mit Zinserhöhungen agiert. Das dürfte zusätzlich dazu beitragen, dass Silber wieder höher notieren kann. Im ersten Halbjahr erwarten wir für Silber Kurse zwischen 12,50 US-Dollar/oz und 17,00 US-Dollar/oz, im Durchschnitt bei 15,25 US-Dollar/oz.

Weiter niedrige Platinpreise in Aussicht

2015 war kein gutes Jahr für Platin: Das Metall startete mit 1.210 US-Dollar/oz und verlor im Laufe des Jahres ganze 31 Prozent an Wert. Für diese schwache Entwicklung waren bekannte Treiber im vergangenen Jahr verantwortlich: Stagnierender Bedarf, hohe Vorräte, Auflösung von ETF Beständen, zu erwartende Zinsentscheidungen sowie der sich abschwächende chinesische Markt und der starke USD.

Diese werden auch 2016 für die Richtung des Metalls maßgeblich sein. Dagegen waren VW und der Emissionsskandal bestimmendes Thema im 3. Quartal 2015, wobei die Auswirkungen auf den Markt eher unklar sind. Die Meinungen bewegten sich zwischen Abgesang auf die Dieseltechnologie mit sinkendem Platinbedarf und höherem Platinbedarf aufgrund künftig höherer Edelmetallbeladung zur Einhaltung der Abgasgrenzwerte.

Nach der Erholung vom Streik 2014 steht die Minenindustrie in Südafrika seit letztem Jahr aufgrund fallender Platinpreise unter Druck. Allen voran leiteten Anglo, Impala und Lonmin Maßnahmen zur Existenzsicherung ein, die von Umstrukturierungen über Schachtschließungen mit Entlassungen bis zu Kapitalerhöhungen reichen und auch 2016 wirksam werden. Ein erhöhtes Angebot der Minen mit erwarteten 4,3 Mio. oz in diesem Jahr wäre zugleich die höchste Produktionsmenge seit 2011, welche auf eine ähnliche Nachfrage wie 2015 treffen wird.

Der Markt befindet sich daher nicht in einem Defizit, sondern in einem Angebotsüberschuss. Da zur Zeit 80 Prozent der südafrikanischen Minen aufgrund des Preisniveaus Geld verlieren, versucht man, die Mineneinnahmen auf niedrigem Preisniveau zu sichern. Dagegen reduzierte sich das Platin Recyclingvolumen um 13 Prozent. Interessant für die weiteren Kostenstrukturen der südafrikanischen Minen bleibt der Wechselkurs USD/ZAR.

Auf der Nachfrageseite für Platin nehmen Autokatalysatoren den größten Teil ein: 42 Prozent des gesamten Angebots wurde durchschnittlich in den letzten drei Jahren dort konsumiert. Wesentliche Rolle für den Platin Verbrauch spielt die Einhaltung der Euro 6 Norm seit September 2015. Leichtes Wachstum, welches von verschiedenen Experten gleichermaßen prognostiziert wird, wird den Markt stützen.

Bei der Schmucknachfrage, die immerhin 37,5 Prozent% des Platin-Angebots der letzten 3 Jahre ausmachte, dominieren China und Indien. Hier wird der indische Markt zu einem begrenzten Teil die schwächelnde chinesische Nachfrage auffangen können. Aus verschiedenen Industrien wie Glas, Chemie und Elektronik sind weitere Wachstumsimpulse für die Nachfrage zu erwarten, wenn die globale Konjunktur wieder etwas anzieht.

Zu erwarten sind im laufenden Jahr weiter niedrigere Preise und ein allgemein schlechtes Sentiment in den Commodities. Sollte Platin aufgrund des starken USD weiter fallen, rückt die Marke von 800 USD auf jeden Fall in den Fokus. Nichtsdestotrotz werden die niedrigen Preise im Laufe des Jahres 2016 einen Anreiz bieten, die Short-Positionen einzudecken und Long-Positionen einzugehen bzw. vor allem die Automobilindustrie die Gunst der Stunde nutzen, sich längerfristig einzudecken. Für das erste Halbjahr 2016 erwarten wir für Platin eine Bandbreite von 750 US-Dollar/oz bis 1.025 US-Dollar/oz, im Durchschnitt 890 US-Dollar/oz.

Palladiumpreis wartet auf neue Impulse

Nach den hohen Erwartungen, die dem turbulenten Streikjahr 2014 in Südafrika folgten, in dem Palladium generell als das „Metall der Stunde“ galt, enttäuschte das Metall im letzten Jahr auf ganzer Linie und verlor offenbar seine Unterstützer: Anfang 2015 konnte Palladium sich über 725 US-Dollar/oz halten und handelte im März bei Jahreshöchstkursen von 835 US-Dollar/oz. Schwammprämien von mehr als 10 US-Dollar/oz wurden zu Spitzenzeiten bezahlt. Mitte Juni durchbrach das Metall die 725 US-Dollar/oz Marke und fiel kontinuierlich bis auf einen Tiefstand von 518 US-Dollar/oz.

Richtig erholen konnte sich das Metall bis Ende des Jahres nicht und bewegte sich nach kurzem Aufwärtstrend, seit November nur noch im Bereich 525 – 570 US-Dollar/oz. Auch der VW Skandal konnte nur kurzfristig für Aufschwung sorgen. Man vermutete, dass Palladium jetzt stärker in den Fokus der Autobauer rückt und demzufolge auch wieder an Aufschwung gewinnen würde. Dies war aber bis Ende des letzten Jahres nicht der Fall.

