Marktbericht für 2017

Die Herstellung von Glasfaserverstärkten Kunststoffen in Europa wird in Zukunft weiter zunehmen, meinen Branchenexperten. An der Spitze der Bewegung steht unverändert Deutschland. Auch für die Recycler haben die Experten eine Botschaft: Diese müssten sich auf mehr mit Harz benetzte Abfallströme einstellen.

GFK-Produktion bleibt auf Wachstumskurs


Der europäische Gesamtmarkt für Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) wächst kontinuierlich. Seit mittlerweile fünf Jahren nimmt die Produktionsmenge jährlich um 2 Prozent zu. 2017 wird da keine Ausnahme sein.

So gehen die Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe (AKV) und das Kompetenznetzwerk Carbon Composites (CCeV) davon aus, dass in diesem Jahr in Europa an die 1,118 Millionen Tonnen GFK hergestellt werden. Die Hauptabnehmer für GFK-Bauteile bleiben dabei wie gehabt der Bereich Transport und Mobilität sowie der Baubereich. Auf diese beiden Industriebereiche entfalle jeweils ein Drittel der gesamten Produktionsmenge, wie aus dem aktuellen Composites-Marktbericht der beiden Organisationen hervorgeht.


Anwendungsindustrien für GFK

Quelle: Composites-Marktbericht 2017

Das größte GFK- bzw. Composites-Land Europas ist weiterhin Deutschland mit einer Gesamtherstellungsmenge von 226.000 Tonnen und einem leicht überdurchschnittlichen Wachstum von 3 Prozent. Aber auch in den anderen EU-Ländern wächst der GFK-Markt:

  • Die skandinavischen Länder erreichen ein Niveau von 40.000 Tonnen. Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland bringen es damit insgesamt auf einen Anteil an der Gesamtproduktion von 18,2 Prozent.
  • Die Ländergruppe Spanien/Portugal produziert 161.000 Tonnen. Ihr Anteil liegt damit bei 14,4 Prozent.
  • Italien produziert 158.000 Tonnen GFK und erreicht damit einen Anteil von 14,1 Prozent.
  • Frankreich stellt 112.000 Tonnen her und erreicht einen Anteil an der Gesamtproduktion von 10,0 Prozent.
  • UK/Irland produzieren insgesamt 153.000 Tonnen und weisen wie im Vorjahr ein moderates Wachstum auf. Ihr Anteil liegt bei 13,7 Prozent.

Besonders stark ist die Zunahme der GFK-Produktion in der Türkei. Dort setzt sich das starke Wachstum des Vorjahres fort. Der türkische Composites-Verband TCMA rechnet laut Marktbericht für dieses Jahr mit einem Wachstum von über 5 Prozent auf eine Gesamtmenge von 280.000 Tonnen.

Starke Nachfrage auch nach CFK

In den kommenden Jahren wird die GFK-Menge in Europa vermutlich weiter zulegen. Gleichwohl wird sie hinter dem weltweiten Wachstum zurückbleiben. Denn das weltweite Produktionsvolumen steige deutlich stärker als 2 Prozent. Daher gehe der Anteil Europas an der Weltproduktion trotz aller positiven Entwicklungen weiter zurück.

In der Composites-Industrie sind GFK die mit Abstand größte Materialgruppe. Sie machen über 95 Prozent der Composites-Gesamtmenge aus. Aber auch Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) sind stark im Kommen. „Diese Materialkombination wird vor allem aufgrund ihres hervorragenden Leichtbaupotenzials auch für die kommenden Jahre als wesentlicher Wachstumstreiber innerhalb der Branche erachtet“, heißt es im Marktbericht. Bereits im vergangenen Jahr sei die signifikante Bedarfsmarke von 100.000 Tonnen übertroffen worden:

  • Weltweit wurden 2016 rund 101.000 Tonnen CFK nachgefragt. Das entspricht einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr (91.000 Tonnen) von 10,99 Prozent.
  • Ausgehend vom Jahr 2010 ergibt sich für CFK eine jährliche Wachstumsrate von etwa 11,98 Prozent.
  • Auch für die kommenden Jahre rechnet das Composite-Kompetenznetzwerk mit einer weiterhin positiven Entwicklung mit konstant zweistelligen Wachstumszahlen im Bereich von 10 bis 13 Prozent.

