Einsatz von Recycling-Beton

Der beste Beweis ist immer noch der Praxistest: Um zu zeigen, wie gut Recyclingbeton im Bau eingesetzt werden kann, hat das Ifeu-Institut mehrere Bauprojekte begleitet, in denen das Material verbaut wurde. Dabei wurden auch neue Rezepturen entwickelt.

Gesteinskörnungen: Fast 100 Prozent sind ersetzbar


Das Land Baden-Württemberg sieht sich als „Vorreiter“ in Sachen Einsatz ressourcenschonenden Betons (R-Beton). Und das zu Recht, wie ein Bericht des Heidelberger Ifeu-Instituts jetzt zeigt. Laut der Studie, die das Institut im Auftrag des Landesumweltministeriums durchgeführt hat, wurde bereits in mehreren Bauprojekten das Recyclingmaterial erfolgreich verwendet. Auch Versuche zur Entwicklung neuer Beton-Rezepturen liefen erfolgreich.

Im Rahmen des Untersuchungs- und Demonstrationsvorhabens wurde der R-Beton zunächst in vier Bauprojekten eingesetzt:

  • Haus mit 12 Wohnungen in Weilheim an der Teck: Nahezu der gesamte Betonbedarf von 350 Kubikmetern wurde hier über R-Beton gedeckt. So bestehen unter anderem die Sichtbetonwände und das Kellergeschoss aus dem RC-Material. Für die rezyklierte Gesteinskörnung musste ein Antrag auf Zustimmung im Einzelfall gestellt werden, da das Material noch nicht offiziell zugelassen war. Laut Studie stieß das Projekt auf großes Interesse. Das Betonwerk Holcim entschied damals, Transportbetone in den Standardrezepturen möglichst immer als R-Beton unter der Verwendung der Gesteinskörnung Liefertyp 2 herzustellen. Weitere Betonwerke sind dem Beispiel mittlerweile gefolgt.
  • Bürogebäude Mannheim-Neuostheim: Bei dem Gebäude mit 2.000 Quadratmetern Bürofläche in Sandwich-Bauweise wurde erstmalig Textilbeton verwendet. Obwohl in dem Projekt lediglich das Kellergeschoss, die Stützen und Treppenhauswände und Teile der Filigrandecken aus R-Beton gebaut wurden, sind von dem Material rund 750 Kubikmeter eingesetzt worden. Die eingesetzten Gesteinskörnungen haben bei der Prüfung zur umwelttechnischen Eignung die DIN-Grenzwerte deutlich unterschritten.
  • Gebäude mit 14 Wohnungen in Stuttgart-Ostheim: Hier wurde der gesamte Transportbeton als R-Beton der Gesteinskörnung Typ 2 erfolgreich verbaut.
  • Stützmauer und Wiegehaus in Winnenden: Bei diesem Projekt, das auf dem Gelände des Entsorgungsunternehmens Schief stattfand, wurden gezielt auch RC-Gesteinskörnungen verwendet, deren Zusammensetzung damals noch nicht genehmigt war. Die Zulassung erfolgte erst nach entsprechenden Anträgen. Beispielweise wurde für das Wiegehaus eine Betonrezeptur verwendet, bei der letztendlich die gesamte Gesteinskörnung, die größer als 2 Millimeter ist, aus RC-Gestein besteht.

Dass der Einsatz von R-Beton immer mehr Akzeptanz findet, zeigen weitere Bauvorhaben, bei welchen das Material verwendet werden soll: bei einer Sparkasse in Esslingen und einem Wohnhaus in Reutlingen. Außerdem haben laut ifeu auch die Städte Karlsruhe und Stuttgart Interesse angemeldet. Karlsruhe hat sich mittlerweile entschieden, bei eigenen Bauvorhaben R-Beton auszuschreiben. Einen Schritt weiter ist Ludwigsburg. Hier wurden bereits in den Treppenläufen der Kreisverwaltung Betonfertigteile aus R-Beton verbaut.

Neue Betonrezepturen

Neben den Bauvorhaben wurden im Rahmen des Projekts auch neue Betonrezepturen entwickelt. Dabei wurde beispielsweise der Anteil der RC-Gesteinskörnung je nach Korngröße auf 60 bis 64 Prozent erhöht. Auch der Sand, der eigentlich vollständig aus Primärmaterial bestehen muss, wurde komplett durch RC-Sand substituiert. Dabei kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis: „Die R-Beton-Rezepturen, die zu 60 Prozent am gesamten Zuschlag auf eine RC-Gesteinskörnung zurückgriffen, und damit weit über die Vorgabe der Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton hinausgingen, erfüllten die wesentlichen Prüfungskriterien und dies bei Festbetoneigenschaften deutlich.“

In einem weiteren Forschungsteil wurde untersucht, inwieweit es möglich ist, bereits auf der Baustelle RC-Beton des Typs 1 herzustellen. „Sowohl hinsichtlich bautechnischer Eignung als auch hinsichtlich der Schadstoffbelastung wurden hervorragende Ergebnisse erzielt“, lautet das Fazit. Dabei sei es einfacher, Produkte für den Straßen- und Wegebau herzustellen als eine Gesteinskörnung für Betonwerke, da es hier schwierig sei, eine gezielte Mischung herzustellen.

Im Ergebnis appellieren die Wissenschaftler unter anderem an die Gesetzgeber, die Regelwerke zu den Betonrezepturen zu ändern. Ihr Fazit: Fast 100 Prozent der Gesteinskörnungen inklusive Sand können durch Recyclingmaterial ersetzt werden. Das sei ein deutlicher Fingerzeig, die geltenden Normen und Regelwerke zu überarbeiten.

© 320°/ek | 17.05.2016

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