In der Minen-industrie kam es analog zu Platin zu einer Erholung der Fördermengen, was für die kommenden Monate Preiserholungen limitieren dürfte. Zu verzeichnen ist außerdem eine Zurückhaltung der Verbraucher trotz massivem Preisrückgang seit Mitte des Jahres. Es ist somit fraglich, wann der Boden erreicht ist und der Verbrauch von Palladium wieder anspringt.

Im Automobilbereich wird sich das Wachstum fortsetzen. Aus China erwarten wir jedoch keine nachhaltigen Nachfrage-Impulse. Aufgrund der generell schwachen Entwicklung in den Rohstoffmärkten sehen wir nur begrenztes Potenzial für Investorennachfrage. Das sich fortsetzende Angebotsdefizit für Palladium, das sich aus jährlicher Neuproduktion und Verbrauch ergibt, dürfte sich mittel- bis langfristig wieder stützend auf die Preisentwicklung auswirken. Aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in den Schwellenländern, die sich noch für eine Weile fortsetzen dürfte, erwarten wir allerdings keine schnelle Trendumkehr. Wir sehen daher für 2016 eine Bandbreite mit einem Tiefstkurs von 450 US-Dollar/oz und einem Höchstkurs von 650 US-Dollar/oz bei einem Durchschnitt von 550 US-Dollar/oz.

Ruthenium mit wenig Bewegung, Iridium mit moderaten Änderungen

Rhodium war im Jahr 2015 der große Verlierer der Edelmetalle. Und dies ist sicher, unter Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, eher überraschend. Das Metall hat allerdings im Vergleich zu den anderen Edelmetallen eine große Besonderheit: Die Abhängigkeit von der Autoindustrie ist nach wie vor extrem groß, da diese für die Herstellung von Autoabgaskatalysatoren mehr Rhodium benötigt, als die Minen produzieren.

Der große Puffer ist bei dem Metall das Recycling, das inzwischen ca. 30 Prozent des Gesamtangebots darstellt. Daher ist auch nur schwer nachzuvollziehen, dass Rhodium im Jahr 2015 fast 50 Prozent seines Wertes verloren hat. Der höchstgehandelte Preis von 1.250 US-Dollar/oz war Anfang Januar zu verzeichnen, der Tiefstand von 650 US-Dollar/oz wurde Ende Dezember erreicht. Folglich hat Rhodium, von einigen kurzen Ausnahmen abgesehen, stetig an Wert verloren.

Das ist zu einem damit zu begründen, dass Rhodium kein großes Vertrauen bei den Investoren mehr hatte und diese das Zünglein an der Waage darstellten. Zum anderen wirkte die sehr aktive Eigenvermarktung der großen Minen auch nicht gerade vertrauensfördernd für die Verbraucher. Der 5-Jahresdurchschnitt liegt bei 1.300 US-Dollar/oz und somit noch über dem erstgehandelten Preis des Gesamtjahres.

Ausblickend für die ersten 6 Monate von 2016 können wir uns eine Handelsrange von 500 – 750 US-Dollar/oz vorstellen. Auf dem tiefen Preis lässt die Attraktivität zum Recyceln natürlich deutlich nach und somit sinkt auch bei geringerem Angebot der Druck auf den Preis. Für etwas Unterstützung könnte auch ein neu aufgelegter ETF einer großen Bank sorgen. Da wir langfristig gesehen auf einem 12,5 Jahrestief handeln, wäre es durchaus denkbar, dass Investoren dies als attraktiven Einstieg sehen.

Die robuste Automobilindustrie und die immer noch gute Nachfrage aus der Chemie- und Glasindustrie nährt auch Hoffnung, dass der Boden beim Preis bald gefunden sein sollte. Die Minenindustrie hat sicher eines der schwersten Jahre überhaupt hinter sich. Auch hier wird alles getan, um dem Preisverfall, zum Teil leider auch mit unerfreulichen Maßnahmen, Einhalt zu gebieten.

Ruthenium ist in 2015 leider ebenso kein Metall, welches mit positiven Nachrichten aufwarten kann.

Auch hier ist die Abhängigkeit von einer Industrie – in diesem Fall der Elektronikindustrie – maßgeblich. Die immer besser werdenden Prozesse beim Recyceln haben bei dieser Anwendung Metall freigesetzt, obwohl die Nachfrage nach wie vor sehr hoch ist, da immer mehr Daten gespeichert werden (müssen). Andere Industrien, die Ruthenium anwenden, wie z.B. die Chemie und Elektrochemie sind robust, aber leider sind die Mengen zu gering, um großen Einfluss auf den Preis auszuüben.

Die Preiskurve war analog zu Rhodium: Der höchste Preis (60 US-Dollar/oz) war Anfang des Jahres und der tiefste (42 US-Dollar/oz) am Ende. Leider sehen wir für die kommenden Monate kaum Bewegung und wenig Potenzial. Die Spanne sehen wir in einem engen Band von 32 – 47 US-Dollar/oz.

Iridium war als einziges der „kleinen“ PGM’s etwas volatiler beim Preis, allerdings waren die absoluten Veränderungen auch eher moderat. Höchstpreis bei 580 US-Dollar/oz und Tiefstpreis bei 500 US-Dollar/oz. Beim kleinsten aller Edelmetalle sind die Anwendungen aber am breitesten gestreut. Chemie- und Elektrochemie, Zündkerzen, Medizintechnik und Tiegel für die Halbleiterindustrie sind die großen Verbraucher, bzw. Anwender von Iridium. Auch hier gehen wir von weiter stabilem Bedarf aus.

Wir sehen für die Zukunft keine großen Veränderungen, was das Angebot oder die Nachfrage betrifft. Auch hier gehen wir von weiter stabilem Bedarf aus. Ausblickend sehen wir daher eine Preisspanne von 490 – 570 US-Dollar/oz für die nächsten 6 Monate.

 

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