Wachstum auch für Carbonfasern und Carbon Composites

Ähnliche Wachstumszahlen erwarten die Experten auch für Carbonfasern (CF). Die markante 100.000-Tonnen-Bedarfslinie könnte hier bereits Ende 2020 erstmals übertroffen werden. Im vergangenen Jahr habe sich der globale Bedarf an CF auf etwa 63.500 Tonnen belaufen. Im Vergleich zu 2015 sei das ein Wachstum von 9,8 Prozent. Ausgehend vom Jahr 2010 ergebe dies eine jährliche Wachstumsrate von etwa 11,5 Prozent.

Ähnlich verhält es sich mit Carbonfaser-Verbundwerkstoffen (Carbon Composites). Deren globale Bedarfsmenge lag 2016 bei 126.700 Tonnen. Im Jahr zuvor lag der Bedarf noch bei 116.500 Tonnen. Die Hauptanwendungen für CC verteilen sich dabei auf folgende Bereiche:

  • Der Bedarf an CC in Luft- und Raumfahrt inklusive Verteidigung lag 2016 bei 37.930 Tonnen. Diese Industrien vereinigen damit einen Anteil von 30 Prozent am Gesamtbedarf auf sich.
  • Die Automobilindustrie kommt auf 27.880 Tonnen und einen Anteil von 22 Prozent.
  • In den Windenergiesektor sind 16.330 Tonnen gegangen. Das entspricht einem Anteil von 13 Prozent.
  • Sport- und Freizeitbereich kommt mit 14.970 Tonnen auf einen ähnlich hohen Anteil, und zwar auf 12 Prozent.

Das bedeutendste Marktsegment bezüglich des erzielten Umsatzes ist der Bereich Luft- und Raumfahrt. Obwohl die Bedarfsmengen nur um etwa 10.000 Tonnen über dem Automotive-Bedarf liegen, fallen hier deutlich höhere Umsätze an. Im Marktbericht wird der Umsatz in diesem Segment auf etwa 60 Prozent des gesamten weltweiten Umsatzes des CC-Markte beziffert. Dies liege vor allem an den hohen Qualitätsansprüchen und Zulassungskosten. Diese führten zu vergleichsweise deutlich höheren Kilopreisen.

Große Chancen für Recyclingindustrie

Die stark anwachsende Produktion an Carbon Composites führt allmählich auch zu größeren Mengen an kohlenstofffaserhaltigen Abfallströmen. Dadurch wachsen auch die Herausforderungen an die Recyclingindustrie. Das CC-Kompetenznetzwerk sieht allerdings auch eine „große Chance“: „Im Hinblick auf den hohen Energie- und Ressourceneinsatz bei der Neufaserproduktion ergibt sich die Chance auf rentable Geschäftsmodelle für recycelte Carbonfasern, obwohl verglichen mit anderen Materialklassen wie Metalle, Kunststoffe oder Papier erst geringe Abfallmengen anfallen.“

Derzeit stellen demzufolge vor allem trockene Verschnittreste oder unausgehärtetes und abgelaufenes PrePreg-Material den mit Abstand größten Anteil dieser Abfallströme dar. Hier baue sich bereits eine funktionierende Recyclingwirtschaft auf. Trockene Verschnitte würden dabei mittels textiler Verarbeitungsmethoden zum Beispiel zu Vliesen weiterverarbeitet.

PrePreg-Reste stammen meist aus der Luftfahrtindustrie und sind entsprechend hochqualitativ. Hier steht mit der Pyrolyse/Teiloxidation eine erste Prozessvariante zur Rückgewinnung der Fasern zur Verfügung. Kommerziell betrieben wird dieses thermische Verfahren unter anderem von CarboNXT, einer Schwestergesellschaft von CFK Valley Stade Recycling. Dieses Verfahren lasse sich auch für vollständig mit Harz getränkte Bauteile anwenden. Die Matrix könne dabei zwar nicht zurückgewonnen werden. Sie werde aber zur Energieerzeugung genutzt, um große Anteile der Prozessenergie zu kompensieren.

rCF-basierte Materialien als neue Werkstoffklasse

In Zukunft werde sich das Gleichgewicht stärker in Richtung der mit Harz benetzten Müllströme verschieben, sind die CCeV-Autoren überzeugt. Die zugehörigen Bauteile seien derzeit noch in der Nutzungsphase. Zusätzlich verstärke sich diese Entwicklung durch die Bereitstellung immer verschnittärmerer Prozesse.

Für die kommenden Jahre erwartet das Kompetenznetzwerk, dass der Recyclingmarkt parallel zum CF-und CC-Markt weiter anwachsen wird. Dabei sei es entscheidend, rCF-basierte Materialien als neue Werkstoffklasse mit eigenen Anforderungen wahrzunehmen, um ihre materialspezifische Potentiale auch auszuschöpfen.

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